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Zinsgeschäft verleiht Privatbanken in der Schweiz einen Schub

30. Oktober 2023

  • Die meisten Privatbanken erwirtschaften dank steigender Zinsen deutlich höhere Erträge.
  • Vor allem kleine Banken profitieren: ihr Bruttogewinn erreicht bereits im ersten Halbjahr 2023 fast das Niveau des gesamten Vorjahres.
  • Dadurch markante Reduktion des Kosten-Ertragsverhältnisses von 78 auf 67 Prozent.
  • Eigenkapitalrendite der Privatbanken in der Schweiz steigt von 5 auf fast 10 Prozent.
  • Kaum Bewegung im M&A-Markt: zwei Fusionen und Übernahmen im laufenden Jahr.

Das aktuelle Zinsumfeld führt zu einer markanten Verschiebung in der die Ertragsstruktur der Privatbanken in der Schweiz – weg vom Kommissionsgeschäft hin zum Zinsgeschäft. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den kleinen Banken: Trug ihr Kommissionsgeschäft 2021 noch mit 58% zum Gesamtertrag bei, ist deren Anteil im laufenden Jahr auf 41% gesunken, wogegen der Anteil der Zinserträge von 24% auf 41% zulegte. Dies zeigt die Halbjahresanalyse der Privatbanken-Studie von KPMG.

Ausserdem verzeichneten insbesondere die kleinen Privatbanken einen anteilmässigen Anstieg der Handelserträge. «Die zunehmenden Handelserträge sind in erster Linie auf verstärkte Devisengeschäfte zurückzuführen, da die Kundinnen und Kunden versuchen, von den höheren US-Dollar-Zinsen zu profitieren», erklärt Christian Hintermann, Bankenexperte bei KPMG Schweiz.

Bei den mittelgrossen und grossen Privatbanken ist der Anteil des Zinsertrags an den Gesamterträgen zwar ebenfalls gestiegen, aber weniger stark als bei den kleinen Instituten. Er beträgt bei den mittelgrossen Banken rund ein Drittel (2021: 16%), bei den grossen rund ein Viertel (2021: 13%).

Aufstieg der kleinen Banken

2023 war bisher insbesondere für die kleinen Privatbanken in der Schweiz ein äusserst erfolgreiches Jahr: deren Bruttogewinn erreichte fast das Niveau des Gesamtjahres 2022. Dabei haben sie vom aktuellen Zinsumfeld ausserordentlich profitiert und konnten ihre Eigenkapitalrendite von 3,9% in 2022 auf 10,7% in der ersten Jahreshälfte 2023 erhöhen. 

Dies widerspiegelt sich auch in ihrem Kosten-Ertragsverhältnis, das sich um beeindruckende 13,3 Prozentpunkte verbesserte, von 78,6% auf 65,3% (Median). Die mittelgrossen Privatbanken konnten ihr Kosten-Ertragsverhältnis um 7,4 Prozentpunkte senken (neu 74%), die Big 8, zu denen unter anderem Julius Bär, Pictet und Vontobel zählen, um 1,3 Prozentpunkte auf 67.3%.

Deutlicher Rückgang der M&A-Aktivitäten

Mit nur zwei Transaktionen in den ersten neun Monaten des Jahres (ohne Übernahme der CS durch die UBS) kamen Fusionen und Übernahmen im Segment der Privatbanken beinahe zum Erliegen. Reyl erwarb Carnegie Fund Services, einen Schweizer Fondsvertreter im Juni 2023, und die UBP erwarb Angel Japan Asset Management mit rund CHF 1,1 Mrd. an verwalteten Vermögen.

«Wir gehen davon aus, dass diese Situation bis Anfang 2024 anhalten wird», so Hintermann. «Momentan versuchen viele Banken von der Integration der Credit Suisse in die UBS zu profitieren, indem sie ihr Geschäft mit hiesigen Kundenberatern bzw. Teams verstärken. Für die Zukunft erwarten wir eine Erholung der M&A-Aktivitäten.»

Ausblick

«Wir rechnen mit Rekordergebnissen vor allem bei kleinen Banken, da sie weiterhin am deutlichsten von der dynamischen Zinssituation profitieren dürften», ist Hintermann überzeugt. «Trotzdem darf man nicht ausser Acht lassen, dass die negativeren Finanzmärkte, wie wir sie bisher in der zweiten Jahreshälfte gesehen haben, einen negativen Einfluss auf die verwalteten Vermögen und die Kommissionserträge, also das Kerngeschäft der Banken, haben dürften.»

Methodik

Im vorliegenden Privatbanken-Update untersuchte KPMG die Halbjahresresultate von 37 in der Schweiz tätigen Privatbanken. Dies entspricht 42% der Population von 89 Schweizer Privatbanken. Das vorliegende Update enthält keine Angaben zu verwalteten Vermögen (AuM) und Netto-Neugeldern (NNM).

Unsere Analyse umfasst 75 % der Big 8 Banken (AuM > 100 Mrd. CHF), 52 % der mittleren Banken (AuM 10-100 Mrd. CHF) und 32 % der kleinen Banken (AuM < 10 Mrd. CHF). Die Ergebnisse der 37 Banken stehen 73 Banken in unserem Clarity on Swiss Private Banks 2022 gegenüber. In unserer Stichprobe von 37 Banken fehlen viele der schwachen Performer des Jahres 2022, da sie ihre Halbjahresergebnisse für 2023 nicht veröffentlicht haben. Unsere Analyse schliesst auch UBS, Credit Suisse und Banken in Liquidation aus.

Zu den Big 8 zählen Edmond de Rothschild, EFG, J. Safra Sarasin, Julius Bär, Lombard Odier, Pictet, UBP und Vontobel, wobei Lombard Odier und Edmond de Rothschild in der Analyse nicht inkludiert wurden, da keine Halbjahreszahlen vorliegen.

Dominik Weber
Dominik Weber

Leiter externe Kommunikation

KPMG Switzerland