• Adrian Tüscher, Partner |

Kurzarbeit zufolge Covid-19: Viele Unternehmen kämpfen derzeit mit einer rückläufigen Auftragslage, einige müssen den Betrieb gar schliessen. Ein vereinfachter Zugang zur Kurzarbeitsentschädigung soll helfen. Wie sieht dieser aus? Und welche praktischen Fragen stellen sich bei der Einführung?

Die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) ist ein zentrales Instrument, um Arbeitsausfälle aufgrund der Coronakrise zu überbrücken.

Der Arbeitgeber ist mangels Rückwirkung der KAE gut beraten, diese sobald wie möglich zu beantragen, muss aber gleichzeitig die korrekte Handhabung sicherstellen, andernfalls er riskiert, keine Entschädigungen zu erhalten oder Vorschüsse rückerstatten zu müssen. Trotz vieler krisenbedingter Erleichterungen bei der Beantragung, steckt der Teufel jedoch im Detail.

Die nachstehenden Ausführungen berücksichtigen die Rechtslage bis 31. März 2020 – die aufgrund der Coronakrise beschlossenen Erleichterungen sind nachfolgend jeweils mit "NEU" bezeichnet.

Was ist neu – auf einen Blick:

  • Die Frist zur Voranmeldung für KAE wurde aufgehoben;
  • Bewilligungsdauer für KAE beträgt neu 6 anstatt 3 Monate;
  • Die Karenzfrist entfällt – der Arbeitgeber muss sich also an den Arbeitsausfällen nicht beteiligen;
  • TemporärmitarbeiterInnen, Arbeitnehmende in befristeten Arbeitsverhältnissen, Lehrlinge, Personen in arbeitgeberähnlichen Stellungen (Gesellschafter, Geschäftsinhaber usw.) haben Anspruch auf KAE;
  • Der Arbeitgeber kann neu die Bevorschussung der KAE verlangen;
  • Es wurden aktuelle Formulare und Unterlagen spezifisch im Zusammenhang mit der Covid-Krise zur Verfügung gestellt (Voranmeldung Kurzarbeit, Formular 716.300, Zustimmung zur Kurzarbeit, Formular 716.315, Antrag und Abrechnung von Kurzarbeitsentschädigung (ausserordentliches Formular, Excel-Datei), Online-Rechner Kurzarbeitsentschädigung).
  • Zwischenbeschäftigungen werden nicht mehr an die KAE angerechnet (d.h. das zusätzlich Einkommen aus einer Zwischenbeschäftigung hat keinen Einfluss auf die KAE).
  • Angestellte auf Abruf (auch wenn deren Arbeitspensum um mehr als 20% schwankt) haben Anspruch auf KAE, falls sie seit mindestens 6 Monaten beim gleichen Unternehmen angestellt sind.
  • Die maximale Bezugsdauer von 4 Monaten für KAE bei einem Arbeitsausfall von mehr als 85% wurde aufgehoben.

KAE – Antworten auf die häufigsten Fragen in der Praxis

Was sind die Voraussetzungen für einen Antrag auf Kurzarbeitsentschädigung?

Der Arbeitsausfall muss mindestens 10% der gesamten Arbeitsstunden des betroffenen Betriebs oder Betriebsabteilung betragen und er muss auf die derzeitige Covid-Krise zurückzuführen sein.

Können wir Kurzarbeitsentschädigung für einzelne Abteilungen unseres Betriebs beantragen?

Kurzarbeitsentschädigung kann auch nur für einzelne sogenannte "Betriebsabteilungen" beantragt werden. Dabei handelt es sich typischerweise um eine organisatorische Einheit innerhalb des Betriebs, die unter selbständiger Leitung steht oder Leistungen erbringt, die auch durch selbständige Betriebe erstellt und auf dem Markt angeboten werden könnten.

Z.B. können Baustellen oder Geschäftsfilialen eine solche Betriebsabteilung sein – es empfiehlt sich aber eine jeweilige Abklärung des konkreten Einzelfalls.

Wer hat Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung?

Arbeitnehmende, die Beiträge an die Arbeitslosenversicherung abliefern resp. die obligatorische Schulzeit zurückgelegt, aber das Rentenalter noch nicht erreicht haben (d.h. auch Stundenlöhner und Teilzeitmitarbeitende).

NEU haben auch Arbeitnehmende in befristeten Arbeitsverhältnissen, in Lehrverhältnissen, Temporärarbeiter, Arbeitnehmende auf Abruf sowie Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung wie z.B. der Gesellschafter einer GmbH oder Einzelunternehmer sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten resp. eingetragene Partner Anspruch auf KAE. Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung sowie für mitarbeitende Ehegatten wird eine Pauschale von CHF 3‘320.00 für eine Vollzeitstelle ausgerichtet.

Wer hat keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung?

Nach wie vor keinen Anspruch auf KAE haben Arbeitnehmende in gekündigten Arbeitsverhältnissen, Arbeitnehmende, die mit der Kurzarbeit nicht einverstanden sind oder deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar ist (z.B. weil kein Zeiterfassungssystem existiert oder weil sie Vertrauensarbeitszeit haben.

Wir wollen KAE beantragen – wie müssen wir vorgehen?

Erster zwingender Schritt ist die Voranmeldung durch den Arbeitgeber mittels amtliches Formular beim zuständigen kantonalen Amt. Das Formular wurde spezifisch für die Covid-Krise angepasst und vereinfacht (Voranmeldung Kurzarbeit, Formular 716.300). Der Kausalzusammenhang zwischen der Covid-Krise und dem Rückgang der Arbeitsstunden ist kurz zu begründen.

