Unsere letzten Tax News aus dem Bereich Ausgewählte Rechtsprechung
Folge der fehlerhaften Zustellung einer Beschwerdevorentscheidung
23.09.2024: Das Finanzamt stellt die Beschwerdevorentscheidung irrtümlich nicht der Beschwerdeführerin (Bf), sondern deren steuerlicher Vertretung zu. Die steuerliche Vertretung hat keine Zustellvollmacht und leitet das Dokument per E-Mail an ihre Mandantin weiter. Der anschließend eingebrachte Vorlageantrag ist laut Bundesfinanzgericht (BFG) als unzulässig zurückzuweisen, da die Beschwerdeführerin das Original der Beschwerdevorentscheidung nie erhielt und damit ein nicht sanierter Zustellmangel vorliegt. Mangels gültiger Zustellung entfaltet die Beschwerdevorentscheidung keine Rechtswirksamkeit. [zur Tax News]
BFG: Einkommensteuerbegünstigung für Forstwirtschaft verfassungswidrig?
25.06.2024: Die Land- und Forstwirtschaft (LuF) hat überragende gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Die Landwirtschaft produziert vorwiegend Nahrungs- und Futtermittel, die Forstwirtschaft dient vor allem der Holzgewinnung. Auch das Steuerrecht nimmt auf die Sonderstellung der LuF Rücksicht (z. B. Pauschalierung). Das Bundesfinanzgericht (BFG) hält eine Waldnutzungs-Begünstigung der Forstwirtschaft für verfassungswidrig. Ob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) diese Bestimmung tatsächlich als verfassungswidrig aufhebt, bleibt abzuwarten. [zur Tax News]
BFG: Antrag der Abgabenbehörde auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand verspätet
22.02.2024: Im vorliegenden Fall stellte die Abgabenbehörde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Das BFG wies den Antrag zurück, weil dieser nach Ansicht des BFG aufgrund eines innerbehördlichen Fehlers in der Zuordnung und Weiterleitung eines Schriftstückes an die zuständige Stelle innerhalb des FAÖ zu spät eingebracht wurde (BFG 14.06.2023, RR/7100068/2023). [zur Tax News]
Landes- und Gemeindeabgaben: Rechtswirksamkeit eines Vorlageantrages bei Disclaimer im E-Mail?
12.12.2023: Die Vergnügungssteuer und damit eine Gemeindeabgabe betreffend bringt ein Rechtsanwalt zulässigerweise per E-Mail eine Bescheidbeschwerde und anschließend einen Vorlageantrag beim Magistrat Wien ein. Die inhaltlichen Voraussetzungen dieser Rechtsmittel werden erfüllt. In seinem E-Mail verwendet er jedoch standardmäßig einen Disclaimer, wonach er per E-Mail keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgibt. Für das BFG ist nun zweifelhaft, ob eine Beschwerde und ein Vorlageantrag rechtswirksam eingebracht werden sollen. Da der Rechtsanwalt im Mängelbehebungsverfahren nicht wie gefordert eine schriftliche Bestätigung seiner Anbringen nachreicht, gelten Beschwerde und Vorlageantrag als zurückgenommen. [zur Tax News]
Werk- oder Dienstvertrag? Keine Vermutung der Richtigkeit des vertraglich Vereinbarten
26.09.2023: Bei der Beurteilung eines Vertrages als Werk- oder Dienstvertrag müssen die Merkmale eines Dienstvertrages im Sinne des EStG – Weisungsbindung und Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers – im Gesamtkontext betrachtet werden. Die gewählte Vertragsbezeichnung als Dienstvertrag oder als Werkvertrag ist bei der Einstufung irrelevant. Es gibt keine Vermutung der Richtigkeit des vertraglich Vereinbarten, die allenfalls von der Abgabenbehörde zu widerlegen wäre (VwGH 17.01.2023, Ra 2021/13/0097). [zur Tax News]
VwGH: Vom Steuerpflichtigen verspätet eingebrachte Mängelbehebung ist unbeachtlich
28.06.2023: Ein Unternehmen erhält einen Mängelbehebungsauftrag zu den eingebrachten Bescheidbeschwerden, der zu spät beantwortet wird. Aufgrund der Fristversäumnis gelten die mangelhaften Beschwerden automatisch als zurückgenommen. [zur Tax News]
