Tax News: EuGH: Die Berichtigung des Vorsteuerabzuges bei Einstellung der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Tätigkeit

EuGH: Die Berichtigung des Vorsteuerabzuges bei Einstel

Der EuGH hat im Urteil vom 9. Juli 2020 (C‑374/19 Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler) entschieden, dass eine Vorsteuerkorrektur notwendig ist, wenn der Steuerpflichtige auf seinen Wunsch die Tätigkeit einstellt, die ihn ursprünglich zum Vorsteuerabzug berechtigt hat.

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Esther Freitag

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Die Klägerin ist Organträgerin einer GmbH, die ein Alten- und Pflegeheim betreibt, die Leistungen daraus unterliegen grundsätzlich einer Steuerbefreiung. Die Klägerin baute 2003 in einem Alten- und Pflegeheim eine Cafeteria, die ursprünglich nur für steuerpflichtige Umsätze durch die Verpflegung von auswertigen Besuchern genutzt hätte werden sollen. Aus diesem Grund machte die Klägerin den gesamten Vorsteuerabzug geltend. Nach einer ersten Prüfung schien es dem Finanzamt unwahrscheinlich, dass Heimbewohner die Cafeteria nicht benutzen würden, sodass die Klägerin den Vorsteuerabzug auf eine 10% Nutzung für steuerbefreite Umsätze berichtigte. In einer zweiten Prüfung stellte das Finanzamt schließlich fest, dass in den Jahren 2009 bis 2012 die Cafeteria keine Warenumsätze mehr tätigte. 

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass 2009 bis 2012 keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze mehr getätigt wurden und aus diesem Grund eine Vorsteuerkorrektur notwendig sei. Die Klägerin legte Revision ein und argumentierte, dass es sich bei der Cafeteria um eine Fehlinvestition handle. Es lag in dieser Hinsicht keine Änderung der Nutzung vor, die zu einer Vorsteuerberichtigung führen würde. Zweifel kamen dem vorlegenden Gericht jedoch insoweit auf, als die Klägerin zwar die steuerpflichtigen Umsätze einstellte, weil diese sich als unrentabel erwiesen, diese Betriebsaufgabe jedoch nicht zu einer Änderung oder Zunahme der steuerbefreiten Tätigkeit führte.

Der EuGH beschäftigte sich mit der Frage, ob eine Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs besteht, wenn der Steuerpflichtige ursprünglich die Cafeteria für die Nutzung von sowohl steuerbefreiten als auch besteuerten Umsätze vorgesehen hatte und in späterer Folge jeglichen besteuerten Umsatz in den Räumlichkeiten der Cafeteria eingestellt hat.  

Der EuGH führte in seinem Urteil aus, dass dem Grunde nach nur Vorsteuern geltend gemacht werden dürfen, wenn der Unternehmer diese Umsätze auch zur Erbringung von steuerpflichtigen Umsätzen aufwendet. Demnach erfordert die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Ein- und Ausgangsumsatz. Der EuGH entschied jedoch in der Rs Imofloresmira – Investimentos Imobiliários (C‑672/16), dass Steuerpflichtige das Recht auf Vorsteuerabzug auch dann erhalten, wenn Gegenstände und Dienstleistungen aufgrund von Umständen, die von dem Willen des Steuerpflichtigen unabhängig sind, nicht im Rahmen besteuerter Umsätze verwendet werden können. In der Rs Imofloresmira – Investimentos Imobiliários wollte der Steuerpflichtige ein erworbenes Grundstück steuerpflichtig verpachten und unternahm alle notwendigen Schritte hierzu, das Gebäude war jedoch unvermittelbar.

Der EuGH argumentierte, dass sich der vorliegende Fall von der Rs Imofloresmira – Investimentos Imobiliários insoweit unterscheidet, als der Steuerpflichtige in der Rs Imofloresmira – Investimentos Imobiliários Ausgaben mit dem Zweck tätigte, steuerpflichtige Umsätze zu realisieren; diese Umsätze realisierten sich nicht und es wurden keine Umsätze erwirtschaftet. Im vorliegenden Fall jedoch wurde der Betrieb der Cafeteria in den Streitjahren weitergeführt und ausschließlich die steuerpflichtigen Umsätze – aus welchem Grund auch immer – sind weggefallen. Aus diesem Grund ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges im gegebenen Fall erforderlich.  

Anmerkung

Der EuGH (C-374/19) grenzt im vorliegenden Fall zwei verschiedene Sachverhalte voneinander ab: Einerseits besteht der Vorsteuerabzug weiterhin, wenn ein Steuerpflichtiger grundsätzlich steuerpflichtige Umsätze ausführen möchte, dies jedoch aufgrund von Umständen, die von seinem Willen unabhängig sind, nicht möglich ist. Wird andererseits die aktive und willentliche Entscheidung durch einen Steuerpflichtigen getroffen, das Investitionsgut ausschließlich für umsatzsteuerbefreite Umsätze zu verwenden, so ist eine Korrektur des Vorsteuerabzuges unabdinglich. 

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