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Kanton Bern: Steuerlich attraktiv durch STAF-Massnahmen

24-08-2023
Mit dem Sonderabzug für Forschung und Entwicklung sowie der Patentbox kann die Gewinnsteuerlast im Kanton Bern deutlich gesenkt werden

Ordentlicher Gewinnsteuersatz

Mit einem Gewinnsteuersatz von 21% belegt der Kanton Bern auch im Jahr 2023 im Vergleich der Kantone den letzten Platz und liegt damit satte 6.4% über dem Schweizer Durchschnitt. Aus Berner Sicht ist insbesondere massgeblich, dass nicht nur die Kantone der Zentralschweiz weit tiefere Gewinnsteuersätze von rund 12% haben, sondern auch direkte Nachbarn wie bspw. Freiburg und Solothurn deutlich tiefere Gewinnsteuern kennen. 

Frank Roth

Partner, Leiter Steuerabteilung Bern

KPMG Switzerland

Möglichkeit der Reduktion

Wesentlich attraktiver wird der Kanton Bern, wenn man die minimalen Steuersätze der Kantone vergleicht. Diese werden erreicht, wenn ein Unternehmen die Massnahmen der Steuerreform und der AHV-Finanzierung (STAF-Massnahmen) wie bspw. Sonderabzug für Forschung und Entwicklung sowie Patentbox maximal ausschöpfen kann. Hier rücken die Gewinnsteuersätze der Kantone näher zusammen, weil insbesondere Hochsteuerkantone eine umfangreichere Entlastung durch die STAF-Instrumente zulassen, während die Tiefsteuerkantone oft eher eingeschränkt Abzüge gewähren. Der Kanton Bern gewährt grösstmögliche Abzüge mit dem Ergebnis, dass der Gewinnsteuersatz von 21% um ganze 8.8% auf attraktive 12.2% gesenkt werden kann (unter Berücksichtigung der Entlastungsbegrenzung von 70%). Damit liegt der minimale Gewinnsteuersatz nur leicht über dem Schweizer Durchschnitt von 11%. Wie sich seit ihrer Einführung im Jahr 2020 gezeigt hat, können diese Massnahmen nicht nur für grosse international tätige Gruppen, sondern insbesondere auch für KMU’s äusserst interessant sein.

Sonderabzug für Forschung und Entwicklung

Der Sonderabzug für Forschung und Entwicklung (F&E) ermöglicht es den Unternehmen im Kanton Bern, ihren inländischen Forschungs- und Entwicklungsaufwand auf Antrag mit 150 Prozent steuerlich geltend zu machen. Wesentliches Kriterium für die Anwendung dieses Sonderabzugs ist die Ausübung einer innovativen Tätigkeit, welche die Grundlagenforschung, die anwendungsorientierte Forschung als auch die wissenschaftsbasierte Innovation umfasst. Diese Tätigkeit kann von einer F&E Abteilung ausgehen, aber auch von einzelnen Mitarbeitern, die ganz oder auch nur teilweise in der Forschung und/oder Entwicklung tätig sind. Entsprechend weit ist der Anwendungsbereich dieser STAF-Massnahme. 

Patentbox

Das zweite attraktive STAF-Instrument ist die Patentbox. Für den Patentboxgewinn sieht der Kanton Bern eine Ermässigung von 90% vor; somit unterliegen lediglich 10% des Patentboxgewinns der Besteuerung. Erwähnenswert ist zudem, dass der Kanton Bern im Vergleich zu anderen Kantonen eine sehr attraktive Lösung für den Patentboxeintritt vorsieht. Beim Eintritt in die Patentbox wird auf 70% der kumulierten F&E-Kosten der letzten 10 Jahre (inkl. allfälliger Sonderabzug für Forschung und Entwicklung) ein einfacher Steuersatz von nur 0.5% angewandt. Entsprechend gering sind die Steuerfolgen eines Eintritts. Die Geltendmachung der Patentbox bedingt insbesondere ein Patent (oder vergleichbares Recht) auf einem Produkt oder einem Verfahren. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Patentbox jeweils basierend auf einem Patent geltend gemacht wird. Die vergleichbaren Rechte wie bspw. ergänzende Schutzzertifikate oder Sortenschutzrechte haben eine untergeordnete Bedeutung.

Anwendung der STAF-Massnahmen

Die Anwendung beider Massnahmen setzt einen gewissen Initialaufwand voraus. So müssen beim F&E Sonderabzug die qualifizierenden Aufwendungen eruiert und dokumentiert werden. Bei der Patentbox gilt es die Patentbox zu bestimmen und deren Gewinn zu berechnen. In Anbetracht dessen, dass der Gewinnsteuersatz massiv gesenkt und dieser Vorteil jährlich geltend gemacht werden kann, lohnt sich der Aufwand in den allermeisten Fällen. Dies selbst dann, wenn der Gewinnsteuersatz nur teilweise gesenkt wird. 

Empfehlung

Aus der Antwort des Regierungsrates auf eine Anfrage in der Herbstsession 2022 ging hervor, dass lediglich 166 (2020) resp. 180 (2021) Unternehmen eine STAF-Massnahme geltend gemacht haben. Das Potential scheint bei Weitem noch nicht ausgeschöpft zu sein. Entsprechend empfehle ich allen Unternehmungen, zu prüfen, ob und wenn ja in welchem Umfang die STAF-Massnahmen geltend gemacht werden können. Hierbei gilt es zu erwähnen, dass diese Massnahmen nicht nur juristischen Personen wie AGs und GmbHs, sondern auch selbständig Erwerbenden (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) zur Verfügung stehen.