Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (BFG) ist dem Abgabepflichtigen grobes Verschulden anzulasten, wenn kein wirksames Kontrollsystem eingerichtet ist, weil das Kontrollsystem nur in einer Selbstkontrolle des Geschäftsführers besteht und die Vormerkung und Überwachung von Fristen nur in dessen Verantwortung liegt. Zudem wurde der Eintritt eines Wasserschadens vom BFG nicht als außergewöhnliches Ereignis gesehen, welches die gänzliche Einstellung der Büroorganisation rechtfertigen würde (BFG 2.6.2025, RV/2100223/2025).
Das BFG beschäftigte sich mit der Frage, ob ein Wasserschaden die verspätete Entrichtung der Umsatzsteuer rechtfertigt oder ein Säumniszuschlag festzusetzen ist. Das Gericht wies die Beschwerde ab, da es an internen Kontrollen mangelte und der Wasserschaden nicht als ausreichendes Ereignis angesehen wurde, um die Fristversäumnis zu entschuldigen.
1. Sachverhalt: Umsatzsteuervorauszahlung verspätet entrichtet
Die Beschwerdeführerin (Bf) entrichtete die Umsatzsteuer für Oktober 2018 verspätet. Das Finanzamt setzte einen Säumniszuschlag fest. Die Bf begründete die Verspätung mit einem Wasserschaden, der am 10.12.2018 in einem von ihr betriebenen Hotel aufgetreten sei. Dieser Schaden habe die betrieblichen Abläufe erheblich beeinträchtigt und die rechtzeitige Zahlung unmöglich gemacht. Dagegen argumentierte das Finanzamt, dass der Wasserschaden kein außergewöhnliches Ereignis darstelle und die Bf zudem in der Vergangenheit bereits mehrfach säumig gewesen sei. Die interne Fristenorganisation sei nur vom Geschäftsführer der Bf ausgeübt und von keiner anderen Person überprüft oder kontrolliert worden.
Strittig war die Frage, ob die Bf ein grobes Verschulden an der Säumnis trifft oder mangels groben Verschuldens eine Herabsetzung bzw Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 Bundesabgabenordnung möglich ist.
2. BFG: Bloße „Selbstkontrolle“ des Geschäftsführers nicht ausreichend; Wasserschaden ist kein außergewöhnliches Ereignis
Das BFG wies die Beschwerde ab: Es wäre Sache der Bf gewesen, interne Kontrollen einzurichten, die eine rechtzeitige Zahlung der Umsatzsteuer sicherstellen. Nach der Judikatur des VwGH muss die Büroorganisation dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen. Das erfordert insbesondere die richtige Vormerkung von Terminen und entsprechende Kontrollen. Das Fehlen jeglicher Kontrollmaßnahmen in der Büroorganisation ist keinesfalls als minderer Grad des Versehens anzusehen.
Nach Ansicht des BFG hat die Bf kein wirksames System zur Vormerkung, Überwachung und Kontrolle von Fristen und Terminen etabliert. All diese Handlungen werden nur vom Geschäftsführer vorgenommen, der von keiner anderen Person überprüft bzw kontrolliert wird. Ein Kontrollsystem, das nur eine „Selbstkontrolle“ des Geschäftsführers vorsieht, stellt kein wirksames Kontrollsystem dar. Die Unwirksamkeit des Kontrollsystems ist auch aufgrund zahlreicher weiterer Säumnisse in der Vergangenheit ersichtlich.
Zudem ist ein Wasserschaden kein außergewöhnliches Ereignis, das die Einstellung des Geschäftsbetriebs über einen längeren Zeitraum rechtfertigen würde. Bereits die Abgabenbehörde wies darauf hin, dass der Wasserschaden am 10.12.2018 auftrat und die Umsatzsteuervorauszahlung erst am 21.12.2018 entrichtet wurde, während die Lohnabgaben für November termingerecht bis zum 15.12.2018 entrichtet wurden.
3. Ergebnis: 4-Augenprinzip als Standard für Fristenverwaltung
Ein Kontrollsystem, das nur eine „Selbstkontrolle“ des Geschäftsführers vorsieht, stellt nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BFG (BFG 11.3.2015, RV/5101002/2012; BFG 3.10.2022, RV/5100283/2022) kein wirksames Kontrollsystem dar. Nach der ständigen Rechtsprechung hat die Büroorganisation dem Mindestmaß einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, sodass Säumnisfolgen in Folge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (siehe auch Tax News 1/2025).