VwGH: Nach übersehener, aber gültiger Zustellung per FinanzOnline keine Wiedereinsetzung möglich
28.06.2023: Die Revisionswerberin erhält eine Mängelbehebung in ihre DataBox von FinanzOnline zugestellt. Laut diesem Schreiben hat sie bestimmte Mängel in ihrer Beschwerde innerhalb eines Monats zu beheben, andernfalls gilt die Beschwerde als zurückgenommen. Da die bisherige Korrespondenz postalisch erfolgte und die Rw über den Eingang nicht per E-Mail informiert wird, versäumt sie die Monatsfrist. Dies ist durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand laut BFG und VwGH nicht sanierbar, da ihr Fehlverhalten (die Unkenntnis über die Zustellung) einen minderen Grad des Versehens überschreitet. [zur Tax News]
Misslungener Gruppenantrag: Zwingende Verwendung amtlicher Formulare und Übermittlung im Original
19.04.2023: Laut § 9 Abs 8 KStG muss für einen Gruppenantrag der „amtliche Vordruck“ verwendet werden. Wird der Gruppenantrag ohne Verwendung des Vordrucks im Original gestellt, ist dieser laut BFG wirkungslos: Daher löst ein Einscannen des Gruppenantrages und Hochladen als Sonstiger Antrag per FinanzOnline keine Rechtswirkung aus. [zur Tax News]
Fristenwahrung bei Eingaben: Unterschiedliche Behandlung von Österreichische Post AG und anderen Paket- und Postdiensteanbietern
17.02.2023: Die Steuerpflichtige versendet ihre Beschwerde mittels einer Spedition an die Behörde. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BFG greift für diese Versandart § 108 Abs 4 BAO nicht: Danach werden Tage des Postenlaufes in die Beschwerdefrist nicht eingerechnet. Nach Ansicht des BFG hat nur die Österreichische Post AG als derzeit einziger Universaldienstbetreiber iSd § 12 PMG diese Sonderstellung bei der Berechnung des Fristenlaufes. Transportiert den Brief ein anderer Paket- oder Postdienstleister, muss die Behörde die Beschwerde spätestens am letzten Tag der (Monats-)Frist tatsächlich erhalten haben, um die Beschwerdefrist zu wahren. Wird diese Frist aufgrund eines unerwartet längeren Postlaufes verpasst, ist die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen (BFG 06.11.2022, RV/7200062/2021). [zur Tax News]
Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer: Wegzug des Steuerpflichtigen nach Spanien ist für die Beurteilung des Antrags irrelevant
12.12.2022: Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz nach Spanien, ist dies kein Hindernis für die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung. Aufgrund der Amtshilfe innerhalb der EU ist die Einbringlichkeit nicht gefährdet. [zur Tax News]
VwGH zur bewusst mangelhaft eingebrachten Revision – sofortige Zurückweisung
12.12.2022: Bringt ein Steuerpflichtiger absichtlich eine mangelhafte Revision ein, um eine Verlängerung der Revisionsfrist zu erlangen, hat eine sofortige Zurückweisung zu erfolgen. Bewusst mangelhafte Revisionen sind als rechtsmissbräuchliche Gestaltungen zu beurteilen. KEINE Verbesserung möglich (VwGH 20.06.2022, Ra 2022/13/0060). [zur Tax News]
Aussetzung der Einhebung der KöSt: Wegzug des Geschäftsführers ist für die Beurteilung des Antrags irrelevant
27.10.2022: Verlegt ein Geschäftsführer einer GmbH seinen Wohnsitz nach Spanien, ist dies kein Hindernis für die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung der KöSt. Abgabenschuldner ist die GmbH, und diese hat weder ihren Sitz verlegt noch ihr Vermögen ins Ausland geschafft. [zur Tax News]
VwGH zur unterlassenen Weiterleitung von Partei-Eingaben durch das Finanzamt: Rechtswidrigkeit der BFG-Entscheidung
