Tax News: EuGH: Die Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung für Sondervermögen bei der gemischten Verwendung von bezogenen Dienstleistungen

EuGH: Die Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung für S

Der EuGH hat im Urteil vom 2. Juli 2020 (C-231/19 Blackrock) entschieden, dass die Steuerbefreiung für Sondervermögen nicht anwendbar ist, wenn die bezogenen Leistungen sowohl für Sondervermögen als auch für andere Fonds verwendet wird.

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Für den Inhalt verantwortlich

Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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Blackrock ist in der Verwaltung von Sondervermögen und anderer Fonds tätig. Für diese Tätigkeit bezieht Blackrock Leistungen von einer US-Gesellschaft. Diese Leistungen umfassen Performance- und Risikoanalysen und -monitoring, um Portfoliomanager bei Investitionsentscheidungen zu unterstützen, die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen und den Portfoliomanagern die Umsetzung von Handelsentscheidungen zu ermöglichen und werden über eine Plattform namens Aladdin erbracht. Die bezogenen Leistungen werden überwiegend für die Verwaltung von Fonds aber auch für die Verwaltung von Sondervermögen verwendet. 

Die Steuerbehörden waren der Ansicht, dass der gesamte Leistungsaustausch zwischen Blackrock und der US-Gesellschaft der Umsatzsteuer unterliegt. Blackrock jedoch vertrat die Ansicht, dass der Anteil der bezogenen Leistungen, die Blackrock für die Verwaltung von Sondervermögen verwendet, steuerbefreit sei. In diesem Sinne entrichtete Blackrock nur für die bezogenen Dienstleistungen, die für die Verwaltung der anderen Fonds verwendet wurde, Umsatzsteuer. 

Der EuGH (C-231/19 Blackrock) beschäftigte sich mit der Frage, ob die Steuerbefreiung zur Verwaltung von Sondervermögen in Art 135 Abs 1 lit g MwStSyst-RL auch auf bezogene Leistungen anwendbar ist, die nicht ausschließlich für die Verwaltung von Sondervermögen sondern auch für die Verwaltung anderer Fonds verwendet wird.  

Der EuGH führte wieder aus, dass die in der MwStSyst-RL verwendeten Begriffe autonom unionsrechtliche Begriffe sind, die eine einheitliche Anwendung in den verschiedenen Mitgliedstaaten garantieren soll. Steuerbefreiungen sind weiters lt stRsp des EuGH eng auszulegen, weil sie Ausnahmen zur Regel der Umsatzbesteuerung sind. 

Der EuGH prüft zunächst, ob es sich bei der Leistungserbringung der Plattform Aladdin um eine einheitliche Leistung handelt. Grundsätzlich ist jede Leistung für sich als selbstständige Leistung zu betrachten, jedoch dürfen wirtschaftlich einheitliche Leistungen nicht künstlich aufgespalten werden. In diesem Sinne kann eine sogenannte „einheitliche Leistung“ zwei Fallkonstellationen umfassen: Die einheitliche Leistung kann aus einer Haupt- und Nebenleistung bestehen oder sie kann aus untrennbaren, gleichrangigen Leistungen bestehen. Im vorliegenden Fall hielt der EuGH fest, dass eine Unterscheidung in Haupt- und Nebenleistung bei den durch die Plattform Aladdin erbrachten Leistungen nicht möglich ist, sondern die von Aladdin erbrachten Leistungen als einheitliche Leistung zu qualifizieren sind, die aus verschiedenen gleichbedeutenden Bestandteilen besteht.

Die Qualifikation als einheitliche Leistung hat zur Folge, dass die Leistung auch steuerlich einheitlich zu behandeln ist. Aus diesem Grund unterliegt die Leistung einem einheitlichen Steuersatz. Aufgrund der Vorlagefrage erwägt der EuGH, ob sich der Steuersatz nach der Art der überwiegend verwaltenden Fonds richten sollte. Dies hätte zur Folge, dass wenn Blackrock die Plattform Aladdin überwiegend für die Verwaltung von Sondervermögen verwenden würde, die Steuerbefreiung anwendbar wäre; würde Blackrock jedoch die Plattform Aladdin überwiegend für die Verwaltung von sonstigen Fonds verwenden, wäre die Steuerbefreiung nicht anwendbar. Diese Folge würde jedoch der engen Auslegung von Steuerbefreiungen widersprechen und eine Ausweitung der Steuerbefreiung zur Folge haben, wenn die Leistungen überwiegend für die Verwaltung von Sondervermögen verwendet werden. Aus diesem Grund kann sich die steuerliche Behandlung der Dienstleistung nicht nach der Art der von Blackrock überwiegend verwalteten Fonds richten und der EuGH versagte die Anwendung der Steuerbefreiung.

Anmerkung

Die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung für Sondervermögen führt in der Praxis oftmals zu offenen Fragen, was sich auch in der wiederholten Abhandlung dieser Thematik in der EuGH Rsp wiederspiegelt. In der vorliegenden Rs Blackrock schließt sich der EuGH den Ausführungen von GA Pikamäe an und bestätigt, dass es sich um eine einheitlich bezogene Dienstleistung handelt. Der EuGH hält weiters fest, dass auch wenn eine Gesellschaft eine Dienstleistung bezieht, die einerseits für steuerpflichtige als auch für steuerbefreite Umsätze verwendet wird, so kann die Steuerbefreiung nicht auf die steuerpflichtigen Umsätze ausgeweitet werden. In diesem Sinne bleibt der EuGH seinem Grundsatz der engen Auslegung von Steuerbefreiungen treu. 

In der Praxis könnte dieses Urteil zur Folge haben, dass Unternehmer bezogene Dienstleistungen genau auf ihren Verwendungszweck prüfen. Dies könnte eine Aufteilung zur Folge haben: Einerseits würden Unternehmen Dienstleistungen für die Verwaltung von steuerbaren und -pflichtigen Fonds beziehen, die der Umsatzsteuer unterliegen. Andererseits würden Unternehmen gesondert Dienstleistungen für die Verwaltung von Sondervermögen beziehen, damit die Steuerbefreiung anwendbar ist. 

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