BFH: Steuerbefreiungen nach §§ 5 und 6a GrEStG bei einer Anteilsvereinigung
Mit Urteil vom 30.10.2024 (II R 14/23) hat der BFH entschieden, dass eine grunderwerbsteuerliche Anteilsvereinigung durch Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf eine niederländische Stiftung nicht nach § 5 Abs. 1 GrEStG steuerfrei ist, wenn die Stiftung nicht mit einer Gesamthandsgesellschaft nach deutschem Recht vergleichbar ist.
Darüber hinaus scheidet nach Ansicht des BFH eine Anwendung der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG aus, wenn die Übertragung der Anteile weder auf einer Sacheinlage- oder Beitragsverpflichtung noch auf einer anderweitigen gesellschaftsvertraglichen Grundlage beruht.
Im Streitfall waren zwei niederländische Kapitalgesellschaften (A-B.V. und B-B.V.) zu 25% bzw. 75% an einer weiteren niederländischen Kapitalgesellschaft (C-B.V.) beteiligt. Letztere war Eigentümerin eines inländischen Grundstücks. Im Januar 2017 übertrugen die beiden Gesellschafter ihre jeweilige Beteiligung an der grundbesitzenden C-B.V. auf eine niederländische Stiftung („stichting“). Im Gegenzug erhielten sie von der Stiftung für jeden übertragenen Anteil ein damit korrespondierendes Zertifikat. Das Finanzamt ging von einem steuerbaren Erwerbsvorgang aus und erlies einen entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheid.
Der BFH wies die Klage ab. Die streitgegenständliche Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG) unterliege der Grunderwerbsteuer und sei nicht steuerbefreit.
Der BFH lehnte die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG (Grundstücksschenkungen unter Lebenden) mit der Begründung ab, dass die Übertragung der Anteile im Streitfall nicht unentgeltlich, sondern gegen Ausgabe von Zertifikaten erfolgte. Es läge auch keine teilentgeltliche Übertragung vor, da der wirtschaftliche Wert der Zertifikate dem der übertragenen Anteile entsprach.
Auch die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG (Grundstücksübergang auf eine Gesamthand) kommt nach Auffassung des BFH nicht in Betracht. Zwar sei diese Vorschrift grundsätzlich auch bei einer steuerbaren Anteilsvereinigung iSv § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar. Im Streitfall sei allerdings die niederländische Stiftung („stichting administratiekantoor“) ihrer rechtlichen Struktur nach nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft vergleichbar, insbesondere aufgrund des Fehlens von Mitgliedern oder Anteilseignern.
Schließlich bestätigte der BFH die Auffassung der Vorinstanz, wonach auch die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG (Konzernklausel) ausscheidet. Es fehle im Streitfall an einem begünstigungsfähigen Rechtsvorgang nach § 6a Satz 1 GrEStG, da die Anteilsübertragung auf die Stiftung weder eine Einbringung noch ein anderer Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage im Sinne der Vorschrift sei. Im Übrigen fehle es auch an dem von § 6a GrEStG geforderten Abhängigkeitsverhältnis. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Zertifikate eine „Beteiligung“ an der Stiftung vermitteln würden, wäre die A-B.V. lediglich zu 25% und die B-B.V. lediglich zu 75% an der Stiftung „beteiligt“, so dass die zur Annahme eines Abhängigkeitsverhältnisses erforderliche Beteiligungsquote i.H.v. 95% nicht erreicht worden wäre.
Fundstelle: BFH-Urteil II R 14/23
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 12.02.2025
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