Schon Marc Aurel brachte es in seinen Selbstbetrachtungen (7.38) auf den Punkt: „Gib den äußeren Umständen nicht die Macht, deinen Ärger zu provozieren, denn ihnen ist es völlig egal“. Mit solchen stoischen Weisheiten mag man sich der Grundsteuerreform nüchtern nähern. Alle Grundstückseigentümer:innen sollten sich indessen ohne zu zögern mit der Reform befassen, denn diese findet auch für die steuerbefreiten Immobilieneigentümer Anwendung. Die Gesetzgebung ist abgeschlossen und in der Zeit vom 1. Juli 2022 bis 31. Januar 2023 wird den Steuerpflichtigen eine Steuererklärung abverlangt. Zum Stichtag 1. Januar 2022 werden dafür ca. 36 Millionen Immobilien in Deutschland neu zu bewerten sein. Die gleiche Anzahl an Grundsteuererklärungen werden die Steuerpflichtigen zu erstellen und einzureichen haben. Und jede Steuererklärung kann es in sich haben. Insofern mutet es ein wenig zögerlich an, dass offensichtlich viele Steuerpflichtige noch nicht damit begonnen haben, sich eingehend mit ihren neuen Grundsteuerpflichten auseinanderzusetzen.

Nach einer im Herbst 2021 von KPMG durchgeführten Umfrage zur Grundsteuerreform unter rund 300 Unternehmen mit Immobilienvermögen haben sich viele Steuerpflichtige noch nicht ausreichend auf die Grundsteuerreform vorbereitet. Gleichzeitig überrascht die niedrige Anzahl der Mitarbeitenden, die sich laut der Umfrage in den Unternehmen mit dem Thema Grundsteuer beschäftigen sollen. Die größte Herausforderung wird in der Datensammlung gesehen.

Bundesmodell und Ländermodelle

Fünf Bundesländer haben von der sogenannten Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht und sich für ein eigenes Grundsteuermodell entschieden:

  1. Baden-Württemberg (Bodenwertmodell)
  2. Bayern (Flächenmodell „Einfachgrundsteuer“)
  3. Hamburg (Flächen-Lage-Modell)
  4. Hessen (Flächen-Faktor-Verfahren)
  5. Niedersachsen (Flächen -Lage-Modell)

Alle anderen Bundesländer haben sich für das sogenannte „Bundesmodell“ (Grundsteuer-Reformgesetz v. 26.11.2019, BGBl. 2019 I, 1794) entschieden. Hierzu sind bereits die koordinierten Ländererlasse vom 9. November 2021 zum Grundvermögen und zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sowie eine Liste der für die Feststellungserklärungen zu verwendenden Vordrucke nebst Anleitungen veröffentlicht.

Das Saarland und der Freistaat Sachsen haben lediglich vom Bundesmodell abweichende Grundsteuermesszahlen erlassen.

Aufgaben der Immobilienbesitzenden

Verpflichtet zur Abgabe einer elektronischen Steuererklärung sind grundsätzlich die Eigentümer:innen der Immobilie. Bei Bauten auf fremdem Grund und Boden sollen die Eigentümer:innen von Grund und Boden auch Erklärungspflichtige für die Gebäude sein. Abweichende Gebäudeeigentümer:innen sollen lediglich an der Erklärung mitwirken. Hamburg ist von dieser Zurechnung abgewichen und hat den Gebäudeeigentümer:innen abweichend von den Grundstückseigentümer:innen eine eigene Erklärungspflicht auferlegt.

Allen Grundsteuermodellen ist gemeinsam, dass allgemeine Lagedaten wie Adresse und Grundbuchdaten zu erklären sind. Auch sind bei allen Modellen die Flächen von Grund und Boden anzugeben. Bei den Gebäudeflächen ist zu differenzieren. Baden-Württemberg erfordert nur bei gemischter Nutzung, das heißt sowohl zu Wohn- als auch Nichtwohnzwecken sowie bei teilweise bestehender Grundsteuerbefreiung eine Angabe der Gebäudeflächen. Im Bundesmodell und weiteren Ländermodellen sind immer auch die Gebäudeflächen nach DIN-Normen beziehungsweise der Wohnflächenverordnung mit zu erklären. Darüber hinaus sind im Bundesmodell noch weitere immobilienspezifische Angaben wie Gebäudeart und Baujahr zu machen.

Auswirkungen auf den öffentlichen Sektor

Nach allen Grundsteuermodellen sind auch, ungeachtet einer bestehenden Steuerbefreiung, Grundsteuererklärungen mit den Angaben zu den Grundsteuerbefreiungen abzugeben. Dem Vernehmen nach sollen (voraussichtlich) nur diejenigen von einer Steuererklärungspflicht verschont bleiben, die ihren Grundbesitz ausschließlich für grundsteuerbefreite Zwecke verwenden. 

Dazu können beispielsweise juristische Personen des öffentlichen Rechts zählen, die ihren Grundbesitz für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch nutzen. Ebenfalls betrifft dies die öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder gemeinnützigen Einrichtungen, die den Grundbesitz ausschließlich für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke nutzen. Auch öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften kann wegen grundsteuerbefreiter Nutzung die Erklärungspflicht erspart bleiben. In sehr vielen Fällen wird der Grundbesitz aber eben nicht ausschließlich für solche privilegierten Zwecke genutzt. So begründet ein Betrieb gewerblicher Art unmittelbar auch eine Steuerpflicht. Gleiches gilt für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe einer gemeinnützigen Einrichtung. Zweifelsfälle können auch bei der sogenannten Vermögensverwaltung aufkommen. Steuerpflichtigen wird damit regelmäßig nicht erspart bleiben, die gesamte Immobilie zu erklären und die Grundstücksflächen und Räume genau zu beschreiben, die für die steuerbefreiten Aktivitäten genutzt werden. Dies kann es erforderlich machen, dass Bau- und Architektenunterlagen heranzuziehen oder gegebenenfalls Neuvermessungen vorzunehmen sind. Und dann kann es „sehr kleinteilig“ werden. Alle, die in einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt schon einmal darum „gerungen“ haben, ob zum Beispiel der Flur zur Kantine überwiegend der wirtschaftlichen Aktivität oder doch ausschließlich der steuerprivilegierten Tätigkeit dient, ahnt, was für die ansonsten steuerbefreiten Körperschaften im Einzelfall zu beurteilen sein kann.

Fazit

Die neue Grundsteuer beziehungsweise deren neue Bemessungsgrundlage erfordert von Immobilienbesitzenden einen nicht unerheblichen Aufwand, gilt es doch, detaillierte Immobiliendaten zusammenzustellen und elektronisch beim Finanzamt im Zeitraum Juli 2022 bis Januar 2023 einzureichen. Zur Festsetzung der neuen Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 sind dann wiederum die Finanzämter und Gemeinden berufen.