Die IFRS Sustainability Disclosure Standards, die 2023 vom International Sustainability Standards Board (ISSB) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht wurden, schaffen einen weltweit einheitlichen Berichtsstandard für Unternehmen, um nachhaltigkeitsbezogene Finanzinformationen offenzulegen und die Transparenz an den Kapitalmärkten zu stärken.

      IFRS S1 definiert die allgemeinen Anforderungen zur Offenlegung aller wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen, während sich IFRS S2 gezielt auf klimabezogene Informationen konzentriert – darunter Klimarisiken, Szenarioanalysen, klimabezogene Kennzahlen sowie ESG-Ziele und Leistungsindikatoren.

      Beide Standards orientieren sich an den vier Säulen der Empfehlungen der «Task Force on Climate-Related Financial Disclosures» (TCFD): Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen & Ziele. So wird sichergestellt, dass die veröffentlichten Informationen einheitlich und vergleichbar sind über verschiedene Länder und Branchen hinweg.

      Gemeinsam verfolgen IFRS S1 und S2 das Ziel, die Qualität von Nachhaltigkeitsdaten zu verbessern, Investitionsentscheidungen zu unterstützen und sich mit anderen TCFD-basierten Offenlegungspflichten und Reporting-Initiativen weltweit abzustimmen.


      Silvan Jurt

      Partner, Head Corporate Sustainability Services

      KPMG Switzerland

      Theresa Tiersch

      Director, Corporate Sustainability Services

      KPMG Switzerland

      Was sind IFRS S1 und IFRS S2?

      Die IFRS Sustainability Disclosure Standards, herausgegeben vom International Sustainability Standards Board (ISSB), bilden eine einheitliche Grundlage für Unternehmen, um nachhaltigkeitsbezogene Finanzinformationen offenzulegen und so Investoren bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen.

      Ein zentrales Merkmal des Standards ist die Interoperabilität mit anderen internationalen Rahmenwerken, wie etwa den Sustainability Accounting Standards Board (SASB), was die Integration in nationale Gesetzgebungen erleichtert und eine Harmonisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung über Branchen hinweg ermöglicht.

      Die beiden ersten Standards – IFRS S1 General Requirements for Disclosure of Sustainability-related Financial Information und IFRS S2 Climate-related Disclosures – wurden im Jahr 2023 veröffentlicht und können ab dem Geschäftsjahr 2024 (FY24) angewendet werden. Sie verlangen von Unternehmen über eine Vielzahl von für Investoren wesentlichen Themen zu berichten, wobei Daten aus der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigt werden müssen.

      Ergänzend dazu behandelt IFRS S2 spezifisch das Thema Klimaberichterstattung. Der Standard umfasst unter anderem Angaben zu Governance-Strukturen in Bezug auf klimabezogene Risiken, zur Strategie und Übergangsplanung, zum Risikomanagement sowie zu klimabezogenen Kennzahlen und Zielen. 

      Um die Einführung zu erleichtern, gewährt der Standard im ersten Berichtsjahr eine Übergangsregelung, die es Unternehmen erlaubt, sich zunächst auf klimabezogene Risiken und Chancen zu konzentrieren.

      Diese Flexibilität ist entscheidend für die Entwicklung einer strukturierten IFRS ESG-Berichtsstrategie und zur Vorbereitung auf zukünftige externe Prüfungen im Einklang mit den ISSB-Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung.

      Die vier Säulen von IFRS S1 und IFRS S2

      Die IFRS Sustainability Disclosure Standards – IFRS S1 und IFRS S2 – orientieren sich an der Struktur der Empfehlungen der "Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD)". 

      Beide Standards basieren auf vier zentralen Säulen: Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen und Ziele. Diese bilden den Rahmen für eine konsistente und vergleichbare Nachhaltigkeitsberichterstattung.

      Im Einzelnen beinhalten die vier Säulen Folgendes:

      • Governance

        Diese Säule zeigt auf, wie Unternehmen nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen steuern und überwachen. Sie gibt Investoren Einblick in die Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse innerhalb der Organisation.

      • Strategie

        Hier liegt der Fokus auf den strategischen Ansätzen des Unternehmens im Umgang mit nachhaltigkeitsbezogenen Chancen und Risiken. Die Offenlegung umfasst unter anderem Szenarioanalysen und Informationen darüber, wie Nachhaltigkeit in die unternehmerische Ausrichtung integriert wird.

