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Hintergrund

In der heutigen dynamischen und vernetzten Weltwirtschaft stehen multinationale Unternehmen vor der Herausforderung, sich in einem komplexen Geflecht von steuerlichen Regelungen zurechtzufinden. Eine besonders relevante Regelung betrifft die sogenannten „Registerfälle“ in Deutschland. Dabei handelt es sich um die beschränkte Steuerpflicht für Einkünfte aus der Überlassung von Rechten, die in einem inländischen Register eingetragen sind, gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f Einkommensteuergesetz (EStG).

Diese Regelung wurde ursprünglich 1925 eingeführt, um sicherzustellen, dass Deutschland einen angemessenen Anteil an den Erträgen aus im Inland eingetragenen Rechten erhält. Bis 2020 wurden in der Praxis tatsächlich jedoch nur Lizenzzahlungen und Veräußerungsgewinne von inländischen Lizenznehmern beziehungsweise Verkäufern steuerlich erfasst, während Transaktionen zwischen ausländischen Beteiligten unbeachtet blieben. Diese Praxis wurde auch von der deutschen Finanzverwaltung nicht beanstandet, und rechtliche Auseinandersetzungen betrafen hauptsächlich Zahlungen von Inländern.

Im Jahr 2020 hat die deutsche Finanzverwaltung in einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) erstmals Stellung bezogen und deutlich gemacht, dass auch Lizenzzahlungen und Veräußerungsgewinne von im Ausland ansässigen Begünstigten der beschränkten Steuerpflicht unterliegen und ausländische Lizenznehmer zur Abführung von Quellensteuer verpflichtet sind. Diese Änderung der bisherigen Praxis führte zu erheblichem Protest seitens der betroffenen Unternehmen sowie zu Unverständnis bei ausländischen Regierungen und Steuerbehörden. Die Besteuerung allein aufgrund eines inländischen Registereintrags wurde als übermäßig und möglicherweise völkerrechtswidrig angesehen.

Diese Regelung hat sich für Unternehmen zu einem komplexen Thema entwickelt, das sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Implikationen für international tätige Unternehmen mit sich bringt. In einer globalisierten Wirtschaft, in der geistiges Eigentum häufig grenzüberschreitend genutzt und lizenziert wird, stellt sich die Frage, inwieweit Deutschland Lizenz- und Veräußerungsvorgänge besteuern darf, deren einziger Bezug zum Inland in der Registrierung des Rechts besteht. Derzeit werden viele Fälle mit der Finanzverwaltung diskutiert, bei denen es hauptsächlich um die Bestimmung der Bemessungsgrundlage geht (siehe nachfolgende Ausführungen). Die Frage, inwiefern die neue Auslegung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f EStG durch die deutsche Finanzverwaltung rechtens ist, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Gegenstand zukünftiger Rechtsprechung sein.

Bestimmung der Bemessungsgrundlage: Herausforderungen und Ansätze

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 11. Februar 2021 den „Top-Down-Ansatz“ zur Ermittlung der angemessenen Vergütung im Sinne § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f EStG vorgegeben. Dieser Ansatz stellt auf die gesamte Bruttovergütung ab und erfordert eine sachgerechte Aufteilung, insbesondere wenn Verträge mehrere Rechte umfassen oder die Rechte in verschiedenen Staaten registriert sind. Die Aufteilung erfolgt im Verhältnis der in den betroffenen Gebieten erzielten Umsätze. Ein auf den Registrierungskosten basierender Bewertungsansatz oder „Bottom-up“-Ansatz wird als nicht sachgerecht angesehen, da er die wirtschaftliche Realität nicht ausreichend berücksichtigt.

Wichtige Aspekte zur Bemessungsgrundlage:

  1. Anteil der Lizenzgebühren für in Deutschland eingetragene Marken und Patente: Lizenzen werden häufig für umfassende Pakete geistigen Eigentums gezahlt. Eine detaillierte Bewertung einzelner IP-Komponenten ist schwierig, sodass die Ermittlung des Anteils für zum Beispiel „nackte“ Marken umstritten ist. Unternehmen müssen sorgfältig prüfen, wie sie die Lizenzgebühren für bestimmte Anteile an immateriellen Werten ermitteln, um steuerliche Risiken zu minimieren.
  2. Territorialitätsprinzip: Das Territorialitätsprinzip besagt, dass der Schutz geistigen Eigentums nur in dem Land durchsetzbar ist, in dem es registriert wurde. In Deutschland registriertes geistiges Eigentum ist nur dann relevant, wenn es auf deutschem Territorium genutzt wird. Liegt eine eingeschränkte Nutzung vor, weil zum Beispiel keine Produktion in Deutschland stattfindet, sollte der auf die deutsche Nutzung entfallende quellensteuerlich relevante deutsche Anteil der Lizenzzahlungen diese eingeschränkte Nutzung widerspiegeln.
  3. EU-Marken und öffentlich anerkannte Marken: Einkünfte aus der Lizenzierung oder Veräußerung von Rechten, die in einem deutschen Register eingetragen sind, unterliegen gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f EStG der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland. Marken, die sowohl beim Deutschen Patent- und Markenamt als auch als EU-Marke eingetragen sind, entfalten häufig keine zusätzliche Schutzwirkung und sollten bei der Ermittlung des auf Deutschland entfallenden Anteils der Lizenzzahlungen mindernd berücksichtigt werden.

Fazit

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Lizenzzahlungen und Veräußerungen im internationalen Kontext ist komplex, insbesondere bei in Deutschland eingetragenen Marken und Patenten. Es ist wichtig, diese Aspekte sorgfältig zu berücksichtigen, um steuerliche Risiken zu minimieren.

Für Fragen stehen Ihnen Ihre direkten Ansprechpartner bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gerne zur Verfügung.