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      Damit ein Verfahren nach § 303 Abs 1 lit b BAO durch das Finanzamt wiederaufgenommen werden kann, müssen neue Tatsachen vorgebracht werden. Das Finanzamt kann in der Begründung der Wiederaufnahme unter anderem auch auf Betriebsprüfungsberichte verweisen. Ein Wiederaufnahmebescheid gilt schon dann als begründet, wenn sich am Ende einer Verweiskette die entsprechenden Wiederaufnahmegründe finden (VwGH 22.04.2022, Ra 2020/13/0025).

      1. Sachverhalt: Begründung Wiederaufnahme durch Verweis auf BP-Bericht

      Eine GmbH machte in den Jahren 2011 – 2015 Fremdleistungsaufwendungen geltend. Die Betriebsprüfung (BP) gelangte zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Vertragspartnern um Scheinfirmen handelte. Die bezogenen Leistungen wurden nicht von den behaupteten Gesellschaften, sondern (zu einem geringeren Entgelt) von Schwarzarbeitern erbracht. Diese Feststellungen fanden Eingang in den BP-Bericht Tz 3 und 4.

      Nach Abschluss der BP wurde die KöSt 2011 – 2015 vom Finanzamt wegen des Hervorkommens neuer Tatsachen wieder aufgenommen (§ 303 Abs 1 lit b BAO). In der Begründung des Wiederaufnahmebescheides wurde auf die BP-Niederschrift und den BP-Bericht verwiesen:

      • BP-Niederschrift: Darstellung der steuerlichen Konsequenzen (ua Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung)
      • BP-Bericht: Berechnung der Auswirkungen auf den GmbH-Gewinn in Tz 5; mit Verweis auf T 3 und 4.

      2. BFG: Verweis enthält keine „neuen Tatsachen“

      Das BFG hob den Bescheid über die Wiederaufnahme auf: Tz 5 des BP-Berichts enthält keine Tatsachen (Sachverhaltselementen) betreffend die Versagung der steuerlichen Anerkennung des Fremdleistungsaufwands, sondern ausschließlich Berechnungen (BFG 23.01.2020, RV/7101905/2018).

      3. VwGH 22.04.2022, Ra 2020/13/0025: Verweiskette ausreichend

      Damit ein Verfahren wiederaufgenommen werden kann, müssen neue Tatsachen hervorkommen, die bereits vor Bescheiderlassung existent waren. Das Finanzamt kann zur Begründung der Wiederaufnahme auch auf BP-Berichte oder Niederschriften verweisen (zB VwGH 29.01.2015, 2012/15/0030).

      Im BP-Bericht wurde zur Begründung der Wiederaufnahme auf dessen Tz 5 verwiesen. Dort findet sich die Berechnung der Auswirkungen auf den GmbH-Gewinn. Es wird aber auch auf die Tz 3 und 4 weiterverwiesen: „Durch diesen Verweis kommt mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, worauf sich das Finanzamt stützen wollte“. In den Tz 3 und 4 werden die tatsächlichen Umstände angesprochen, die Tatsachen iSd § 303 BAO darstellen: die Geltendmachung tatsächlich nicht angefallener Betriebsausgaben.

      4. Ergebnis: Verweisketten zulässig

      Für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme von Amts wegen müssen im Wiederaufnahmebescheid die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel nicht unmittelbar angeführt werden. Verweise auf weitere Schriftstücke sind zulässig (bspw Niederschrift und BP-Bericht). Auch ganze Verweisketten sind nach der aktuellen Rsp ausdrücklich gestattet. In der Kette bzw an deren Ende müssen sich jedoch die erforderlichen Ausführungen finden.

      Was iZm der Wiederaufnahme bzw behördlichen Erledigungen gilt, muss auch auf seitens des Abgabepflichtigen gelten: Verweise(ketten) auf separate amtsbekannte Eingaben oder auch Eingaben aus Vorjahren sollten die umfängliche Offenlegung des Sachverhaltes oder die Begründung beantragter Wiederaufnahmen daher gewährleisten.

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