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      Ein Liquidator reicht als Zustellbevollmächtigter für ein Unternehmen monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen (UVAs) per FinanzOnline ein. Da er über neue Inhalte in der Databox keine E-Mail Benachrichtigungen erhält, übersieht er die Androhung und Verhängung von zwei Zwangsstrafen i. H. v. zusammen € 5.000, die aufgrund der ausstehenden WiEReG-Meldung verhängt wurden. Der Antrag auf Nachsicht der Zwangsstrafen ist laut Bundesfinanzgericht (BFG) abzulehnen.


      1. Verfahrensablauf und Entscheidung des BFG

      BFG 11.8.2025, RV/7100215/2022

      Ein Liquidator richtet ein FinanzOnline Konto ein, über das er die monatlichen UVAs des Unternehmens übermittelt. Er war zustellbevollmächtigt, sich jedoch nicht bewusst, dass ihm nach der Aktivierung von FinanzOnline Schriftstücke vom Finanzamt ausschließlich elektronisch zugestellt werden. Benachrichtigungen über Posteingänge in der Databox erhielt er nicht, da er die E-Mail-Verständigung über erfolgte elektronische Zustellungen nicht aktiviert hatte. Daher hatte er keine Kenntnis über die Androhung und Verhängung von zwei Zwangsstrafen i. H. v. zusammen € 5.000 aufgrund der ausstehenden WiEReG-Meldung. Dies erkannte er erst durch einen Hinweis des steuerlichen Vertreters, der die gebuchten Zwangsstrafen am Steuerkonto sah. Erst danach aktivierte der Liquidator die Verständigung über elektronische Zustellungen.

      Da die steuerlichen Pflichten in der Vergangenheit immer erfüllt worden waren, stellte er einen Antrag auf Nachsicht der Zwangsstrafe gemäß § 236 Bundesabgabenordnung (BAO). Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag ganz oder zum Teil nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung unbillig wäre. Die Beschwerde über den die Nachsicht abweisenden Bescheid datiert mit 8.10.2021, die mündliche Verhandlung fand am 7.7.2025 statt.

      Laut BFG hat sich der Liquidator der beschwerdeführenden Partei (Bf) nicht mit den Konsequenzen der Registrierung bei FinanzOnline auseinandergesetzt. Selbst wenn ein Teilnehmer eines elektronischen Systems nur Teilfunktionen wie die Einreichung von UVAs verwendet, hat der Nutzer Informationen zu den Funktionalitäten einzuholen. Die Bf trägt das Risiko fehlender Kenntnisse über FinanzOnline. Die WiEReG-Meldepflicht und die Konsequenzen der Nichtmeldung ergeben sich aus der allgemeinen Rechtslage, die alle betroffenen Meldepflichtigen gleich berührt.

      Auch bei Nichtantreffen des Empfängers von RSa bzw. RSb Briefen erfolgt eine Verständigung über die Hinterlegung, wobei nach § 17 Abs. 4 ZustG eine Entfernung der Verständigung nichts an der durch die Hinterlegung bewirkten Zustellung ändert. Die von der Bf behauptete eklatante Ungleichbehandlung in der Behandlung von Zustellungen über FinanzOnline liegt daher nicht vor. Im Übrigen trifft die Behörde keine Pflicht, in der Databox nachzusehen und festzustellen, ob die Nachrichten darin ungelesen sind.

      Ob die Zwangsstrafe allenfalls wegen falscher Ermessensübung herabzusetzen wäre, ist nicht im Nachsichtsverfahren zu klären, sondern wäre in einem Beschwerdeverfahren gegen den Festsetzungsbescheid zu rügen gewesen. Ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis oder ein außergewöhnlicher Ablauf liegt nicht vor, die Einhebung ist nicht unbillig. Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.

      2. Anmerkungen

      Aus der Entscheidung lassen sich folgende Punkte verallgemeinern:

      • Wenn die Finanzverwaltung dem Zustellbevollmächtigten Schriftstücke in dessen Databox zustellt, sind diese in diesem Moment rechtswirksam zugestellt. Ob der Steuerpflichtige davon erfährt oder nicht, ist für die Tatsache der Zustellung unbeachtlich. Es ist die Obliegenheit des Steuerpflichtigen, seine Databox zu überwachen.
      • Das WiEReG sieht in § 16 die Verhängung von Zwangsstrafen i. H. v. insgesamt € 5.000 gemäß § 111 BAO vor, diese sind vorab anzudrohen. Wer trotz zweimaliger Aufforderung seiner Meldepflicht nicht nachkommt, begeht ein Finanzvergehen gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 WiEReG. Eine grob fahrlässige Begehung ist mit einer Geldstrafe bis zu € 100.000 bedroht.
      • Die sachliche Nachsicht nach § 236 BAO setzt eine „Unbilligkeit“ der Einhebung voraus. Die Anforderungen an eine solche Unbilligkeit sind aufgrund der dazu ergangenen Verordnung hoch: Eine derartige Unbilligkeit ist beispielsweise denkbar, wenn ein Steuerpflichtiger aufgrund einer in Richtlinien veröffentlichten Rechtsauffassung des BMF eine bedeutsame Maßnahme gesetzt hat und sich nachfolgend herausstellt, dass diese Maßnahme einen unerwarteten und unvorhergesehenen steuerlichen Nachteil bringt, dh eine andere Umsetzung vorteilhafter gewesen wäre.

       

      Ihre Ansprechpartner:innen bei KPMG beraten Sie jederzeit gerne zu den Themen FinanzOnline, Zustellung von behördlichen Schriftstücken und Verfahrensführung. 

      Clemens Endfellner

      Senior Manager, Tax, Innsbruck

      KPMG Austria


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