Tax News: BFG: Vorabentscheidungsersuchen EuGH: Feste Niederlassung bei vermieteter Liegenschaft

BFG: Vorabentscheidungsersuchen EuGH

Das BFG Wien hat mit dem Antrag auf Vorabentscheidung vom 20. Dezember 2019 (RE/7100002/2019) dem EuGH zur Beurteilung vorgelegt, ob für eine feste Niederlassung stets die personelle und technische Ausstattung kumulativ gegeben sein muss.

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Esther Freitag

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Die Beschwerdeführerin, eine in Jersey ansässige Gesellschaft, ist Eigentümerin eines Gebäudes in Wien. Dieses Gebäude wurde umsatzsteuerpflichtig in den Jahren 2009 und 2010 an inländische Unternehmer vermietet. Weitere in Österreich steuerbare Umsätze erzielte die Beschwerdeführerin nicht. Für die Abwicklungen der Vermietungen Vorort wurde eine Hausverwaltung beauftragt, die ihre eigenen Büroräumlichkeiten und technischen Strukturen verwendete und in keinem räumlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der Beschwerdeführerin stand. Die Beschwerdeführerin wandte auf die Vermietungsansätze den Übergang der Steuerschuld gemäß § 19 Abs 1 UStG an, weil sie das Unternehmen nicht im Inland betreibe und davon ausging, dass sie keine Betriebstätte (feste Niederlassung) in Österreich begründete.

Die Vorlagefrage des BFG (20.12.2019; RE/7100002/2019) betrifft nun die Definition einer festen Niederlassung. In den bereits ergangenen EuGH-Urteilen wurde wiederholt betont, dass Personal- und Sachmittel in dem Land der festen Niederlassung vorhanden sein müssen. Auch gemäß der Legaldefinition des Art 11 Durchführungsverordnung 282/2011 ist für eine feste Niederlassung die „personelle und technische Ausstattung“ notwendig. Fraglich ist jedoch, ob beide Kriterien kumulativ vorliegen müssen, oder ob, wenn es die Funktionsfähigkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht erfordert, auch bloße Sachmittel zur Begründung einer festen Niederlassung ausreichen können.

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass keine feste Niederlassung in Österreich vorliegt, da sie kein eigenes Personal in Österreich hat. Die beauftragte Hausverwaltung ist nicht dem Ort der vermieteten Liegenschaft zuzuordnen und es ist auch kein eigenes Personal der Beschwerdeführerin vorhanden. Zusätzlich führt die Hausverwaltung ausschließlich unterstützende, verwaltungstechnische Aufgaben durch.

Die österreichische Finanzverwaltung sprach sich für das Vorliegen einer festen Niederlassung in Österreich aus und verwies in der Begründung auf die Rz 2601 (Rechtslage 2004-2009) und 2601b (seit 2012) der UStR, in denen festgehalten wurde, dass „Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, für die Vermietungsumsätze als inländische Unternehmer zu behandeln sind.“ Außerdem wurde als Argument die Rechtsprechung der deutschen Finanzgerichte angeführt, in denen auch bloße Windräder bereits eine inländische Betriebsstätte begründen, obwohl ebenso kein eigenes Personal zum Einsatz gekommen ist. Der Rechtsprechung der deutschen Finanzgerichte folgend muss bei einer überdurchschnittlichen Ausprägung der sachlichen Ausstattung kein Personal vorhanden sein, um eine feste Niederlassung zu begründen.

Anmerkung:

Die Argumentation der Finanzverwaltung ist bei diesem Vorlageantrag bemerkenswert. Einerseits wird argumentiert, ausländische Unternehmer, die ein Grundstück in Österreich besitzen und dieses steuerpflichtig vermieten, sind wie inländische Unternehmer zu behandeln. Die Finanzverwaltung geht in dieser Hinsicht von einem konkludenten Zusammenhang zwischen einem Unternehmer, der aufgrund seines Grundstücks in Österreich wie ein inländischer Unternehmer behandelt wird und einer festen Niederlassung aus. Andererseits bezieht sich das Finanzamt auf zwei deutsche Finanzgerichtsurteile. Diese Urteile ergingen jedoch vor der Einführung des angepassten Grundstücksbegriffs in Österreich und dem Erlass der Durchführungsverordnung 282/2011, die die Definition der festen Niederlassung normiert. Die Antwort des EuGH wird mit großer Spannung erwartet, weil die Vorlagefrage auch eine Grundsatzfrage der heutigen Zeit behandelt: Ist Personal in einer Zeit der Digitalisierung notwendig ist, um eine feste Niederlassung zu begründen.

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