24.06.2022: Abgabenbehörde und Beschwerdeführer sind während eines BFG-Verfahrens zu gleichem Maße verpflichtet, unverzüglich alle entscheidungsrelevanten Umstände dem BFG mitzuteilen. Im konkreten Fall leitete das Finanzamt ein nach Vorlage an das BFG beim Finanzamt eingebrachtes Beweisanbot nicht weiter. Die BFG-Entscheidung war rechtswidrig und daher aufzuheben (VwGH 20.10.2021, Ra 2021/13/0066). [zur Tax News]
Fehlende Begründung einer relevanten Sachverhaltsannahme durch das BFG ist ein aufzugreifender Verfahrensmangel
24.06.2022: Das BFG beurteilt eine Abgabenschätzung aufgrund des Fehlens von Grundaufzeichnungen als rechtmäßig und stützt seine Entscheidung insbesondere auf Befragungen ehemaliger Arbeitnehmer durch die Außenprüfung. Sagen in der Beschwerdeverhandlung jedoch andere ehemalige Arbeitnehmer zugunsten des Beschwerdeführers aus, ist vom BFG zwingend zu begründen, warum deren Aussagen aus Sicht des BFG vernachlässigt werden können. Unterbleibt dies, ist das BFG-Erkenntnis vom VwGH wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. [zur Tax News]
BFG zur Verjährung: Absage an willkürliche Bevorratung von Verlängerungshandlungen
03.05.2022: Nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruchs oder zur Feststellung eines bestimmten Abgabenpflichtigen können den Eintritt der abgabenrechtlichen Verjährung verzögern. Das BFG hatte in der vorliegenden, nicht veröffentlichten Entscheidung darüber zu urteilen, ob die bloße Einsichtnahme in das Grundbuch sowie allgemein gehaltene Ergänzungsersuchen die Verjährungsfrist verlängern können. Einer pauschalen Bevorratung von Verlängerungshandlungen durch unspezifische Abfragen (öffentlicher) Register erteilte das Gericht eine klare Absage (BFG 18.03.2022, RV/7105826/2017). [zur Tax News]
Einbringung einer Bescheidbeschwerde anstelle eines erforderlichen Vorlageantrages geht ins Leere
03.05.2022: Der steuerliche Vertreter eines Unternehmens bringt anstelle eines Vorlageantrages eine so bezeichnete Bescheidbeschwerde gegen eine Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes ein. Da laut BFG im Schriftsatz nichts darauf hindeutet, dass die Bescheidbeschwerde inhaltlich ein Vorlageantrag sein sollte, kann die Beschwerde auch nicht auf Basis des wahren Parteiwillens in einen Vorlageantrag umgedeutet werden. Daher ist die eingebrachte Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen. [zur Tax News]
Festsetzung von Säumniszuschlägen: grobes Verschulden bei EDV-Problemen?
17.03.2022: Der VwGH (VwGH 03.12.2021, Ra 2020/15/0080) beschäftigte sich mit der Frage des Vorliegens von grobem Verschulden bei verspäteter Entrichtung einer Abgabenschuldigkeit. Das BFG versagte eine Herabsetzung des Säumniszuschlages nur aus dem Grund, weil keine Kontrolle für die tatsächliche Zustellung eines E-Mails eingerichtet worden war. Damit wurde das Vorliegen eines mangelhaften Kontrollsystems und eines damit verbundenen groben Verschuldens nach Ansicht des VwGH vom BFG nicht ausreichend begründet. [zur Tax News]
Adressat der Vorschreibung von KESt und Geschäftsführerhaftung
17.03.2022: Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Reichen die Mittel der GmbH nicht aus, um eine fällige KESt zu entrichten, obwohl der Liquidator seine Pflichten erfüllte, kann eine Abgabenforderung nicht auf § 9 BAO gestützt werden. Vielmehr hat laut BFG das Finanzamt dem Gesellschafter als Empfänger der Einkünfte die KESt gem § 95 Abs 4 EStG vorzuschreiben. Die KESt zahlt damit der Abgabenschuldner und nicht ein Haftender. [zur Tax News]