16-08-2023
Hersteller und Importeure von Elektrofahrzeugen müssen die Steuer korrekt deklarieren.
Neu bald auch 4% Automobilsteuer für Elektrofahrzeuge?
Eine Anpassung der AStV führt dazu, dass Importeure und Hersteller von Elektrofahrzeugen neu ebenfalls der Automobilsteuer von 4% unterliegen. Im Zusammenhang mit dem Abliefern und Deklarieren der Steuer müssen allerdings einige Knackpunkte (z.B. nachträgliche Erhöhung des Entgelts) beachtet werden.
Neu bald auch 4% Automobilsteuer für Elektrofahrzeuge?
Zur Förderung der Elektromobilität hatte der Bundesrat bis anhin von der im Automobilsteuergesetz (Art. 12 Abs. 1 AStG) festgehaltenen Möglichkeit gebraucht gemacht und die Elektro-Automobile von der Automobilsteuer von 4% befreit. Die in der Automobilsteuerverordnung (AStV) ausformulierten Steuerbefreiungen für importierte und in der Schweiz hergestellte Elektro-Automobile sollen nun aber per 1. Januar 2024 aufgehoben werden.
Am 12. Juli 2023 lief die Vernehmlassung für die Änderung der Verordnung ab. Es ist davon auszugehen, dass die angepasste Verordnung nach der Sichtung der Rückmeldungen in Kraft treten wird. Importeure oder Hersteller von Elektrofahrzeugen müssen also neu nicht nur die 4% Automobilsteuer einpreisen, sondern sie müssen sich auch mit einigen Knacknüssen rund um die Deklaration auseinandersetzen. Wie wirken sich Functions on Demand als nachträgliche Wertsteigerung oder Transfer Price Adjustments auf die Automobilsteuer aus? Im Folgenden wird auf einige essenzielle Punkte eingegangen.
Karin Schilter
Expert,Indirect Tax
KPMG Switzerland
1. Deklaration der Automobilsteuer
Der Automobilsteuer von aktuell 4% unterliegen Fahrzeuge von nicht mehr als 1600 kg, die entweder in die Schweiz eingeführt werden oder in der Schweiz hergestellt werden. Zuständig für die Erhebung der Automobilsteuer ist das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit («BAZG»), es handelt sich jedoch um eine Selbstveranlagungssteuer. Sie muss wie folgt veranlagt werden:
- Einfuhr: Importeur und somit Steuerschuldner ist, wer das Automobil auf eigene Rechnung ins schweizerische Zollgebiet einführt oder einführen lässt. Bei der Zollanmeldung muss die Zolltarifnummer des Fahrzeugs, wie auch die Bemessungsgrundlage angegeben werden. Die Abgaben werden von der jeweiligen Zollstelle fakturiert. Da die Abgaben für die Automobilsteuer ähnlichen Vorschriften unterliegen wie die Forderungen für die Zollschuld, wird die bezahlte Automobilsteuer auf der Veranlagungsverfügung als Zoll ausgewiesen.
- Herstellung in der Schweiz: Steuerpflichtig ist die Person, auf deren Rechnung und Gefahr ein Automobil hergestellt wird (=Hersteller). Gewerbsmässige Hersteller von Automobilen müssen sich beim BAZG registrieren (Form 54.15). Das BAZG teilt dem Hersteller daraufhin eine Steuernummer und eine Dienststelle zu. Registrierte, steuerpflichtige Personen müssen der zuständigen Dienststelle vierteljährlich bis zum 15. des Folgemonats eine Meldung mit Formular 54.10 erstatten.
Die Bemessungsgrundlage für die Automobilsteuer entspricht grundsätzlich derjenigen der Mehrwertsteuer. Bei Veräusserungs- oder Kommissionsgeschäften ist das vereinbarte Entgelt die Grundlage. In allen anderen Fällen wird der Marktwert herangezogen. Wird das Fahrzeug importiert, gehören Zollabgaben und Nebenkosten (Fracht usw.) bis zum ersten inländischen Bestimmungsort ebenfalls zur Bemessungsgrundlage. Die Einfuhrsteuer bzw. die Inlandsteuer bei der Herstellung in der Schweiz gehören nicht zur Bemessungsgrundlage.
