Der VfGH stellt in seinem Erkenntnis zunächst klar, dass die Beschränkung der einsichtsberechtigten Personen auf solche mit spezifischem berechtigtem Interesse gemäß § 10 Abs. 2 WiEReG auf einer sachlich gerechtfertigten Interessenabwägung basiert, wonach im Einklang mit den unionsrechtlichen Grundlagen ein „berechtigtes Interesse“ nur bei jenen Personen und Organisationen anzunehmen ist, die einen Bezug zu den die Datenerhebung tragenden spezifischen Zwecken (Prävention von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Umgehung von Sanktionsmaßnahmen) aufweisen. Die vom VfGH im Prüfungsverfahren diesbezüglich zunächst erhobenen Bedenken konnten im Gesetzesprüfungsverfahren somit zerstreut werden.
Zu der zunächst auch als bedenklich erachteten Differenzierung der Einsichtsrechte von Verpflichteten i. S. d. § 9 Abs. 1 WiEReG und Personen mit „berechtigtem Interesse“ gemäß § 10 Abs. 2 WiEReG stellte der VfGH nun klar, dass diese sachlich gerechtfertigt ist und daher nicht den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Personen mit „berechtigtem Interesse“ unterliegen anders als Verpflichteten keiner gesetzlichen Verpflichtung zur Identitätsfeststellung und zur Überwachung von Geschäftsbeziehungen, deren Nichteinhaltung an Sanktionen geknüpft ist. Verpflichtete benötigen den Zugang zu allen relevanten Registerinformationen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Sorgfaltspflichten und müssen diese vertraulich und zweckgebunden behandeln. Dagegen ist es gerade Aufgabe der in § 10 Abs. 2 WiEReG genannten Personen und Organisationen mit „berechtigtem Interesse“, die im Register eingesehenen Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, womit die im WiEReG vorgenommene Differenzierung der Einsichtsrechte dieser beiden Gruppen nicht zu beanstanden ist.
Zur Beschränkung des Einsichtsrechts von Dritten mit „berechtigtem Interesse“ auf gewisse in § 10 Abs. 1 WiEReG genannte Daten hielt der VfGH jedoch seine Bedenken im Erkenntnis aufrecht und stellte klar, dass auch Registerdaten, die von Auszügen gemäß § 10 Abs. 1 WiEReG nicht erfasst sind, Informationen von öffentlichem Interesse sein können, die zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen und deshalb vom Einsichtsrecht gemäß § 10 Abs. 1 WiEReG umfasst sein müssen.
Die Bestimmung des § 10 WiEReG greife zum einen durch die Beschränkung des Informationsanspruchs in Art. 10 EMRK ein, zum anderen aber durch die Gewährung der Einsicht in § 1 DSG i. V. m. Art. 8 EMRK. Ein gesetzlicher Eingriff in diese Grundrechte sei nach dem jeweiligen Gesetzesvorbehalt gerechtfertigt, wenn er aus einem der in Art. 10 Abs. 2 EMRK bzw. § 1 Abs. 2 DSG i. V. m. Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründe notwendig und verhältnismäßig sei. Die Beschränkung des Rechts auf Einsichtnahme durch § 10 Abs. 1 WiEReG sei gemäß Art. 10 Abs. 2 EMRK zulässig, wenn die durch § 1 Abs. 1 DSG i. V. m. Art. 8 EMRK garantierten Interessen des Rechtsträgers oder seiner wirtschaftlichen Eigentümer andernfalls unverhältnismäßig stark beeinträchtigt würden. Der erforderlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung habe die Klärung voranzugehen, ob die jeweiligen Informationen in den Anwendungsbereich des Art. 10 EMRK fallen. Weiters müsse an diesen Informationen ein schutzwürdiges Interesse des Rechtsträgers oder seiner wirtschaftlichen Eigentümer bestehen, wobei ein solches schutzwürdiges Interesse unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls gegenüber den Interessen der berechtigten Dritten auf Registereinsicht und Datenübermittlung überwiegen müsse. Der VfGH stellte dazu fest, dass nicht alle Registerdaten, die in Auszügen gemäß § 10 Abs. 1 WiEReG nicht erfasst werden, aus grundrechtlicher Sicht als gleichwertig anzusehen sind, weil abhängig von der jeweiligen Information ein unterschiedlich starker Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position des Einsichtswerbers einerseits und der von der Einsicht betroffenen Person andererseits anzunehmen wäre. Der VfGH bestätigte daher in Bezug auf die im Prüfungsbeschluss genannten Registerdaten seine Ansicht, dass deren Ausschluss vom Einsichtsrecht gemäß § 10 WiEReG eine unverhältnismäßige Beschränkung von Art. 10 EMRK darstellt, zumal es sich jeweils um Informationen von öffentlichem Interesse handeln könne, die zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen.
Der VfGH führte schließlich aus, dass die Voraussetzungen für den von ihm als verfassungswidrig erkannten Ausschluss von Registerdaten vom Einsichtsrecht berechtigter Dritter (lediglich) auf folgende Angaben in Auszügen gemäß § 10 Abs. 1 WiEReG zutreffen:
- historische Daten gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz WiEReG, aber nur im exakten Umfang der aktuellen Daten in Auszügen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 WiEReG
- ob die wirtschaftlichen Eigentümer von einem berufsmäßigen Parteienvertreter festgestellt und überprüft wurden (§ 9 Abs. 4 Z. 7a WiEReG)
- ob die wirtschaftlichen Eigentümer nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten nicht festgestellt und überprüft werden konnten (§ 9 Abs. 4 Z. 7c WiEReG)
- die automationsunterstützt generierte Darstellung aller bekannten Beteiligungsebenen, aber nur, sofern diese grafische Darstellung lediglich Daten umfasst, die die in § 10 Abs. 1 WiEReG genannten Angaben oder andere öffentlich verfügbare Daten (wie z. B. Firmenbuchdaten) verknüpft. Soweit in der grafischen Darstellung der Beteiligungsebenen Daten zusammengeführt werden, die über die in § 10 Abs. 1 WiEReG genannten Kategorien hinausgehen, sei es Aufgabe des Gesetzgebers, (künftig) einen verhältnismäßigen Interessenausgleich vorzunehmen.
Der VfGH gelangte daher zum Ergebnis, dass § 10 Abs. 1 WiEReG das Einsichtsrecht für Personen mit „berechtigtem Interesse“ in einer Art 10 Abs. 1 EMRK widersprechenden Weise beschränkt, weil die oben genannten Registerdaten nicht vom Einsichtsrecht gemäß § 10 WiEReG erfasst werden.
Zur Beseitigung der dargelegten Verfassungswidrigkeit war es erforderlich auszusprechen, dass § 10 Abs. 1 Z. 1 WiEReG i. d. F. BGBl I 97/2023 zur Gänze verfassungswidrig war, weil der Registerauszug gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 WiEReG auf die näher bezeichneten Angaben in § 9 Abs. 4 WiEReG beschränkt war. Da die verfassungswidrige Bestimmung aufgrund der WiEReG-Novelle BGBl I 151/2024 bereits am 30.9.2025 außer Kraft trat, hatte sich der VfGH gemäß Art. 140 Abs. 4 B-VG auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit zu beschränken. Die übrigen Bestimmungen des § 10 WiEReG i. d. F. BGBl I 97/2023 waren laut VfGH hingegen nicht als verfassungswidrig zu erkennen, ebenso war § 10a WiEReG i. d. F. BGBl I 97/2023 nicht als verfassungswidrig aufzuheben.