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      Das am 8.12.2022 von der EU-Kommission auf den Weg gebrachte Maßnahmenpaket „VAT in the Digital Age“ (ViDA) hat am 11.3.2025 im ECOFIN die letzte legistische Hürde auf EU-Ebene genommen. Der Weg ist nun frei für richtungsweisende Anpassungen des EU-Mehrwertsteuerrechts an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Eine zentrale ViDA-Säule ist die Einführung von neuen digitalen (nahezu) Echtzeit-Meldepflichten für innergemeinschaftliche B2B-Transaktionen ab 1.7.2030 auf Basis von E-Rechnungen. Diese Meldepflichten lösen die Zusammenfassende Meldung ab. Durch ViDA werden E-Rechnungen auch in Österreich zur unternehmerischen Realität.

       
      1. Echtzeitreporting als globaler Trend
       

      Die umsatzsteuerliche Compliance-Landschaft ist geprägt von „Periodic Transaction Controls“. Dazu zählen regelmäßig wiederkehrende Meldeverpflichtungen von zumeist aggregierten Transaktionsdaten, die mit entsprechender Zeitverzögerung an die Finanzverwaltung übermittelt und von dieser ex post überprüft werden (können). Mögliche Ursachen für die Mehrwertsteuerlücke, wie z. B. Steuerbetrug, -vermeidung und -hinterziehung, werden gar nicht oder spät aufgedeckt.

      Als taugliches Mittel zur Bekämpfung der Mehrwertsteuerlücke erweisen sich zunehmend sogenannte „Continuous Transactions Controls“ (CTC). Hierbei werden relevante Transaktionsdaten in (nahezu) Echtzeit an die Finanzverwaltung übermittelt. Durch entsprechende Analyse können „problembehaftete“ Transaktionen unmittelbar aufgedeckt und Gegenmaßnahmen ergriffen werden. CTC müssen nicht zwingend mit der Einführung von E-Rechnungen verknüpft sein. In der Praxis ist jedoch das „E-Invoicing“ oftmals die Grundlage für ein „E-Reporting“ an die Finanzverwaltungen.

      Der Trend hin zu CTC auf Basis von E-Rechnungen wurde durch ViDA in der EU nachhaltig verstärkt. Einige EU-Staaten haben für nationale B2B-Umsätze bereits entsprechende gesetzliche Verpflichtungen verankert, andere sind inmitten der Umsetzung. Gerade international agierende österreichische Unternehmen werden daher - unabhängig von einer rechtlichen Verpflichtung – mit strukturierten Rechnungen ihrer Geschäftspartner konfrontiert sein.

      Zu diesen bestehenden und kommenden einzelstaatlichen Verpflichtungen für nationale B2B-Umsätze treten durch ViDA für Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen zwischen Unternehmern in der Gemeinschaft ab 1.7.2030 die digitalen Meldepflichten auf Basis von E-Rechnungen hinzu.

       
      2. ViDA: Digitale Meldepflichten und E-Rechnung
       

      ViDA leitet einen Paradigmenwechsel in Bezug auf den Rechnungsbegriff der MWSt-Systemrichtlinie ein. Die E-Rechnung wird im B2B-Bereich zum Regelfall, andere unstrukturierte Formate wie z. B. Papier- und PDF-Rechnungen bleiben nur außerhalb des Anwendungsbereichs der neuen Meldepflichten zulässig.

      Eine E-Rechnung muss einerseits die erforderlichen Daten enthalten und in einem strukturierten elektronischen Format, das die automatische und elektronische Verarbeitung der Rechnungsdaten ermöglicht, ausgestellt, übermittelt und empfangen werden. Hinsichtlich des Formats wird hinkünftig der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste von Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU eine zentrale Bedeutung zukommen. Das zugrundeliegende semantische Datenmodell EN 16931 wird derzeit entsprechend überarbeitet. Für die betroffenen B2B-Transaktionen ist hinkünftig spätestens 10 Tage nach Eintreten des Steuertatbestands eine E-Rechnung auszustellen. Sammelrechnungen bleiben auch zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

      Neben dem Austausch von E-Rechnungen zwischen den Geschäftspartnern („E-Invoicing“) werden neue digitale Meldepflichten an die jeweiligen Finanzverwaltungen („E-Reporting“) etabliert:

      • Rechnungsersteller müssen die erforderlichen Daten zu dem Zeitpunkt übermitteln, zu dem die Rechnung ausgestellt wird oder hätte ausgestellt werden müssen, somit spätestens 10 Tage nach Eintreten des Steuertatbestands.
      • Rechnungsempfänger müssen die erforderlichen Daten spätestens 5 Tage nach Eingang der Rechnung übermitteln.

      Für die von den digitalen Meldepflichten nicht erfassten B2B-Transaktionen besteht aus Sicht der Mitgliedstaaten kein Handlungsbedarf. Allerdings sieht ViDA die Möglichkeit zur freiwilligen Ausweitung von E-Reporting und E-Invoicing auch auf diese Geschäftsfälle vor. Derartige nationale Melde- und E-Rechnungspflichten müssen hinkünftig den Rahmenvorgaben des ViDA-Richtlinienpakets entsprechen. Für bereits bestehende und bestimmte geplante nationale Mandate ist eine Übergangsfrist für die Anpassung an die Rahmenvorgaben bis zum 1.1.2035 vorgesehen.

       
      3. Handlungsauftrag und Chance zur digitalen Transformation
       

      Die Einführung neuer digitaler Meldepflichten und einer E-Rechnungspflicht unter ViDA wird in den kommenden Jahren alle österreichischen Unternehmen mit innergemeinschaftlichen B2B-Transaktionen sowohl inhaltlich, prozessual und technisch beschäftigen.

      Der Paradigmenwechsel hin zum (nahezu) Echtzeit-Reporting und zur E-Rechnung wird deutliche Spuren in den eingangs- und ausgangsseitigen Geschäftsprozessen, sowie dem Reportingprozess und dem IT-Ökosystem von Unternehmen hinterlassen. Themen wie Datenverfügbarkeit und -qualität, Automatisierung und Digitalisierung von Prozessen sowie die Auswahl von passenden Compliance-Lösungen sollten bereits jetzt adressiert werden.

      Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung der Datentiefe und Datenverfügbarkeit in Ihren Geschäftsprozessen, sowie in der prozessualen, technischen und inhaltlichen Umsetzung, um in Zukunft „compliant“ zu sein und darüber hinaus das volle Potential der E-Rechnung für Ihr Unternehmen positiv zu nützen.

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