      • Risikomanagement

        Diese Säule beschreibt die Prozesse zur Identifikation, Bewertung und Überwachung von nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen. Ziel ist es, die Risikobelastung des Unternehmens transparent und nachvollziehbar darzustellen.

      • Kennzahlen und Ziele

        Unternehmen müssen konkrete Ziele und messbare Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit offenlegen. Dies ermöglicht es Investoren, verlässliche und vergleichbare Informationen zur Bewertung der Unternehmensleistung im Hinblick auf ESG-Aspekte zu erhalten.

      Wer muss IFRS S1 und IFRS S2 einhalten?

      Obwohl die IFRS Sustainability Disclosure Standards weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist ihre Verbreitung in Europa bislang begrenzt. Die Europäische Union verfolgt mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den dazugehörigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) einen eigenen Regulierungsansatz.  

      Mit dem Omnibus-Vorschlag der Europäischen Kommission, der auf eine Verschlankung der CSRD-Anforderungen und eine Überarbeitung der ESRS abzielt, rückt die Rolle der IFRS Sustainability Disclosure Standards jedoch wieder stärker in den Fokus der europäischen Nachhaltigkeitsregulierungslandschaft. 

      Bevor IFRS S1 und IFRS S2 verbindlich vorgeschrieben werden können, müssen sie von einem Land oder einer Rechtsordnung offiziell übernommen werden. Bis dahin bleibt die Anwendung freiwillig. Ein aktuelles Beispiel für die nationale Umsetzung von IFRS S1 und S2 ist das Vereinigte Königreich. Die britische Regierung hat einen Entwurf nationaler Nachhaltigkeitsstandards (UK SRS) veröffentlicht, der auf den IFRS-Vorgaben basiert. 

      Zudem plant die Financial Conduct Authority (FCA), die Anwendung der UK SRS für börsennotierte Unternehmen verbindlich vorzuschreiben. 

      IFRS S2 vs. TCFD: Wichtige Unterschiede für Schweizer Unternehmen

      Im Rahmen der klimabezogenen Offenlegungspflichten nach IFRS S2 sind Unternehmen verpflichtet, sowohl physische als auch transitorische Klimarisiken offenzulegen – inklusive ihrer erwarteten finanziellen Auswirkungen und der Resilienz des Geschäftsmodells unter kurz-, mittel- und langfristigen Klimaszenarien.

      Darüber hinaus schreibt IFRS S2 die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen (Scopes 1, 2 und 3), klimabezogene Ziele, Transformationspläne sowie den Einsatz von CO₂-Kompensationen vor.

      Schweizer Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities, PIEs), die die Schwellenwerte gemäss Art. 964 OR (Obligationenrecht) erreichen, müssen seit dem Geschäftsjahr 2024 klimabezogene Informationen offenlegen.

      Die Schweizer Klima-Verordnung verweist auf die TCFD-Empfehlungen, lässt den Unternehmen jedoch die Wahl des Berichtsrahmens. Aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung ist IFRS S2 eine geeignete und zukunftssichere Alternative für Schweizer Unternehmen.

      IFRS S2 baut auf den vier Grundpfeilern und den elf empfohlenen Offenlegungen der TCFD auf (Governance, Strategie, Risikomanagement, Kennzahlen und Ziele). Dennoch führt IFRS S2 einige erweiterte Offenlegungspflichten ein, die über die TCFD hinausgehen: Unternehmen müssen branchenspezifische Klimametriken berichten, und detaillierte Angaben zu CO₂-Kompensationen machen. Die Offenlegung von finanzierten Emissionen ist obligatorisch für Finanzinstitute.

      Im April 2025 hat das International Sustainability Standards Board (ISSB) vorgeschlagene Änderungen an IFRS S2 veröffentlicht. Die Finalisierung dieser Anpassungen ist für Ende 2025 geplant – mit einem möglichen schnellen Inkrafttreten. Für Schweizer Unternehmen, die nach Art. 964 OR zur Klimaberichterstattung verpflichtet sind, bietet IFRS S2 eine robuste und international anschlussfähige Alternative zur TCFD. Besonders für Unternehmen mit globaler Ausrichtung, Investorenfokus oder langfristiger ESG-Strategie kann der Wechsel zu IFRS S2 strategische Vorteile bringen.


