Indirekte Steuern in der Beschaffungstransformation

Den Beschaffungsprozess neu zu gestalten generiert einen Mehrwert im Unternehmen. Setzen Sie die indirekte Steuer dabei als Hebel ein.

Entscheidungsträger im Beschaffungswesen sind gefordert, die Abwicklung der indirekten Steuern im Rahmen der P2P-Prozesse (Procure-to-Pay) zu gestalten und ihre Fähigkeiten zur Einhaltung von Steuervorschriften und zur Steuerung wertschöpfender Aktivitäten zu stärken.

Relevanz der technologischen Entwicklung für Beschaffungsprozesse

Die aktuellen politischen, umweltbedingten und marktbedingten Veränderungen stellen Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Weitere Mitbewerber tauchen auf und neue Marktteilnehmer fordern den Markt mit technologiegetriebenen Geschäftsmodellen heraus. Dieser externe Druck zwingt die Unternehmen dazu, ihre Betriebsabläufe zu beschleunigen und gleichzeitig sorgfältiger zu arbeiten, um aus sämtlichen Geschäftsvorgängen Mehrwert zu erzielen. Dies lässt keinen Raum für Ineffizienzen. Gerade deshalb ist die Verbesserung von Prozessen und der Einsatz der richtigen Technologie der Schlüssel zum Erhalt Ihres Wettbewerbsvorteils. Gleiches gilt für die Beschaffungsprozesse (Procurement-Prozesse). Der Markt bietet zahlreiche Softwarelösungen, darunter SAP Ariba, Coupa oder Ivalua, mit denen Unternehmen eine neue digitale Beschaffungssuite aufbauen können. Diese Management-Lösungen unterstützen das gesamte Spektrum des Procure-to-Pay (P2P)-Prozesses – vom Lieferanten-Onboarding, Einbindung bis hin zur Beschaffung, Inventar und Zahlungen. Sie ermöglichen Unternehmen Echtzeittransparenz und KI-gestützte Einblicke in sämtliche Ausgabearten innerhalb des Unternehmens - Beschaffung, Betriebskosten und Kreditorenbuchhaltung.

Sandor Arany
Sandor Arany

Senior Manager, Indirect Tax

KPMG Switzerland

Alexandar Lakic
Alexandar Lakic

Expert, Indirect Tax

KPMG Switzerland

Die Bedeutung der indirekten Steuern in Beschaffungsprozessen

Die Leiter des Beschaffungswesens müssen den Umgang mit indirekten Steuern innerhalb der P2P-Prozesse gestalten und ihre Fähigkeit zur Verwaltung der Steuer-Compliance und der wertschöpfenden Aktivitäten stärken. Zu diesem Zweck muss der gesamte Geschäftsverlauf in die Sprache der indirekten Steuern übersetzt werden. Ist dies nicht der Fall oder gibt es keinen durchgängigen Kontrollrahmen für indirekte Steuern, kann eine einfache wiederkehrende Buchung ein Mehrwertsteuerrisiko (Unterzahlung) darstellen oder zu einer ungewollten Überzahlung der Mehrwertsteuer führen.

Mehr darüber, wie ein internes Kontrollsystem Finanztransformationen vereinfachen kann, erfahren Sie in unserem früheren Blog Internal Controls as enabler for Finance Transformation – KPMG Schweiz.

Aus unserer Sicht hängen Beschaffung und indirekte Steuern eng zusammen. Kaum ein Buchungsvorgang, welcher nicht eine Analyse oder Entscheidung in Sachen Mehrwertsteuer erfordert. Ungeachtet der Komplexität der Transaktion müssen im Endeffekt alle Transaktionen im Enterprise Resource Planning System (ERP) erfasst werden, was bedeutet, dass die Kreditorenbuchhaltung die Kosten einem Konto zuordnen muss, wobei die entsprechende mehrwertsteuerliche Behandlung festzulegen ist. 

