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Interview with Gina Domanig

In die Zukunft investieren

Interview mit Gina Domanig, Managing Partner von Emerald Technology Ventures

Vom Start-up zum Game Changer: In unserem Exklusivinterview mit Gina Domanig, Managing Partner von Emerald Technology Ventures, beleuchten wir, wie wichtig in einem Verwaltungsrat ab der ersten Stunde ergebnisorientierte Investitionsstrategien und Best Practices sind.

Im Interview erklärt unsere Gesprächspartnerin ausserdem, weshalb Risikokapital nicht nur eine finanzielle Transaktion ist, sondern auch die Good Governance vorantreibt.

Und schliesslich erläutert sie in ihrer Funktion als Mitglied des Weltenergierats und des Global Future Council on Food and Water Security des Weltwirtschaftsforums, weshalb bei der Bewältigung der drängendsten Klimaprobleme der Welt eine ganzheitliche Sichtweise unerlässlich ist.

Prof. Dr. Reto Eberle

Partner, Mitglied des Department of Professional Practice

KPMG Switzerland

Prof. Dr. Reto Eberle: Sie sind Managing Partner von Emerald Technology Ventures, einer der weltweit grössten Cleantech-Risikokapitalgesellschaften, deren Fokus nicht nur auf den Bereichen Energie und Wasser, sondern auch auf nachhaltigen Verpackungen, nachhaltigen Lebensmitteln, nachhaltiger Landwirtschaft, Mobilität und Urbanisierung sowie auf industrieller Informationstechnologie liegt. Vor 25 Jahren waren nachhaltige Investitionen noch ein Alleinstellungsmerkmal. Mittlerweile sind zahllose Unternehmen auf den Zug aufgesprungen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Gina Domanig: Als wir vor 25 Jahren anfingen, galt dieser Bereich nicht als attraktiv. Wir waren die Ersten, die uns damit befassten. Zu Beginn gab es daher viele «magere» Jahre.

Doch wir haben an unserer Strategie festgehalten und die Finanzkrisen sowie Cleantech-Blasen – und das Platzen dieser Blasen – überlebt. Heute boomt nachhaltiges Investieren und wir sind als Unternehmen in letzter Zeit stark gewachsen.

Und weil wir schon so lange im Geschäft sind, sind wir anderen Marktteilnehmern bezüglich Know-how und Erfahrungswerten weit voraus.

Prof. Dr. Reto Eberle & Gina Domanig

Welche Art von Investitionen tätigen Sie? Investieren Sie direkt als Private Equity oder indirekt als Fonds? Wie geht Ihr Unternehmen bei Investitionsentscheidungen vor?

Ich würde uns zwar nicht als Impact-Investoren bezeichnen, aber wenn man sich die Branchen und Unternehmen ansieht, in die wir investieren, ist unsere Strategie per Definition Impact-orientiert. Es dreht sich vieles um die Energiewende, um sauberes Wasser, den Zugang zu Wasser, aber auch um Recycling sowie Lösungen zur Beseitigung bzw. Vermeidung von Plastikmüll. Unsere Strategie berücksichtigt jeweils nicht nur die Branche, sondern auch das Entwicklungsstadium und den Standort der Unternehmen, in die wir investieren.

Da es in der Geschäftstätigkeit von Emerald in erster Linie um Risikokapital geht, konzentrieren wir uns tendenziell auf die frühe Expansionsphase von Unternehmen. Wenn wir ins Spiel kommen, haben sie in der Regel bereits bewiesen, dass ihre Technologie funktioniert, haben idealerweise bereits zwei oder drei Kunden gewonnen, sind aber noch nicht profitabel. Genau da setzen wir an: Wir helfen ihnen, die Kommerzialisierung voranzutreiben.

Geografisch sind wir weltweit tätig, doch die meisten unserer Investitionen tätigen wir in Nordamerika, Europa und Israel. Seit vier Jahren haben wir auch ein Büro in Singapur, das wir gerade ausbauen. Dennoch haben weder der Dealflow noch die Investitionsmöglichkeiten im Risikokapitalbereich in Asien schon dasselbe Niveau wie in Europa und Nordamerika erreicht.

Inwieweit spielt Good Governance bei Ihren Investitionsentscheidungen eine Rolle? Unterscheidet sich die Governance von Start-ups von der Governance etablierter Unternehmen?

