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Handelszeitung: Interview mit Professor Reto Eberle

Reto Eberle spricht im Interview über die Herausforderungen in der Audit-Branche.

Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und ESG sind einige von vielen Themen, die die Wirtschaftsprüfungsbranche beschäftigen. Reto Eberle, Professor an der Universität Zürich und Partner bei KPMG, beobachtet die Wirtschaftsprüfungsbranche aus der Sicht der Forschung und der Praxis. Im Interview mit Handelszeitung spricht er unter anderem über die Herausforderungen in der Wirtschaftsprüfungsbranche.

Reto Eberle
Dominik Weber

Leiter externe Kommunikation

KPMG Switzerland

Mit der Lancierung von Chat GPT ist die künstliche Intelligenz (KI) für eine breite Öffentlichkeit nutzbar geworden. Wo ist das Potenzial von KI in der Wirtschaftsprüfung am grössten?

Das Potenzial ist riesig, aber die neuen Technologien müssen auch sinnvoll eingesetzt werden können. Die Prüfungsbranche setzt KI ein (Audit mit KI), muss sie gleichzeitig aber auch prüfen (Audit von KI). Mit den aktuellen technologischen Entwicklungen haben wir eine lange Reise angetreten, bei der erst ein kurzes Wegstück zurückgelegt wurde.

Derzeit ist die IT-Landschaft speziell bei den kleinen Firmen noch sehr heterogen. Da ist es für die Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer schwierig, diese neu entwickelten Tools auch einzusetzen. Bei den grossen Unternehmen ist die IT hingegen schon stark standardisiert, was den Einsatz von Data Analytics und KI erst ermöglicht. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften setzen diese Auditing-Tools derzeit als Unterstützung zur Erlangung von Prüfungsnachweisen ein. In absehbarer Zukunft dürften damit aber auch eigenständige Nachweise erbracht werden können.

Wird die Abschlussprüfung mit dem Einsatz von KI besser und sicherer?

KI hat das Potenzial, die Abschlussprüfung wirksamer zu machen, indem nicht mehr die Grundgesamtheit mittels Stichproben, sondern insbesondere die sogenannten Ausreisser untersucht werden. Die Arbeiten erfolgen daher zielgerichteter. Effizienter ist der Einsatz von KI zurzeit wohl noch nicht unbedingt, weil wir uns am Beginn der Lernkurve befinden, was mit grossen Investitionen verbunden ist.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf Ihre Tätigkeit am Lehrstuhl Auditing and Internal Control der Universität Zürich?

Viele Forschungsarbeiten befassen sich mit der Digitalisierung und den Auswirkungen auf die Prüfung. Zudem haben wir in der Lehre während der Corona-Pandemie Erfahrungen mit Online-Unterricht gesammelt. Er ist gekommen, um zu bleiben, wobei ich diesbezüglich gemischte Gefühle habe. Aus meiner Erfahrung ist es wichtig, dass die Studierenden in den Veranstaltungen präsent sind, um sich gegenseitig und auch mit den Dozierenden auszutauschen.

Verändert sich damit auch die universitäre Ausbildung im Bereich Accounting und Audit?

Ja, die Wirtschaftsprüfung ist heute nicht mehr die gleiche wie vor zwanzig Jahren. Aber natürlich sind nicht nur Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung von der Digitalisierung betroffen. Diesem Umstand hat die Universität Zürich mit der Schaffung eines interdisziplinären Kompetenzzentrums «Digital Society Initiative » Rechnung getragen. Sie bietet Lehrangebote wie Digital Skills auf Master-Stufe an. Solche technischen Kompetenzen sind für eine Wirtschaftsprüfung der Zukunft unabdingbar.

Wie wandelt sich das Anforderungsprofil für die Studierenden: Braucht es künftig mehr Wissen im Bereich IT und KI anstelle der klassischen Accounting-Fähigkeiten?

Es ist sicher von Vorteil, wenn sich Studierende neben den Accounting-Fächern auch Kenntnisse in den anderen Bereichen aneignen. Vor diesem Hintergrund ist in der Schweiz die Ausbildung zur diplomierten Wirtschaftsprüferin auf dieses Jahr angepasst worden. Um neue Lernformen mit digitalen Mitteln einzusetzen und Themen wie IT, Datenanalyse oder Nachhaltigkeit vertieft zu behandeln.

Was heisst das für die Rekrutierung bei KPMG, bei der Sie Partner sind?

Für unsere Audit-Sparte rekrutieren wir immer noch stark bei Studienabgängern von Universitäten und Fachhochschulen im Bereich Betriebswirtschaftslehre. IT-Kenntnisse gewinnen zweifellos an Bedeutung.

Wir benötigen jedoch auch andere Berufsprofile wie Informatikerinnen und Ingenieure, etwa im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Zudem sind vermehrt auch Kenntnisse im Bereich Projektmanagement gefragt, weil bei einer Prüfung verschiedenste Spezialistinnen involviert werden und zu koordinieren sind.

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