Der EuGH hat sich in seinem Urteil vom 4. September 2025, C-726/23, Arcomet Towercranes mit der Frage beschäftigt, ob TNMM[1]‑basierte Ausgleichszahlungen zwischen verbundenen Unternehmen eine umsatzsteuerbare Gegenleistung für konzerninterne Dienstleistungen sind. Er bejahte dies bei vertraglich konkretisierten Management‑/Supportleistungen und stellte klar, dass die Steuerverwaltung für den Vorsteuerabzug ergänzende, verhältnismäßige Nachweise zur tatsächlichen Leistungserbringung und Verwendung verlangen darf.
1. Sachverhalt und Vorlagefragen
Arcomet Rumänien und Arcoment Belgien sind zwei Gesellschaften, die beide zum Arcomet Konzern gehören: Arcomet Rumänien vermietet und verkauft Kräne in Rumänien und Arcomet Belgien verhandelt zentral Lieferantenkonditionen, übernimmt Strategie, Planung, Technik, Finanzen, Qualitäts‑/Sicherheitsmanagement und die wesentlichen wirtschaftlichen Risiken. Ein Konzernvertrag vom 24. Januar 2012 sah vor, dass Arcomet Rumänien eine Vergütung an Arcomet Belgien zahlt, wenn ihre Betriebsergebnismarge über 2,74 % liegt (TNMM auf Basis der OECD‑Leitlinien); liegt die Marge zwischen −0,71 % und 2,74 %, entfällt eine Zahlung.
Für 2011–2013 stellte Arcomet Belgien jährliche Rechnungen (ohne Umsatzsteuer) für die erbrachten Dienstleistungen an Arcomet Rumänien. Arcomet Rumänien erklärte diese Rechnungen als Reverse-Charge Umsätze in ihrer rumänischen Steuererklärung. Die rumänische Steuerverwaltung versagte jedoch den Vorsteuerabzug und setzte Umsatzsteuer fest, da weder die Leistungserbringung noch die Verwendung der Dienstleistungen zur Erbringung steuerbarer Umsätze nachgewiesen sei. Das Berufungsgericht Bukarest legte dem EuGH die folgenden Fragen vor:
- Sind TNMM‑basierte Ausgleichszahlungen eine Gegenleistung für eine steuerbare Dienstleistung?
- Dürfen Behörden für den Vorsteuerabzug neben Rechnungen weitere Nachweise (zB Leistungsberichte) verlangen?
2. Entscheidung des EuGH
Zur ersten Frage führte der EuGH aus, dass Zahlungen der Tochter an die Mutter auf Basis des vertraglich geregelten TNMM‑Mechanismus die Gegenleistung für steuerbare, gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen, wenn ein Rechtsverhältnis mit gegenseitigen Leistungen besteht und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den erbrachten Management-/Supportleistungen und der Vergütung vorliegt. Der Umstand, dass die Vergütung variabel ist und an die Gewinnspanne anknüpft, beseitigt den unmittelbaren Zusammenhang nicht, sofern die Berechnungsmodalitäten vorab klar festgelegt sind.
Zur zweiten Frage entschied der EuGH, dass die Steuerverwaltung neben der Rechnung zusätzliche Unterlagen verlangen darf, um feststellen zu können, ob die empfangende Gesellschaft ihr Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen darf. Bei der Einforderung der zusätzlichen Unterlagen ist jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren; verlangt werden dürfen nur Nachweise, die für die Prüfung erforderlich sind. Bei der Prüfung der Unterlagen darf die Behörde zudem nicht die „Erforderlichkeit“ oder wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Leistungen für die Umsätze prüfen, wohl aber muss die tatsächliche Leistungserbringung und Verwendung der Leistungen für steuerpflichtige Umsätze belegt werden.
3. Ergebnis
Konzerninterne Management‑ und Supportleistungen, die vertraglich konkretisiert sind, sind umsatzsteuerbar und TNMM‑basierte Ausgleichszahlungen können eine unmittelbare Gegenleistung für diese Leistungen sein. Eine variable, an der Gewinnspanne orientierte Vergütung steht der Steuerbarkeit nicht entgegen, wenn die Berechnung ex ante klar geregelt ist.
[1] Nettomargenmethode ("transactional net margin method", TNMM); zu weiterführenden Ausführungen zur Nettomargenmethode siehe Rz 38 ff der VPR 2021.