Für uns bedeutet Good Governance die Umsetzung von bewährten Praktiken, selbst wenn das nur in einem ganz kleinen Rahmen erfolgt. Die Zusammensetzung eines Verwaltungsrats kann sich ändern, aber die Governance steht bereits fest und der Verlauf wird dokumentiert, während das Unternehmen weiter wächst. In einem Verwaltungsrat wollen wir ein gewisses Gleichgewicht zwischen Investoren und unabhängigen Mitgliedern erreichen. Und für die Vergütung und die Rechnungsprüfung setzen wir von Anfang an Ausschüsse ein.

Selbst ganz junge Unternehmen müssen ordentliche Verwaltungsratssitzungen abhalten. Dazu gehören nun mal Traktandenlisten, Unterlagen für die Verwaltungsratsmitglieder sowie Protokolle. Denn man weiss nie, wann das Unternehmen verkauft wird. Während des Exits wird der Käufer – oft ein grosser Konzern – prüfen, ob alles in Ordnung ist.

Das ist auch einer der Gründe, weswegen wir von Unternehmen Audits verlangen, obwohl das im Risikokapitalbereich nicht gerade üblich ist. Ein weiterer Grund ist, dass kleinere, oft weniger erfahrene Finanzteams so gezwungen werden, sich mit komplexen Themen wie Rechnungslegung nach Fertigstellungsgrad, Transfer Pricing und länderspezifischen Mehrwertsteuern zu befassen. Dieses Fachwissen holt man sich nämlich besser eher früher als später ins Haus.

Prof. Dr. Reto Eberle & Gina Domanig

Sollten Start-ups nicht auch mittelfristig Gewinne erzielen und einen positiven Cashflow generieren? 

Wie erklären Sie sich somit die Tatsache, dass einige (auch grosse) börsenkotierte Unternehmen zwar innovative Geschäftsmodelle haben, aber noch weit davon entfernt sind, Gewinne und einen positiven Cashflow zu erzielen? 

Machen Start-ups die traditionelle Unternehmensführung zunichte?

Unter dem Strich geht es immer um Geld. In unserem Geschäftsbereich verkaufen wir unsere Unternehmen meist an grosse Konzerne. Diese wollen keine defizitären Unternehmen übernehmen. Nun kann es sein, dass die Technologie eines Unternehmens für sie so wichtig – und strategisch so entscheidend – ist, dass sie bereit sind, etwas zu kaufen, das auf kurze Sicht Verluste einfährt. Aber sie wollen Perspektiven – sie wollen sehen, wie das Unternehmen profitabel werden kann.

In den USA haben bzw. hatten wir vor einigen Jahren die SPACs. Das war einfach verrückt. Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass die durchschnittliche SPAC mittlerweile 90 Prozent ihres Marktwerts verloren hat. Diese Unternehmen waren viel zu unreif, um jemals an die Börse zu gehen. Viele von ihnen gingen schliesslich Konkurs der wurden von der Börse zurückgezogen, weil sie zu lange unter 1 Dollar pro Aktie notierten. Ich glaube nach wie vor fest an den Cashflow, denn ich denke, dass die Menschen letztes Endes immer noch mit Bargeld und nicht mit Klicks

Wie sollte ein Verwaltungsrat das Thema Nachhaltigkeit angehen? Mit einem spezifischen Ausschuss oder als Gesamtgremium? 

Wie beurteilen Unternehmen die regulatorischen Entwicklungen im Allgemeinen?

Ich kann mir vorstellen, dass es am Anfang eine Task Force braucht, um Nachhaltigkeitsprozesse sowie entsprechende Verfahren und Strukturen im Unternehmen zu implementieren. Doch danach sollte man Nachhaltigkeit unternehmensweit konsistent verankern, denn sonst sendet man falsche Signale aus. Ausserdem braucht es nachhaltigkeitsbezogene Metriken. Meiner Meinung nach sollten sie als zusätzliche Parameter innerhalb der normalen betrieblichen Prozesse dienen und als Nachhaltigkeitskennzahlen dem Verwaltungsrat vorgelegt werden, so wie andere Kennzahlen auch – beispielsweise zur Rentabilität, zur Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden und zur Geschäftstätigkeit.

Was die Regulierung anbelangt, so denke ich, dass der Privatsektor Regulierungen oft begrüsst, weil sie die Wettbewerbsbedingungen verbessern. Unternehmen ergreifen viele freiwillige Massnahmen, und viele sind auf der Suche nach Innovationen. Genau aus diesem Grund kommen viele Investoren zu uns. Sie wollen ihren ökologischen Fussabdruck verkleinern oder ihr Unternehmen nachhaltiger machen. Da ist viel Positives im Gang.

Prof. Dr. Reto Eberle & Gina Domanig

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