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      Das Update des OECD Musterkommentares liefert erstmals sehr klare und ausführliche Regelungen zur Frage, ob ein Home Office eine Betriebsstätte für den Dienstgeber begründet. Diese sehen vor, dass bei einer Tätigkeit im Home Office im Ausmaß von unter 50 % in einem beliebigen Zeitraum von 12 Monaten keine Betriebsstätte begründet wird. Wird die Tätigkeit zu 50 % oder darüber hinaus im Home Office verrichtet, so begründet dieses nur dann eine Betriebsstätte für den Dienstgeber, wenn für die Nutzung des Home Offices ein „commercial reason“ besteht. Damit wird die Thematik der Home Office Betriebsstätten im Vergleich zur bisherigen Sichtweise des österreichischen BMF u. E. deutlich entschärft. 


      1. Ausgangslage

      Die wachsende Mobilität von Arbeitskräften sowie die verstärkte Nutzung von Home Offices hat in den letzten Jahren vielfach das Thema aufgeworfen, ob diese Aktivitäten für den Dienstgeber der jeweiligen Arbeitskraft eine Home Office Betriebsstätte begründen. Die bisher im OECD Musterkommentar zu Artikel 5 des OECD Musterabkommens enthaltenen Aussagen waren äußerst kurz und allgemein gehalten. Dies hatte zur Folge, dass die Home Office Betriebsstätten Thematik international bislang äußerst unterschiedlich ausgelegt wurde. Während das Risiko einer Home Office Begründung z. B. in Deutschland vergleichsweise gering war, gab es andere Staaten – darunter auch Österreich – in denen die Frage der Verfügungsmacht über eine feste Einrichtung sehr weit ausgelegt wurde, ein erhöhtes Betriebsstättenrisiko.

      Das österreichische Finanzministerium hat in der Vergangenheit eine „faktische Verfügungsmacht“ bereits dann unterstellt, wenn das Home Office „nicht bloß gelegentlich“ genutzt wird (siehe österreichische Verrechnungspreisrichtlinien 2021, in der Folge kurz „öVPR“, Rz. 262). Von einer bloß gelegentlichen Nutzung durfte man nach den öVPR nur dann gesichert ausgehen, wenn die Tätigkeit unter 25 % war. Über 50 % lag nach Ansicht des BMF keine gelegentliche Nutzung vor. Im Bereich zwischen 25 % und 50 % bestand Unsicherheit, zumal die öVPR diesen Bereich offen ließen.

      Der OECD Musterkommentar stellte bisher auf die Frage ab, ob die Home Office Nutzung ein Wunsch des Mitarbeiters war, oder auf Verlangen des Dienstgebers erfolgt. Auch hier vertrat das österreichische BMF eine sehr weitreichende Sichtweise, zumal das zur Verfügung Stellen eines Büros durch den Dienstgeber alleine nach Ansicht des BMF nicht ausreichend war, um eine faktische Verfügungsmacht über das Home Office zu verneinen, sondern das zur Verfügung gestellte Büro beim Dienstgeber auch „tatsächlich genutzt“ werden musste (Rz. 262 öVPR).

      Auf dieser Grundlage konnte ein Betriebsstättenrisiko in Österreich oftmals nicht ausgeschlossen werden.

      1. Neue Home Office Regeln gem OECD

      Die OECD hat am 18. November 2025 ein Update des OECD Musterabkommens sowie des OECD Musterkommentares beschlossen. Wesentliche Änderungen wurden insbesondere beim Kommentar zu Artikel 5 vorgenommen. Konkret wurden sehr ausführliche und konkrete Regeln für die Beurteilung von Home Office Betriebsstätten eingefügt.

      Tätigkeit von zumindest 50 % über einen Zeitraum von 12 Monaten erforderlich

      Ein Home Office, das für weniger als 50 % der tatsächlichen Arbeitszeit genutzt wird, ist generell nicht als Geschäftseinrichtung („place of business“) des Dienstgebers zu qualifizieren und begründet insoweit auch keine Betriebsstätte für den Dienstgeber.

      Die OECD sieht hier auch einen ganz konkreten Durchrechnungszeitraum vor. Entscheidend ist ein beliebiger Zeitraum von 12 Monaten, der im jeweiligen Veranlagungsjahr beginnt oder endet. Dieser Durchrechnungszeitraum ist insoweit zu begrüßen, als er eine entsprechende Flexibilität gewährt und es z. B. zulässig ist, vorrübergehend auch (deutlich) mehr als 50 % im Home Office tätig zu sein.

      Commercial reason

      Wird das Home Office für mindestens 50 % der tatsächlichen Arbeitszeit genutzt, so ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob für die Nutzung des Home Offices ein „commercial reason“ vorliegt. Ist dies nicht der Fall, so wird auch bei einem Überschreiten der 50 % Grenze keine Home Office Betriebsstätte begründet.

      Der „commercial reason“ unterscheidet sich grundlegend vom bisherigen Kriterium des Verlangens der Home Office Nutzung durch den Dienstgeber, zumal nicht jedes Verlangen auch einen „commercial reason“ begründet.

      Ein „commercial reasons“ liegt dann vor, wenn die Geschäftstätigkeit des Dienstgebers es erfordert, dass Tätigkeiten physisch vor Ort im Home Office Staat ausgeführt werden, oder eine physische Präsenz vor Ort die Geschäftstätigkeit zumindest begünstigt. Dies ist insbesondere in jenen Fällen gegeben, in denen man – könnte man nicht auf eine Arbeitskraft im Home Office zugreifen – Räumlichkeiten mieten würde, um vor Ort präsent zu sein. Ein „commercial reason“ wird daher dann gegeben sein, wenn der Dienstnehmer im Auftrag des Dienstgebers im direkten (physischen) Kontakt mit Kunden, Lieferanten, verbundenen Unternehmen oder anderen Personen vor Ort ist UND das Bestehen des Home Offices diese Kontakte ermöglicht oder erleichtert.