2. Nachforderungen der Automobilsteuer
Wenn sich das Entgelt eines Automobils innerhalb eines Jahres ändert, wird gemäss Art. 2 AStV der zu niedrig festgesetzte Steuerbetrag nachgefordert oder der zu hoch festgesetzte Steuerbetrag rückerstattet. Wenn zwischen dem besteuerten Automobil und der Entgeltsminderung oder -erhöhung ein direkter Zusammenhang besteht, muss die Änderung deklariert werden.
Häufige Gründe für eine nachträgliche Änderung des Entgelts:
- Functions on Demand («FoD»): Nach dem Verkauf des Automobils werden verschiedene Funktionen (z.B. Parkhilfe, zusätzliche PS, etc.) freigeschaltet. Die dafür notwendige Hardware war bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs im Fahrzeug verbaut, jedoch noch nicht freigeschaltet. Das Gewicht und damit die Basis für die Erhebung der Zollabgaben verändert sich dadurch nicht. Das Entgelt und damit die Basis für die Automobilsteuer ändert sich hingegen. Solche FoD können wahlweise temporär oder unbegrenzt aktiviert werden. Wenn diese innerhalb eines Jahres nach der Herstellung in der Schweiz oder nach dem Import freigeschaltet werden, erhöht sich das Entgelt respektive die Bemessungsgrundlage.
- Transfer Price Adjustments: Zwischen verbundenen Unternehmen im Konzernzusammenhang werden fremdübliche Verrechnungspreise für Lieferungen und Leistungen häufig auf Grundlage der transaktionsbezogenen Nettomargen-Methode («TNMM») ermittelt und verteidigt. Dabei werden die Verrechnungspreise für Automobile, die durch das ausländische Mutterhaus an ein ihr verbundenes Schweizer Vertriebsunternehmen verkauft werden, so gesetzt, dass bei der Tochtergesellschaft innerhalb des Steuerjahres eine Nettomarge (operatives Ergebnis) erzielt wird, die innerhalb einer fremdüblichen Bandbreite liegt. Die Verrechnungspreise für Einzelfahrzeuge werden dabei meist basierend auf Budgetzahlen festgelegt. Das tatsächliche operative Ergebnis der Schweizer Vertriebsgesellschaft kann jedoch aufgrund einer Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren ausserhalb dieser Bandbreite fallen. Aus diesem Grund führen viele multinationale Konzerne sogenannte Jahresendanpassungen («Transfer Pricing Adjustments») durch. Durch diese Transfer Pricing Adjustments werden die Preise der importierten Fahrzeuge nachträglich korrigiert, um die lokal erzielte operative Marge in den gewünschten Bereich zu bringen. Je nach Ausgestaltung der Transfer Price Adjustments im Detail kann diese eine Anpassung des Entgelts im Sinne des AStV nach sich ziehen.
Transfer Price Adjustments werden in der Praxis aus Gründen der administrativen Vereinfachung häufig durch pauschale Umsatzgutschriften oder Belastungen durchgeführt. Dabei werden durch die Muttergesellschaft pauschale «Credit Notes / Debit Notes» ausgestellt, die bei der Schweizer Tochtergesellschaft ergebniswirksam verbucht werden. Solche Umsatzgutschriften oder -belastungen betreffen aufgrund ihres pauschalen Charakters damit möglicherweise aber auch Lieferungen und Leistungen von Waren, die nicht der Automobilsteuer unterliegen. Der Gesetzgeber sieht deshalb bei pauschalen Transfer Pricing Adjustments grundsätzlich keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Anpassung und einer Änderung des Entgelts für das individuell importierte Automobil.
Gemäss Praxis können nachträgliche Änderungen während 10 Jahren an die zuständige Stelle (Zoll Nord, Elisabethenstrasse 31, Postfach 149, 4010 Basel) gemeldet werden. Bei verspäteter Zahlung wird allerdings ein Verzugszins geschuldet (Art. 17 para. 3 AStG).