      IFRS Sustainability Disclosure Standards vs. CSRD: Wichtige Unterschiede für Schweizer Unternehmen

      Der Vergleich zwischen IFRS S1 & S2 und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ist besonders relevant für Schweizer Unternehmen, da viele von ihnen aufgrund von EU-Tochtergesellschaften, die als grosse Unternehmen eingestuft sind, oder durch Erreichen bestimmter Schwellenwerte als nicht-EU-Muttergesellschaften unter den Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) fallen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den IFRS-Standards und CSRD/ESRS liegt in der Definition der Wesentlichkeit.

      Während die ESRS eine doppelte Wesentlichkeit verfolgt – also sowohl die Auswirkungen des Unternehmens auf Mensch und Umwelt (Impact Materiality) als auch die finanziellen Risiken und Chancen für das Unternehmen, die sich aus Nachhaltigkeitsthemen ergeben (Financial Materiality) – fokussiert sich IFRS S1 ausschliesslich auf die finanzielle Wesentlichkeit. Dies führt zu einer streng auf Investoren ausgerichteten Wesentlichkeitsdefinition, die nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen in den Vordergrund stellt.

      Ein weiterer entscheidender Unterschied betrifft die Anwendung des Proportionalitätsprinzips. IFRS S1 und S2 integrieren explizit Mechanismen zur Verhältnismässigkeit, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Offenlegungen entsprechend verfügbarer Ressourcen, Datenqualität und Fachkompetenzen anzupassen.

      So können Unternehmen nachvollziehbare und stützbare Informationen verwenden, ohne unverhältnismässige Kosten oder Aufwand zu verursachen, und ihre Berichtsansätze an ihre Fähigkeiten anpassen. Im Gegensatz dazu bietet die ESRS keine vergleichbare Flexibilität, sondern legt die Berichtspflichten für alle berichtspflichtigen Unternehmen einheitlich fest – unabhängig von Unternehmensgrösse oder Ressourcen.

      Wie können Sie sich auf die IFRS Sustainability Disclosure Standards vorbereiten?

      • Auswirkungen verstehen

        Recherchieren Sie aktuelle und kommende Anforderungen und bewerten Sie, wann und wo diese angewendet werden müssen.

      • Wesentlichkeit bestimmen

        Definieren Sie relevante Themen und die dafür notwendigen Informationen.

      • Reifegrad beurteilen

        Überprüfen Sie bestehende Prozesse, Kontrollmechanismen und die Qualität der Nachhaltigkeitsdaten.

      • Berichterstattung transformieren

        Entwickeln Sie zukünftige Berichtsstrukturen, stimmen Sie diese mit Ihrer IFRS ESG-Offenlegungsstrategie ab und führen Sie Mitarbeiterschulungen durch.

      • Auf Assurance vorbereiten

        Stärken Sie Ihre Dokumentation und schliessen Sie bestehende Lücken vor der externen Prüfung.

      ISSB Standards

      Durch die Integration der Umsetzung der IFRS-Nachhaltigkeitsstandards in Ihre Unternehmensstrategie können Sie Berichtsinitiativen harmonisieren, ESG-Ziele erreichen und transparente, investorenorientierte nachhaltigkeitsbezogene Finanzinformationen bereitstellen.

      FAQs

      Die vier Säulen von IFRS S1 und S2 sind Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen und Ziele.

      Die Standards werden gemeinsam angewendet: IFRS S1 legt die konzeptionellen Grundlagen und allgemeinen Prinzipien fest, während IFRS S2 die klimabezogenen Anforderungen konkretisiert.

      Diese Unterschiede sind wichtig für eine klare und transparente Berichterstattung.

      IFRS S2 ist der erste themenspezifische Standard und umfasst klimabezogene Offenlegungen entlang der vier Säulen Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen und Ziele.

      IFRS S2 umfasst im Wesentlichen alle Empfehlungen der TCFD und folgt deren Struktur. Allerdings fordert IFRS S2 bei einigen Berichtspflichten weitergehende oder detailliertere Angaben als die TCFD.

      Die IFRS Sustainability Disclosure Standards wenden nicht das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit an. Für IFRS S1 und S2 ist ausschliesslich die finanzielle Wesentlichkeit relevant.


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      Allgemeine und klimabezogene Anforderungen (auf Englisch)