      Der Musterkommentar fügt auch eine Reihe von Aktivitäten an, die – sofern sie durch das Home Office begünstigt werden – einen „commercial reason“ darstellen:

      • Meetings mit Kunden
      • Identifikation von und Management der Beziehungen zu Lieferanten
      • Real-time Interaktion mit Kunden und Lieferanten welche durch eine im Home Office abweichende Zeitzone begünstigt werden, auch wenn diese Interaktion telefonisch oder online erfolgt.
      • Zusammenarbeit mit andere Unternehmen
      • Erbringung von Dienstleistungen vor Ort beim Kunden
      • Interaktion mit Mitarbeitern des Dienstgebers oder verbundener Unternehmen vor Ort.

      Der Musterkommentar grenzt aber auch ganz klar ab, dass nicht jede Interaktion mit einem Kunden oder gar die bloße Existenz von Kunden im Home Office Staat einen „commercial reason“ begründet und damit automatisch zur Begründung einer Home Office Betriebsstätte führt. Ein bloß gelegentliches Besuchen von Kunden im Home Office Staat würde z. B. noch keine Betriebsstätte begründen. Dies wird auch durch ein konkretes Beispiel veranschaulicht:

      “Example D: An employee of RCo, an enterprise of State R, works from his home in State S for 60 per cent of his working time in a twelve-month period. He has an exclusively client-facing role and provides services to clients of RCo in State R, in State S and in third States. He provides those services remotely and does so without physically meeting those clients. Once a quarter, he visits the premises of a client in State S to spend a day reviewing performance against the terms of the contract with RCo.

      […]

      Lösung:

      The mere presence of clients of RCo in State S does not mean there is a commercial reason for his presence there. In addition, his visits to a client are on an intermittent and incidental basis. As a result, there is no commercial reason for him to carry out activities related to the business of RCo at his home in State S. In the absence of other facts and circumstances showing otherwise, the home would not be a place of business of RCo and therefore would not be a fixed place of business permanent establishment of RCo in State S.”

      Ein “commercial reason” erfordert eine konkrete Verbindung zwischen der Präsenz des Dienstnehmers im konkreten Home Office Staat und der Geschäftstätigkeit des Unternehmens (Tz. 44.15). Würde ein Dienstgeber z. B. die Arbeit im Home Office erlauben, um Kosten für die zur Verfügung Stellung eines Arbeitsplatzes zu sparen, so profitiert der Dienstgeber zwar davon, dass der Dienstnehmer im Home Office tätig wird, der Dienstgeber hat aber kein Interesse an der physischen Tätigkeit im konkreten Staat, in dem das Home Office gelegen ist. In diesem Fall liegt daher kein „commercial reason“ vor (Tz. 44.16). Gleiches gilt, wenn ein Unternehmen einem Dienstnehmer die Tätigkeit im Home Office allein deswegen erlaubt, um diese Person zu halten oder eine Anstellung dieser Person zu ermöglichen. Auch hier liegt gem OECD Musterkommentar (Tz. 44.15) kein „commercial reason“ vor. 

      2. Ergebnis 

      Die neue OECD-Kommentierung zu Home Office Betriebsstätten bringt klare Regeln, welche in vielen Fällen dazu führen werden, dass das Risiko einer Home Office Betriebsstätte weitestgehend ausgeschlossen werden kann oder zumindest signifikant reduziert wird. Insbesondere in Fällen, in denen die Tätigkeit auf Wunsch des Dienstnehmers ins Home Office verlagert wird und es keine Anknüpfung des Dienstgebers an den jeweiligen Staat gibt, wird man eine Betriebsstättenbegründung künftig vielfach auch dann klar verneinen können, wenn die Tätigkeit überwiegend oder sogar ausschließlich im Home Office erfolgt. Das Update des Musterkommentares ist daher aus Sicht der Praxis zu begrüßen.

      Dennoch gibt es auch Konstellationen, in denen auf Grund eines „commercial reasons“, wie z. B. die laufende Betreuung von Kunden im Home Office Staat, eine Home Office Betriebsstätte begründet werden, kann.

      Da die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien sowie eine Reihe von EAS-Auskünften noch eine vom nunmehrigen OECD Musterkommentar abweichende Auslegung enthalten, bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form das BMF die genannten Auslegungsbehelfe an die neue OECD Sichtweise anpasst bzw außer Kraft setzt. Auf Grund der von der österreichischen Finanzverwaltung vertretenen dynamischen Interpretation von DBA (siehe z. B. Rz. 19 der öVPR) spricht uE viel dafür, dass zur Auslegung österreichischer Doppelbesteuerungsabkommen der OECD Musterkommentar in seiner jeweils aktuellsten Fassung heranzuziehen ist. Auch hierzu wäre jedoch eine Klarstellung durch das BMF zu begrüßen. Die OECD hat in ihrem Webcast vom 10. Dezember klargestellt, dass die Änderungen auch für bereits bestehende DBA gelten sollen.

      3. Next Steps

      Sofern es in Ihrem Unternehmen Home Office Fälle gibt, oder Home Office Tätigkeiten bislang auf Grund des Betriebsstättenrisikos eingeschränkt oder überhaupt untersagt wurden, erscheint es sinnvoll diese Fälle nach einer Klarstellung zur Anwendbarkeit des neuen OECD Musterkommentares durch das BMF vor dem Hintergrund der neuen OECD-Auslegung neu zu bewerten. 

      Georg Gottholmseder

      Partner, Tax, Linz

      KPMG Austria


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