Das Finanzamt stellt Bescheide am Freitag und die Bescheidbegründung am Samstag in die Databox des Empfängers zu. Laut Bundesfinanzgericht (BFG) entspricht die tatsächliche der rechtlichen Zustellung, womit der Fristenlauf am Samstag und nicht am folgenden Montag beginnt.
1. Verfahrensablauf
Strittig vor dem BFG war der rechtliche Zeitpunkt der Zustellung in die Databox, d. h. ob die tatsächliche Zustellung am Samstag den Fristenlauf ab diesem Tag oder alternativ ab dem folgenden Montag als nächstem Arbeitstag auslöst. Der zeitliche Ablauf gestaltete sich zusammenfassend wie folgt:
- Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ das Finanzamt zahlreiche neue Bescheide für die Jahre 2017–2020.
- Ein Teil der streitverfangenen Bescheide wurde am 24.1.2025 (Freitag) in die Databox des steuerlichen Vertreters zugestellt.
- Die ergänzende Bescheidbegründung, dh der Prüfungsbericht, wurde am 25.1.2025 (Samstag) in die Databox zugestellt.
- Am 27.2.2025 wurden für diese Bescheide Fristverlängerungsanträge gestellt, um die Beschwerdefristen zu erstrecken.
- Mit Bescheid vom 11.3.2025 wurde den Fristverlängerungsanträgen mit der Begründung nicht stattgegeben, dass die Monatsfrist verstrichen sei.
- Mit Anbringen vom 17.3.2025 wurden Beschwerden gegen die Bescheide eingebracht.
- Bei Ergehen einer Bescheidbegründung (hier 25.1.2025) löst grundsätzlich erst diese einheitlich den Fristenlauf für zuvor ergangene Bescheide (hier 24.1.2025) aus.
- Das BFG hatte daher zu entscheiden, ob die am 24.1.2025 in die Databox tatsächlich zugestellten Bescheide, bei denen am Folgetag die Bescheidbegründung tatsächlich zugestellt wurde, rechtlich als am 25.1.2025 oder am nächsten Montag (27.1.2025) zugestellt zu werten sind.
2. Sachverhalt
Beschwerdebegründung und Entscheidung des BFG 29.9.2025, RV/6100216/2025
Vom steuerlichen Vertreter wurde der Prüfungsbericht (= Bescheidbegründung) mit 27.1.2025 als „eingelangt“ datiert und abgestempelt. Die Databox wurde mitunter auch mehrmals täglich vom Sekretariat abgerufen, nicht aber am Samstag. Der tatsächliche Zeitpunkt der elektronischen Zustellungen in die Databox war aufgrund einer Auskunft vom BMF Zentrale Services-Verfahrensbetreuung unstrittig. Allerdings argumentierte der Beschwerdeführer, dass „bei einer nicht elektronischen Zustellung an einem Samstag die Zustellung bei der für Kanzleien üblichen Wochenendabwesenheit frühestens am Montag bewirkt worden wäre.“
Das BFG wies die Beschwerden als verspätet mit folgender Begründung zurück: Gemäß § 98 Abs. 2 Bundesabgabeordnung (BAO) gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Dies ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken des Schriftstückes kommt es nicht an (das bloße Nicht-Lesen eines wirksam in der Databox zugestellten Dokuments ist grob fahrlässig, siehe auch Tax News 1/2025).
Allerdings gilt die Zustellung als nicht bewirkt, wenn der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Das Gesetz beschränkt die Berücksichtigung der nicht rechtzeitigen Kenntnis vom Zustellvorgang ausdrücklich auf den Fall der Abwesenheit von der Abgabestelle.
Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Nur wenn das Fristende auf einen dieser Tage fällt, ist der nächste Arbeitstag der letzte Tag der Frist. Daher erfolgten laut BFG die tatsächliche und die rechtliche Zustellung des Prüfungsberichtes am Samstag und damit am 25.1.2025, die Beschwerden vom 27.2.2025 sind als verspätet zurückzuweisen. Der Steuerpflichtige hatte auch noch 30 Tage Zeit, eine Fristverlängerung zu beantragen, was eine ausreichende Frist ist. Die Revision beim VwGH ist laut BFG dennoch zulässig, da zu dieser konkreten Frage noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
3. Anmerkung
Die Entscheidung verdeutlicht die Problematik, wenn erst zum Fristende entschieden wird, wie weiter vorzugehen ist. Es sollte bei Beschwerden, Revisionen und Zahlungsfristen ein zeitlicher Puffer eingeplant werden, damit trotz unvorhergesehener Ereignisse (Krankheit des zuständigen Mitarbeiters, ein Wasserschaden, EDV-Probleme etc.) ein Nachteil vermieden wird.