Die Ermittlung und Meldung indirekter Steuern (MwSt., Umsatz- und Gebrauchssteuer, GST) ist fester Bestandteil des Prozesses der Bestellanforderung, Bestellung und Rechnungserfassung. Unternehmen sollten sich bei der Implementierung auf ihre Kernanforderungen an die indirekten Steuern konzentrieren, und zwar unabhängig davon, ob sie systemeigene Steuerfunktionen (SAP Ariba, Coupa, Ivalua) oder eine dedizierte Steuerlösung eines Drittanbieters verwenden. 

Die Abteilung für indirekte Steuern (Konzernsteuer) ist stark von der Beschaffungsabteilung abhängig. Sie ist gewöhnlich für die Datenextraktion, Berechnung und Einreichung der periodischen indirekten Steuererklärungen an die lokalen Behörden verantwortlich. Allerdings stammen sowohl die Datengrundlage als auch die Datengenauigkeit aus den Beschaffungsprozessen. Es ist daher für das Beschaffungsteam von entscheidender Bedeutung, sich der indirekten Steuerrisiken bewusst zu sein, damit es seine zunehmend transformativen Aufgaben erfolgreich wahrnehmen kann. Die Steuerabteilung und das Beschaffungsteam sind gefordert, gemeinsam steuerliche Themen angemessen in Transformationsprojekte einzubeziehen, um sich Klarheit über Folgendes zu verschaffen: (a) was indirekte Steuern sind, (b) was die entscheidenden Punkte im P2P-Prozess sind, wo ein Steuerexperte hinzugezogen werden sollte, (c) worin der Unterschied zwischen Business-to-Business (B2B)- und Business-to-Consumer (B2C)-Regeln für indirekte Steuern besteht und (d) wie die Hauptrisiken für indirekte Steuern überwacht werden sollten.

Die indirekten Steuern sind ein wahres Gesetzespuzzle

Je nach Art der indirekten Steuern ergeben sich unterschiedliche buchhalterische Behandlungen, die beispielsweise davon abhängen, wo die Transaktion stattgefunden hat, an welchen Ort die Ware versandt wurden, welchen Steuerstatus der Käufer hat, wo dieser den Sitz hat und/oder welche Steuergesetzgebung anwendbar ist. Infolge solcher Komplexitäten gestaltet sich die Verwaltung indirekter Steuern in einem Beschaffungsprojekt oft schwierig.

Problematiken bei den indirekten Steuern im Beschaffungsbereich

Entscheidend ist der richtige Ansatz für die Gestaltung und Implementierung der indirekten Steuern, darunter die Festlegung der Granularität der Stammdaten, die Definition der erforderlichen Struktur der Warennummern, die Abstimmung der Methode zur Ermittlung der zu erwartenden Lieferantensteuern, die Wahl der Steuerbuchhaltung zur Verbesserung des Prüfungspfads, die Erarbeitung von Prozessen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers und der Steuerabgrenzung sowie die Festlegung der Rechnungsprüfungs- und Rückbuchungsregelungen im zentralen ERP-System.

Nutzung der indirekten Steuern in der Beschaffung

Die Integration der indirekten Steuern in das Beschaffungswesen ist nicht nur eine pragmatische Lösung für die oben genannten Herausforderungen, sie bietet auch die folgenden Vorteile:

  • Verbesserter Cashflow 
  • Kürzere Beschaffungszyklen («First-Time-Right»-Lieferung)
  • Genaue Berücksichtigung von Steuern im Genehmigungsverfahren für Bestellungen 
  • Erhöhte Genauigkeit und Automatisierung («single source of truth»)
  • Zentralisiertes Mehrwertsteuer-Kontrollsystem in der Kreditorenbuchhaltung
  • Einheitliche Compliance und geringerer operativer Aufwand

Schlussgedanken

Die wichtigsten Empfehlungen für eine erfolgreiche Umgestaltung des Beschaffungswesens unter dem Aspekt der indirekten Steuern sind die folgenden:

  • Frühzeitige und häufige Einbindung der Steuerabteilung
  • Identifizierung von wechselseitigen Abhängigkeiten mit wichtigen Beteiligten
  • Sicherstellung einer zuverlässigen und sauberen Datenbeschaffung
  • Beurteilung der steuerlichen Problempunkte, um den Dialog voranzutreiben