• Therese Amstutz, Director |

Teil-Abschaffung der Inhaberaktien und Neuerungen bei Melde- und Registerführungspflicht

Das Bundesgesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke, welches am 1. November 2019 in Kraft tritt, bringt mit der Abschaffung der Inhaberaktien bei nicht kotierten Gesellschaften einschneidende Änderungen im Aktienrecht. Weitere Neuerungen betreffen insbesondere Straftatbestände bei Verletzung der Pflicht zur Meldung wirtschaftlich Berechtigter und der Führung des Aktienbuchs und Registers der wirtschaftlich Berechtigten.

Vom GAFI-Gesetz zum Global Forum-Gesetz

Im Zuge der Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der "Groupe d’action financière" (GAFI) wurden bereits per 1. Juli 2015 neue Bestimmungen zur Offenlegung von Inhaberaktionären und wirtschaftlich Berechtigten in das Gesellschaftsrecht aufgenommen
(sog. GAFI-Gesetz).

Diese Transparenzvorschriften des GAFI-Gesetzes sind jedoch aus Sicht des "Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes" (Global Forum), welches die Länder betreffend Informationsaustausch benotet, noch nicht genügend.

Die eidgenössischen Räte haben deshalb weitere Massahmen namentlich im Gesellschaftsrecht (insb. Teil-Abschaffung der Inhaberaktien) beschlossen und dazu am 21. Juni 2019 das Bundesgesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke (nachfolgend Global Forum-Gesetz) verabschiedet (BBl 2019 4489). Es wurde vom Bundesrat bereits auf den 1. November 2019 in Kraft gesetzt.

Die Regelungen des Global Forum-Gesetzes zu den Inhaberaktien im Einzelnen

Eingeschränkte Zulässigkeit von Inhaberaktien

Inhaberaktien sind inskünftig nur noch zulässig, wenn

  • die Gesellschaft Beteiligungspapiere kotiert hat oder
  • die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet und bei einer von der Gesellschaft bezeichneten Verwahrungsstelle in der Schweiz hinterlegt oder im Hauptregister eingetragen sind.

Liegt ein solcher Zulässigkeitstatbestand vor, muss die Gesellschaft beim Handelsregisteramt innert 18 Monaten seit Inkrafttreten des Gesetzes einen entsprechenden Eintrag verlangen. Liegt kein Zulässigkeitstatbestand vor, hat die Gesellschaft bis zum Ablauf derselben Frist Zeit, noch bestehende Inhaberaktien in Namenaktien umzuwandeln.

Zwangsweise Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien

Verfügen Gesellschaften ohne Handelsregistereintrag eines Zulässigkeitstatbestands 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes noch über Inhaberaktien, werden diese von Gesetzes wegen in Namenaktien umgewandelt und die sich daraus ergebenden Handelsregistereinträge von Amtes wegen angepasst.

Die Einträge widersprechen damit den Belegen (namentlich den Statuten), was vom Handelsregisteramt mit einem entsprechenden Hinweis (in der Rubrik "Bemerkungen") öffentlich gemacht wird. Die betroffenen Gesellschaften können nun keine Statutenänderungen mehr anmelden, wenn diese nicht gleichzeitig die Umwandlung der Inhaberaktien in Namenaktien umfassen.

Keine solche Statutenänderung ist allerdings nötig bei Gesellschaften mit einem – nicht eingetragenen – Zulässigkeitstatbestand (d.h. kotierten Beteiligungspapieren oder Aktien als Bucheffekten ausgestaltet), sofern deren Generalversammlung beschliesst, die zwangsumgewandelten Aktien wieder in Inhaberaktien umzuwandeln, und beim Handelsregisteramt der Eintrag des Zulässigkeitstatbestands verlangt wird.

Umgang mit den betroffenen Aktionären

Ehemalige Inhaberaktionäre, die sich vorschriftsgemäss bei der Gesellschaft gemeldet haben und folglich im Register der Inhaberaktionäre eingetragen wurden, werden in das neu zu erstellende Aktienbuch übertragen. Für die Aktien, deren Inhaber sich nicht gemeldet haben, ergeben sich zunächst dieselben Rechtsfolgen wie unter dem geltenden Recht (Art. 697m OR): Die Mitgliedschaftsrechte ruhen und die Vermögensrechte verwirken während der Dauer der Nichtmeldung. Der Verwaltungsrat muss sicherstellen, dass keine Aktionäre unter Verletzung dieser Bestimmungen ihre Rechte ausüben.

Nach einer Zwangsumwandlung (18 Monate nach Inkrafttreten des Global Forum-Gesetzes) können ehemalige Inhaberaktionäre, die ihrer Meldepflicht bisher nicht nachgekommen sind, nur noch auf dem Gerichtsweg unter Nachweis der Aktionärseigenschaft und mit Zustimmung der Gesellschaft die Eintragung in das Aktienbuch beantragen.

Die Aktien der ehemaligen Inhaberaktionäre, welche die Eintragung in das Aktienbuch nicht innert fünf Jahren nach Inkrafttreten des Global Forum-Gesetzes beim Gericht beantragen, werden von Gesetzes wegen nichtig und durch eigene Aktien der Gesellschaft ersetzt. Die Gesellschaft kann unter Vorbehalt der Einschränkungen zum Halten eigener Aktien (Art. 659 ff. OR) frei darüber verfügen. Beim Überschreiten des Schwellenwerts von 10% eigener Aktien wird die Gesellschaft allerdings einen entsprechenden Anteil dieser Aktien veräussern oder durch Kapitalherabsetzung vernichten müssen (BBl 2019 327).

