22-04-2021
Kotierte Schweizer Immobilienfonds und -gesellschaften im Nachteil.
Die deutsche Grunderwerbsteuer wird zum Problem
Die EU hat der Schweiz die Börsenäquivalenz versagt. Dies hat indirekt zur Folge, dass kotierte Schweizer Immobilienfonds und -gesellschaften zukünftig Grunderwerbsteuern auf deutschen Immobilieninvestments abliefern müssen, sofern innert 10 Jahren mindestens 90% der Anteile den Besitz wechseln.
Grunderwerbsteuer-Reform zu Share Deals in Deutschland
Ab dem 1. Juli 2021 wird die Grunderwerbsteuer auf deutschen Immobilien (ähnlich der Schweizer Handänderungssteuer) voraussichtlich auch erhoben, wenn innert 10 Jahren mindestens 90% der Anteile an einer Immobilien haltenden Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar den Besitzer wechseln. Ziel dieser deutschen Gesetzesreform ist es, dass Steuerumgehungsstrukturierungen Einhalt geboten wird. Denn bis anhin konnte ein Immobilien Share Deal im Gegensatz zum Asset Deal so ausgestaltet werden, dass die Grunderwerbsteuer von – je nach Belegenheitsort resp. Bundesland – 3.5% bis 6.5% des Kaufpreises nicht anfiel. Dazu hielt ein Co-Investor, der nicht direkt oder indirekt durch den Käufer gehalten wurde, einen Mindestanteil von z.B. 5.1%. Mit dem Ziel der Steuerersparnis entwickelten sich in der Praxis künstliche Strukturen. Mit der aktuellen Grunderwerbsteuer-Reform, die kurz vor ihrer Verabschiedung steht, sollen diese Strukturen wirkungslos werden (am 21. April 2021 hat der Bundestag die Massnahmen beschlossen). Ein sofortiger steuerfreier Erwerb aller Anteile unter Beteiligung eines Co-Investors ist damit bei Kapitalgesellschaften nicht mehr möglich. Der Kollateralschaden der Neuregelung kann sich allerdings als immens herausstellen, da auch jedes Industrieunternehmen mit Betriebsgrundstücken betroffen sein kann. Um hier etwas die Folgen abzumildern, wird eine Börsenklausel eingeführt. Aktien- und Fondsanteilsübertragungen, die an bestimmten Börsen und anderen Handelsplätzen erfolgen, werden aus der Zählung herausgenommen und können keine Grunderwerbsteuer auslösen.
Börsenkotierte Investmentvehikel
Aufgrund der Steuerschuldnerschaft der jeweiligen Immobiliengesellschaft, deren Anteile (indirekt) die Besitzer wechseln, hat diese zukünftig erhöhte Aufklärungs- und Anzeigepflichten. In den letzten Monaten wurde aber klar, dass börsenkotierte Fonds und Immobiliengesellschaften kaum Möglichkeiten haben, den Besitzeswechsel von Anteilen über 10 Jahre genau zu überprüfen und dass es deshalb einer Korrektur des Gesetzesentwurfes bedarf. Entsprechend wurde die Börsenklausel § 1 Abs. 2c GrEStG in den Gesetzesentwurf mit aufgenommen. Man hat erkannt, dass es nicht Ziel der Gesetzesreform sein kann, dass z.B. Immobilienfonds während der Haltedauer einer Immobilie unzählige Male die Grunderwerbsteuer abliefern müssen, nur weil die zahlreichen Fondsanteile häufig den Besitzer wechseln.
Die Börsenklausel umfasst jedoch nur Fonds und Immobiliengesellschaften, die an einer Börse in einem EU oder EWR Land oder an einem Drittlandhandelsplatz, der von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, kotiert sind. Im Rahmen der Querelen um das Rahmenabkommen wurde der Schweiz die Börsenäquivalenz durch die EU bekanntlich aber versagt.
In der Schweiz kotierte Investmentvehikel haben das Nachsehen
Als Konsequenz daraus werden in der Schweiz kotierte Immobilienfonds und -gesellschaften während der Haltedauer von deutschen Immobilien zukünftig regelmässig mit potenziell hohen Grunderwerbsteuern konfrontiert. Neben diesen Zusatzkosten ist aber vor allem die Diskriminierung der Schweizer Anlagevehikel sowie die in diesem Punkt völlig am Ziel vorbeischiessende Auswirkung dieser Gesetzesreform zu bemängeln. Denn diese Bestrafung hat nichts mehr mit der Vermeidung einer Steuerumgehung mittels künstlicher Co-Investor Strukturen zu tun, sondern scheint undurchdacht und nicht sachgerecht.
Handlungsbedarf
Ausschliesslich in der Schweiz kotierte Fonds und Immobiliengesellschaften mit deutschen Immobilieninvestments aber auch Industrieunternehmen sollten ihre Situation genau analysieren, wobei z.B. folgende Themen relevant sein können:
- Geplante Akquisitionen allenfalls noch vor dem 1. Juli 2021 umsetzen
- Berücksichtigung bei Strukturierungen / Neuaufsetzung eines Investmentvehikels
- Analyse der erwarteten Anteilswechsel in den nächsten 10 Jahren bei bestehenden Investments
- Einführung Compliance Mechanismus mit Anker-Anteilsinhaber
- Kotierung von Titeln an einer zusätzlichen Börse im EU / EWR-Raum
- Höhere Gewichtung der Relevanz der Höhe der Grunderwerbsteuer je nach Bundesland beim Kauf
- Veräusserung von deutschen Investments / Transfer auf andere Investmentvehikel die in der EU / EWR kotiert sind
- Abklärungen Sitzverlegung des Investmentvehikels ins Ausland