Bei mehreren Filialen oder Betriebsstätten erfolgt die Voranmeldung grundsätzlich bei der für den Hauptsitz verantwortlichen kantonalen Behörde.

NEU wurde die Meldefrist zur Voranmeldung aufgehoben; eine rückwirkende Beantragung von KAE ist aber nach wie vor nicht möglich.

Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit einseitig anordnen?

Nein, die Arbeitnehmenden müssen der Kurzarbeit respektive KAE zustimmen.

Das Formular "Zustimmung zur Kurzarbeit" muss neu aber nicht mehr bereits mit der Voranmeldung eingereicht werden, sondern es reicht die Bestätigung des Arbeitgebers auf der Voranmeldung, dass die Arbeitnehmenden mit der Kurzarbeit einverstanden sind. Die Einverständniserklärungen der einzelnen Arbeitnehmenden sind aber spätestens mit der Abrechnung bei der Arbeitslosenkasse nachzureichen. Soweit Arbeitnehmende nicht zustimmen, müssen sie grundsätzlich weiter die uneingeschränkte Arbeitsleistung anbieten und riskieren schlimmstenfalls eine ordentliche Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen.

Welchen Lohn muss ich als Arbeitgeber auszahlen und wer bezahlt die Kurzarbeitsentschädigung?

Der Arbeitgeber muss den Lohn zum normalen Zeitpunkt bezahlen. Die kurzarbeitsbedingten Ausfallstunden sind zu 80% des Lohnes zu bezahlen, die geleisteten Stunden zu 100%. Den Arbeitgeber trifft damit grundsätzlich eine Vorschusspflicht. Die Arbeitslosenversicherung vergütet dem Arbeitgeber im Nachhinein 80% der Ausfallstunden. Der Arbeitgeber hat nach wie vor sämtliche vertraglichen und gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge auf Basis des vollen Lohns abzuziehen. Der Arbeitgeber erhält seinen Beitrag an AHV/IV/EO und ALV ebenfalls zurückerstattet, nicht aber die Arbeitnehmenden.

NEU kann der Arbeitgeber die Auszahlung von KAE verlangen, ohne dass er diese vorzuschiessen hat. Damit soll die pünktliche Bezahlung auch bei Liquiditätsengpässen ermöglicht werden. Ausserdem entfällt die Beteiligung des Arbeitgebers an den Arbeitsausfällen, d.h. es besteht für den Arbeitgeber keine Karenzfrist mehr.

Müssen Gleitzeitsaldi, Mehrstunden- und Ferienguthaben zwingend abgebaut werden?

Bislang mussten Mehrstundenguthaben (d.h. Überstunden sowie Überzeit) abgebaut werden, um für KAE anspruchsberechtigt sein zu können, nicht hingegen Ferienguthaben.

NEU ist nicht mehr erforderlich, dass zunächst Mehrstunden abgebaut werden müssen. Gleiches gilt für Plusstunden aufgrund eines geltenden Gleitzeitsystems. Solche Plusstunden sind ebenfalls nicht abzubauen.

Was gilt, wenn Arbeitnehmende mehr als der maximal versicherte Lohn von CHF 148‘200.00 im Jahr verdienen?

Die KAE beträgt 80% des anrechenbaren Verdienstausfalls von max. CHF 148‘200.00, d.h. CHF 12‘350 monatlich. Wenn für Arbeitnehmende, welche mehr als brutto CHF 12‘350 pro Monat verdienen, KAE beantragt wird, hat der Arbeitgeber den Anteil des Lohns, welcher CHF 12‘350 übersteigt (d.h. nicht versichert ist), zu 100% auszubezahlen (nicht etwa nur 80% des CHF 12‘350 übersteigenden Lohns).

Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient monatlich brutto CHF 15‘000 (inkl. 13. Monatslohn) und arbeitet in einem 100% Pensum. Wird für diesen Arbeitnehmer 50% Kurzarbeit eingeführt, besteht die KAE aus 80% von 50% des versicherten Lohns in Höhe von monatlich CHF 12‘350 (d.h. 80% von CHF 6‘175). Die KAE beträgt somit CHF 4‘940. Der nicht versicherte Teil des Lohnes, welcher auf die 50% Kurzarbeit entfällt, hat der Arbeitgeber zu 100% zu bezahlen. In unserem Beispiel sind dies CHF 1‘325 (CHF 7‘500 – CHF 6‘175). Der Arbeitnehmer hat demnach Anspruch auf insgesamt brutto CHF 13‘765 (CHF 7‘500 + CHF 4‘940 + CHF 1‘325).

Wie steht es mit Ferien und anderen Abwesenheiten während der Kurzarbeit?

Arbeitnehmende dürfen während der Kurzarbeit Ferien beziehen, der Arbeitgeber muss jedoch 100% des Lohnes für diese Tage selber bezahlen. Auch andere Absenzen wie beispielsweise aufgrund von Krankheit, Unfall oder Mutterschaft müssen vom Arbeitgeber vergütet werden, resp. durch die entsprechende Versicherung. Auch hier darf keine Abrechnung über die Kurzarbeit stattfinden.

Sind aus dem Ausland in die Schweiz entsandte Arbeitnehmende KAE anspruchsberechtigt?

In aller Regel sind solche entsandten Arbeitnehmende nicht KAE anspruchsberechtigt. Dies deshalb, weil sie die Voraussetzung der Zahlung von ALV-Beiträgen nicht erfüllen. Eine Ausnahme gilt allenfalls für Entsandte aus Ländern, mit den die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen unterhält und die daher auf Entsendung in die Schweizer Sozialversicherungen einzahlen.

Lesen Sie die aktuelle Version hier: Kurzarbeit – was ist neu?

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