Aktionäre, deren Aktien ohne eigenes Verschulden nichtig geworden sind, können bei der Gesellschaft innert zehn Jahren seit Eintritt der Nichtigkeit unter Nachweis ihrer Aktionärseigenschaft eine Entschädigung geltend machen. Diese Entschädigung entspricht dem tieferen der beiden folgenden Werte:

  1. wirklicher Wert der Aktien im Zeitpunkt der Umwandlung in Namenaktien
  2. wirklicher Wert der Aktien im Zeitpunkt der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs.

Wenn die Gesellschaft nicht über das notwendige frei verwendbare Eigenkapital verfügt, ist allerdings eine solche Entschädigung ausgeschlossen.

Weitere Neuerungen des Global Forum-Gesetzes

Präzisierungen zur Meldepflicht der wirtschaftlich Berechtigten

Wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten nicht als Bucheffekten ausgestaltete Aktien und/oder Partizipationsscheine einer nicht kotierten Aktiengesellschaft oder Anteile an einer GmbH erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Gesellschaftskapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet, muss seit Inkrafttreten des GAFI-Gesetzes am 1. Juli 2015 der Gesellschaft innert Monatsfrist den Vor- und den Nachnamen und die Adresse der natürlichen Person/en melden, für die er letztendlich handelt (wirtschaftlich berechtigte Person/en).

Neu gelten bei den aufgrund ihrer Beteiligung meldepflichtigen juristischen Personen oder Personengesellschaften diejenigen natürlichen Personen als wirtschaftlich berechtigt, welche sie in sinngemässer Anwendung von Art. 963 Abs. 2 OR kontrollieren. Besteht keine solche kontrollierende natürliche Person, muss der Meldepflichtige dies der Gesellschaft melden.

Falls der Meldepflichtige eine kotierte Kapitalgesellschaft ist, von einer solchen kontrolliert wird oder sie kontrolliert, muss er der Gesellschaft nur diese Tatsache sowie Firma und Sitz der Kapitalgesellschaft melden. Das wurde teilweise bereits heute in der Praxis so gehandhabt. Nun wird auch die entsprechende klare gesetzliche Grundlage und damit Rechtssicherheit geschaffen. Schliesslich wird neu explizit vorgeschrieben, dass Änderungen bei Name, Vorname oder Adresse des wirtschaftlich Berechtigten der Gesellschaft innert drei Monaten zu melden sind.

Neue Tatbestände eines Organisationsmangels

Die Ausgabe von Inhaberaktien wird 18 Monate nach Inkrafttreten des Global Forum-Gesetzes, d.h. ab dem 1. Mai 2021, zum Organisationsmangel. Dasselbe gilt bereits ab dem 1. November 2019 für die nicht vorschriftsgemässe Führung des Aktien-/Anteilbuchs, des Registers der wirtschaftlich Berechtigten oder des Genossenschafterverzeichnisses. In einem solchen Fall eines Organisationsmangels kann das von einem Aktionär, einem Gläubiger oder vom Handelsregisteramt angerufene Gericht der Gesellschaft Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes ansetzen oder notfalls die Gesellschaft auflösen und deren konkursamtliche Liquidation anordnen.

Neue Straftatbestände im Zusammenhang mit der Melde- und Registerführungspflicht

Die Verletzung der Meldepflichten und der Pflichten zur korrekten Führung der Register untersteht neuen Straftatbeständen. Mit Busse bestraft wird inskünftig, wer vorsätzlich

  1. die Meldepflichten zu den an Aktien oder Stammanteilen wirtschaftlich Berechtigten verletzt (inkl. Meldung von Änderungen bei Vor- und Nachname sowie Adresse des wirtschaftlich Berechtigten innert drei Monaten),
  2. das Aktien- bzw. Anteilbuch oder das Verzeichnis der an den Aktien bzw. Stammanteilen wirtschaftlich Berechtigten nicht vorschriftsgemäss führt,
  3. das Verzeichnis der Genossenschafter nicht vorschriftsgemäss führt oder
  4. bei einer Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (SICAV) gemäss Kollektivanlagengesetz das Aktienbuch über die Unternehmeraktionäre oder das Verzeichnis der an den Aktien der Unternehmeraktionäre wirtschaftlich Berechtigten nicht vorschriftsgemäss führt.

In den Fällen von 2. bis 4. wird zudem die vorsätzliche Verletzung der mit der Registerführungspflicht verbundenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten ebenfalls mit Busse bestraft. Mit der Registerführung verbundene gesellschaftsrechtliche Pflichten umfassen insb. die Aufbewahrung der Belege, welche der Meldung bzw. Eintragung zugrunde liegen und die Sicherstellung des jederzeitigen Zugriffs auf die Register in der Schweiz.

Handlungsbedarf

Für nicht kotierte Gesellschaften mit Inhaberaktien, die nicht als Bucheffekten ausgestaltet sind, empfiehlt es sich, die Umwandlung in Namenaktien rasch an die Hand zu nehmen.

Liegt ein Zulässigkeitstatbestand vor (kotierte Beteiligungspapiere oder Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet) sollte nach Inkrafttreten des Gesetzes beim zuständigen Handelsregisteramt der entsprechende Eintrag verlangt werden.

Alle Gesellschaften sollten sodann prüfen, ob das Aktienbuch (AG) bzw. das Stammanteilbuch (GmbH) bzw. das Verzeichnis der Genossenschafter und das Register der wirtschaftlich Berechtigten vorschriftsgemäss geführt und die notwendigen Belege korrekt aufbewahrt werden sowie ob der jederzeitige Zugriff auf die Register in der Schweiz sichergestellt ist.

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