• Therese Amstutz, Director |

Die in den letzten Monaten bei der UEK anhängig gemachten Verfahren betrafen namentlich Fragestellungen zum Vorliegen eines öffentlichen Kaufangebots (Definitionsmerkmal der Öffentlichkeit), zum Handeln in gemeinsamer Absprache, zur Voranmeldung, zur Best Price Rule, zur Transaktionsmeldepflicht und zur Pflicht zur Unterbreitung einer Baralternative sowie auch zu einigen übernahmerechtlichen Vorgaben an den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft.

In diesem Blog-Beitrag in Verbindung mit einem ausführlichen Artikel werden einige Aspekte aus den entsprechenden Verfügungen näher erläutert.

Wann liegt ein öffentliches Kaufangebot vor?

Ein Angebot zum Kauf oder Tausch von Beteiligungspapieren, das sich öffentlich an die Inhaber dieser Beteiligungspapiere richtet, welche mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert bzw. hauptkotiert sind, unterliegt grundsätzlich den Vorschriften zum Übernahmerecht. Als "öffentlich" gilt ein solches Angebot, wenn es in öffentlich zugänglichen Medien publiziert wird oder – bei anderweitiger Verbreitung – der Adressatenkreis so gross ist, dass keine Möglichkeit zur Koordination des Verhaltens unter den Adressaten mehr besteht. In früheren Fällen hatte die UEK nicht öffentlich publizierte, direkt unterbreitete Angebote an 80 bzw. 64 bis 87 Empfänger dem Übernahmerecht unterstellt.

Bei einer geplanten, nicht in öffentlich zugänglichen Medien zu publizierenden Offerte einer Gesellschaft an ihre 31 Namenaktionäre zum Umtausch der nicht kotierten Namenaktien in kotierte Inhaberaktien erachtete die UEK im Februar 2020 hingegen die Voraussetzungen für ein öffentliches Kaufangebot aufgrund der geringen Anzahl Angebotsempfänger und deren Möglichkeit, sich untereinander zu koordinieren, nicht als gegeben.

Fragen zu Handeln in gemeinsamer Absprache bei Anlagestiftung und öffentlicher Hand

In zwei weiteren Verfügungen befasste sich die UEK mit der Frage, ob besondere Beziehungen zum Anbieter ein Handeln in gemeinsamer Absprache mit diesem bewirkte. Im einen Fall ging es um einen Kanton als Inhaber des Dotationskapitals einer als Anbieterin auftretenden Kantonalbank und im anderen Fall um eine Grossbank, deren Anlagestiftung als Anbieterin fungierte. Die UEK verneinte in beiden Fällen ein Handeln in gemeinsamer Absprache und zwar mangels Einflussnahme auf die Anbieterin im konkreten Fall (Kanton auf Kantonalbank) bzw. mangels gesetzlicher und statutarische Grundlagen für eine solche Einflussnahme (Grossbank auf Anlagestiftung).

Bedeutung von Andienungs- und Stimmbindungsverpflichtungen für das Handeln in gemeinsamer Absprache

Die UEK verfeinerte sodann ihre Praxis zu den Andienungsverpflichtungen von Aktionären der Zielgesellschaft gegenüber dem Anbieter. Demnach machen solche Vereinbarungen die Aktionäre noch nicht zu Personen in gemeinsamer Absprache, sofern sie ihr Verhalten im Übrigen nicht mit dem Anbieter koordinieren oder sonst auf das Angebot Einfluss nehmen. Eine solche Koordination bzw. Einflussnahme liegt nach Auffassung der UEK auch dann nicht vor, wenn sich der Aktionär gegenüber dem Anbieter zusätzlich verpflichtet, während der Best Price Rule keine Aktien der Zielgesellschaft zu erwerben.

Im Zusammenhang mit dem Handeln in gemeinsamer Absprache im Sinne der Angebotspflicht führte die UEK aus, eine blosse Stimmbindungsvereinbarung betreffend die Vertretung im Verwaltungsrat der Zielgesellschaft stelle noch nicht zwingend eine gemeinsame Absprache zu deren Beherrschung dar.

Mängel bei der Voranmeldung

Anbieter können ihr öffentliches Kaufangebot vor Publikation des Prospekts voranmelden. Der Zeitpunkt der Voranmeldung ist einerseits massgebend für den Beginn diverser Pflichten des Anbieters – namentlich die Meldepflicht und die Best Price Rule –, andererseits aber auch für das "Einfrieren" des Mindestpreises sowie das Verbot bestimmter Abwehrmassnahmen der Zielgesellschaft. Bei nicht ordnungsgemässer Veröffentlichung der Voranmeldung gelten die den Anbieter belastenden Wirkungen, d.h. die genannten Pflichten, sofort, während die für ihn nützlichen Effekte des "Einfrierens" des Mindestpreises und des Verbots bestimmter Abwehrmassnahmen der Zielgesellschaft erst mit der ordnungsgemässen Publikation wirksam werden.

In zwei Fällen hatte die UEK Gelegenheit, ihre Praxis zu Mängeln bei der Voranmeldung weiterzuentwickeln. Im einen Fall kam sie zum Schluss, dass eine aus technischen Gründen um eine knappe halbe Stunde verspätete Publikation der Voranmeldung deren Wirkung nicht beeinträchtigte. Im anderen Fall qualifizierte sie eine Pressemitteilung zu einem geplanten Kaufangebot trotz Angabe des Preises nicht als Voranmeldung, deutete aber eine Verschärfung der diesbezüglichen Praxis an.