3. Potenzielle Knackpunkte
- Functions on Demand: Aus der Perspektive der Automobilsteuer ist der ursprüngliche Steuerpflichtige für die Nachdeklaration im Falle einer Änderung des Entgelts verantwortlich. D.h. während einem Jahr nach dem Import des Fahrzeuges bzw. bei in der Schweiz hergestellten Automobilen während einem Jahr nach dem Verkauf, müsste beobachtet werden, ob der Wert durch den Kauf solcher FoD nachträglich gesteigert und zusätzliche Automobilsteuer geschuldet ist. Je nachdem ob der Schweizer Verkäufer oder das Mutterhaus die FoD im Ausland verkaufen, braucht es hier zusätzliche Massnahmen, um den Wert des Automobils nach dem Verkauf überwachen zu können.
- Detailgrad der nachträglichen Deklaration aufgrund Transfer Pricing Adjustments: Eine deklarationspflichtige Änderung muss dem BAZG mit dem Formular 54.40 gemeldet werden. Falls aufgrund eines Transfer Pricing Adjustments eine Minderung des Entgelts (d.h. eine Zahlung in die Schweiz wird hier als Aufwandminderung verbucht und führt zu einem höheren lokalen Gewinn) deklariert und eine Rückerstattung zu viel bezahlter Automobilsteuer geltend gemacht werden soll, obliegt es dem Steuerpflichtigen, mithilfe geeigneter Verrechnungspreisdokumentation etc. im Detail nachzuweisen, dass ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne des AStG gegeben ist. Eine nachträgliche Erhöhung des Transferpreises (d.h. Zahlung aus der Schweiz als Aufwand gebucht mit gewinnmindernder Wirkung) unterliegt den 4% automatisch. Zusätzlich müssen vom Steuerpflichtigen Belege eingereicht werden, welche die Änderung des Entgelts nachweisen und nachvollziehbar machen. Diese Dokumentation umfasst im KPMG-Verständnis folgende Unterlagen:
- Zugrundeliegende Intercompany Agreement, das die Verrechnungspreismechanik sowie allfällige Anpassungsmechaniken detailliert («Transferpreisabkommen»);
- Dokumentation, dass die Verrechnungspreismechanik dem Fremdüblichkeitsprinzip auf Basis der geltenden Verrechnungspreisrichtlinien der OECD genügt (Verrechnungspreisdokumentation);
- Dokumentation, die aufzeigt, dass das Transfer Pricing Adjustment als Basis der Entgeltänderung einen unmittelbaren Fahrzeugbezug hat und sonstige im Sinne des AStG unzulässigen Minderungsgründe nicht in die Berechnung eingeflossen sind;
- Weitere detaillierte Beilagen zum Formular 54.40
Dies dürfte sich insbesondere bei Verrechnungspreissystemen, die pauschale Transfer Pricing Adjustments vorsehen, in der Praxis schwierig gestalten.
Abschaffung der Industriezölle per 1. Januar 2024
Per 1. Januar 2024 werden die Schweizer Industriezölle (alle Güter mit Ausnahme von Agrarprodukten und Fischereierzeugnissen) aufgehoben. Dementsprechend wird auch für Automobile (Tarifnummer Kategorie 87) ab nächstem Jahr kein Zoll mehr anfallen.
Aktuell fallen für Elektrofahrzeuge zwischen CHF 12 und CHF 15 pro 100 kg an (z.B. für ein Fahrzeug aus den USA; wenn hingegen ein präferentieller Ursprung in FTA-Staaten, inkl. China und Japan geltend gemacht werden kann, liegen die Zollabgaben bei CHF 0). Bei einem Auto von 2.5 Tonnen sind das zwischen CHF 300 und CHF 375 Zollabgaben.
Die Automobilsteuer von 4% auf ein Fahrzeug mit einem Wert von CHF 50'000 beträgt CHF 2'000. Finanziell gesehen hat die Einführung der Automobilsteuer von 4% für Elektrofahrzeuge eine grössere Tragweite als die Abschaffung der Industriezölle.