(Keine) Anwendbarkeit der Best Price Rule auf nicht kotierte, nicht vom Angebot erfasste Titel bzw. auf während der Geltungsdauer der Best Price Rule neu ausgegebene Titel

Die UEK bestätigte sodann in einer Verfügung die Anwendbarkeit der Best Price Rule auch auf nicht kotierte, nicht vom Angebot erfasste Titel, allerdings gelte dies nur einseitig, zum Schutz der Inhaber der kotierten, vom Angebot erfassten Titel. Im Weiteren hielt die UEK fest, die Best Price Rule sei nicht auf Aktien anwendbar, welche die Zielgesellschaft zwar nach Vollzug des Angebots, aber noch während der Geltungsdauer der Regel an eine mit dem Anbieter in gemeinsamer Absprache handelnde Person neu ausgibt.

Anwendbarkeit von Best Price Rule auf Ausgleichszahlung in Barabfindungsfusion

In einem weiteren Entscheid hat die UEK klargestellt, dass ein Urteil auf Entrichtung einer Ausgleichszahlung gemäss Art. 105 FusG bei einer Barabfindungsfusion der Zielgesellschaft in den Anbieter dazu führen würde, dass allen Angebotsempfängern der sich daraus ergebende höhere Preis zu zahlen sei, sofern der Fusionsvertrag während der Dauer der Best Price Rule unterzeichnet wurde.

(Keine) Ausnahme von Best Price Rule für Deckungskäufe bzw. Barabgeltungen i.Z.m. Mitarbeiterbeteiligungsplänen

Sodann bejahte die UEK die Frage, ob Deckungskäufe von eigenen Aktien durch die Zielgesellschaft zwecks Erfüllung von Pflichten aus einem Mitarbeiterbeteiligungsplan von der Best Price Rule ausgenommen werden könnten, da die Zielgesellschaft aus ökonomischen bzw. rechtlichen Gründen gezwungen sei, solche Deckungskäufe zu tätigen und die Pläne im Zusammenhang mit dem Angebot nicht geändert habe. Die UEK verneinte jedoch eine Ausnahme von der Best Price Rule bei der Barabgeltung von Planansprüchen, da eine Barabgeltung stets im Einklang mit dieser Regel erbracht werden könne.

(Keine) Ausnahme von Baralternative-Pflicht bei Deckungskäufen bzw. Barabgeltungen i.Z.m. Mitarbeiterbeteiligungsplänen

Falls der Anbieter oder eine mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnde Person in einem freiwilligen Tauschangebot zwischen der Angebotsveröffentlichung und dem Vollzug Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft gegen bar erwirbt, muss der Anbieter den Angebotsempfängern eine Baralternative anbieten.

Die UEK beurteilte die Situation im Zusammenhang mit Deckungskäufen zur Bedienung von Ansprüchen aus Mitarbeiterbeteiligungsplänen analog zu derjenigen bei der Best Price Rule: Eine Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung einer Baralternative kann gewährt werden, wenn die Zielgesellschaft aus ökonomischen oder rechtlichen Gründen zwingend darauf angewiesen ist, solche Deckungskäufe zu tätigen. Demgegenüber existieren gemäss der UEK bei Barabgeltungen von Planansprüchen keine solchen Zwänge. Statt einer Barabgeltung könne die Zielgesellschaft die Ansprüche auf Lieferung von Aktien der Zielgesellschaft erfüllen oder die Ansprüche in solche auf den Erwerb von Tauschtiteln umwandeln. Folglich wurde für Barabgeltungen von Planansprüchen keine Ausnahme von der Baralternative-Pflicht gewährt.

(Keine) Ausnahme von Transaktionsmeldepflicht bei Veräusserungstransaktionen bzw. Deckungskäufen

Die UEK stellte in einer weiteren Verfügung mit Bezug auf Tauschtitel des Anbieters klar, dass die Transaktionsmeldepflicht nicht gelte, wenn die fraglichen Titel im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsplans zu vor der Voranmeldung vereinbarten Bedingungen ohne Ermessen des Anbieters an Planteilnehmer auszugeben sind und überdies vor der Voranmeldung geschaffen oder erworben wurden. In einer solchen Situation bestehe keine Gefahr einer Kursmanipulation oder einer Ungleichbehandlung der Angebotsempfänger.

Im Gegensatz zu Veräusserungstransaktionen sind Deckungskäufe von Aktien der Zielgesellschaft oder Tauschtitel im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungsplänen nach Praxis der UEK meldepflichtig, weshalb sie ein entsprechendes Ausnahmegesuch einer Zielgesellschaft abgewiesen hat.

Weite Auslegung verbotener Abwehrmassnahmen

Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft darf nach Angebotsveröffentlichung keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Nach der Praxis der UEK umfasst dieses Verbot grundsätzlich auch den Vollzug von Beschlüssen, selbst wenn diese vor der Angebotsveröffentlichung gefasst wurden. 

Unzulässige Exklusivitätsvereinbarung

Im Weiteren erklärte die UEK eine Exklusivitätsvereinbarung als unzulässig, mit welcher sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft gegenüber dem Anbieter zeitlich und sachlich eingeschränkt hatte, allfällige Konkurrenzangebote anzunehmen.

Zulässiger Illiquiditätsabschlag bei Fairness Opinions

Schliesslich beurteilte die UEK in drei Verfügungen einen Illiquiditätsabschlag von 15% bzw. 5.7% bei der Fairness Opinion angesichts des Ausmasses der Illiquidität der betroffenen Titel und der Höhe der Beteiligung des Anbieters von über 97% bzw. über 68% der Stimmrechte als zulässig.


In diesem Artikel werden die Entscheide ausführlicher besprochen und wo möglich in den Kontext der bestehenden UEK Praxis gestellt. 

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