Die Erste Nationale Risikoanalyse der Bundesrepublik Deutschland attestiert dem Immobiliensektor ein „herausgehobenes Risiko“ für Geldwäscheaktivitäten. Dies wird mit der hohen Bedeutung von Immobilien aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht, deren Wertstabilität sowie den daraus resultierenden hohen Transaktionsvolumina begründet. Die Financial Action Task Force weist darüber hinaus in ihrem Leitfaden für einen risikobasierten Ansatz im Immobiliensektor auf die sekundären Vorteile von Immobilien hin, wie beispielsweise die Möglichkeit, Aufenthaltsgenehmigungen oder Staatsbürgerschaften zu erhalten.
Auch das Bundeskriminalamt hat in seinem Bundeslagebild Organisierte Kriminalität die Bedeutung von Immobilien als wesentliche Investitionskategorie für Straftäterinnen und Straftäter festgehalten. Demnach stellten Immobilien im Jahr 2023 mit insgesamt 32 Millionen Euro den betragsmäßig mit Abstand größten Teil der in Finanzermittlungen durchgeführten vorläufigen Vermögenssicherungen dar. Im Jahr zuvor betrug die Summe sogar 130 Millionen Euro.
Geldwäscherisiken im Immobiliensektor
Besondere Risiken ergeben sich im Immobiliensektor, wenn formales Eigentum und wirtschaftliche Berechtigung auseinanderfallen. Trotz bestehender Transparenzanforderungen können Kriminelle durch den Einsatz von verschachtelten Gesellschaftskonstruktionen oder Objektgesellschaften faktische Anonymität herstellen.
Im Kontext der sogenannten Clankriminalität ist der Erwerb von Immobilien zu Geldwäschezwecken dabei verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Insbesondere (Zwangs-)Versteigerungen bergen ein erhöhtes Geldwäscherisiko. Hierbei erwerben kriminelle Gruppierungen Immobilien und begleichen den Kaufpreis oftmals mit Bargeld, das im Zusammenhang mit einer Straftat erworben wurde.
Aktuelle Rechtslage
Als Reaktion auf die festgestellte Risikoexposition verpflichtet der Gesetzgeber diverse Intermediäre, die an Immobilientransaktionen beteiligt sind, zum Einhalten geldwäscherechtlicher Prüfmaßnahmen. Hierzu zählen neben Kreditinstituten sowie Notarinnen und Notaren auch Immobilienmakler1. Als Immobilienmakler im Sinne des Geldwäschegesetzes gelten gewerbliche Vermittler von Kauf-, Pacht- und Mietverträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, gewerbliche Räume und Wohnräume.
Grundsätzlich haben Makler die im Geldwäschegesetz festgelegten Anforderungen vollumfänglich einzuhalten. Erleichterungen sieht der Gesetzgeber jedoch für reine Mietmakler vor. Sie müssen nur dann über ein wirksames Risikomanagement einschließlich gruppenweiter Verfahren verfügen, wenn sie Verträge mit einer monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von mindestens 10.000 Euro vermitteln. Für Vermittlungsgeschäfte unterhalb dieser Wertschwelle müssen zudem keine Sorgfaltspflichten angewendet werden. Die Bestellung von Geldwäschebeauftragten ist für Makler - anders als für Finanzunternehmen - bisher sogar gänzlich freiwillig.
Soweit verpflichtete Maklerinnen und Makler ihre berufliche Tätigkeit als Angestellte eines Maklerunternehmens ausüben, obliegen die geldwäscherechtlichen Pflichten diesem Unternehmen2. Bei der Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitenden sind Immobilienmakler ausweislich der Gemeinsamen Auslegungs- und Anwendungshinweise der Länder für Nichtfinanzunternehmen regelmäßig für die Einhaltung der Pflichten verantwortlich - vorausgesetzt die Vermittlung erfolgt in deren Namen. Eine Ausnahme besteht für in Hessen ansässige Makler. Die örtlich zuständigen Regierungspräsidien werten die einzelnen rechtlich selbstständigen Maklerinnen und Makler als eigenständig Verpflichtete, sofern sie eine behördliche Erlaubnis zur Berufsausübung besitzen und ein Gewerbe angemeldet haben. Dies gilt unabhängig davon, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung der Maklervertrag geschlossen wird, also insbesondere auch für Handelsvertreter und Franchisenehmer3.
Änderungen voraus: Die EU-Geldwäschenovelle
Die Europäische Union hat am 31. Mai 2024 ein umfassendes Geldwäschepaket verabschiedet. Herzstück dieser Novelle ist die Geldwäscheverordnung. Damit werden die materiellen Anforderungen an die Geldwäscheprävention erstmals ohne weitergehende nationale Umsetzungsakte innerhalb der gesamten Union einheitlich und unmittelbar anwendbar.
Ausweislich der Erwägungsgründe sollten Immobilienunternehmer, die den Kauf, den Verkauf und die Vermietung von Immobilien vermitteln, geldwäscherechtliche Maßnahmen ergreifen, unabhängig von ihrer Bezeichnung, ihrer Haupttätigkeit oder ihrem Beruf. Dies betrifft auch mit der Vermittlung befasste Immobilienentwickler.
Die neuen Anforderungen im Überblick
Die Verordnung sieht vor, dass Makler beide Parteien einer Immobilientransaktion als Kunden zu behandeln und somit den Sorgfaltspflichten zu unterziehen haben4. Sofern für beide Parteien ein verpflichteter Immobilienmakler tätig ist, gilt bislang die Ausnahme, dass der Makler nur seinen Auftraggeber identifizieren muss5. Diese Sonderregelung fehlt im Verordnungstext, weshalb Makler zukünftig mit entsprechenden Mehraufwänden bei Geschäftsabschlüssen rechnen müssen.
Die bisherige Wertschwelle in Höhe von 10.000 Euro für die Vermittlung von Mietverträgen bleibt unverändert. Allerdings schließt der europäische Gesetzgeber Mietmakler unterhalb dieser Schwelle grundsätzlich von der geldwäscherechtlichen Verpflichtung aus. Dies geht über die bisherigen Regelungen hinaus, wonach Verpflichtete unabhängig vom Vorhalten eines wirksamen Risikomanagementsystems zumindest Verdachtsfälle zu melden haben. Dabei ist nach der aktuellen Rechtslage auf die wirtschaftliche Plausibilität von Transaktionen zu achten, und Anhaltspunkte wie ungewöhnlicher Zeitdruck des Auftraggebers oder Begleichung des Kaufpreises in bar bzw. von Konten aus Hochrisikostaaten sind entsprechend kritisch zu würdigen6.
Verpflichtete Immobilienmakler müssen zukünftig zudem zwingend Geldwäschebeauftragte bestellen und insoweit ihre bestehenden geldwäscherechtlichen Maßnahmen aufbauorganisatorisch formalisieren.
Ausblick und Handlungsbedarf
Die Geldwäscheverordnung gilt ab dem 10. Juli 2027 unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten. An verschiedenen Stellen verweist die Verordnung auf technische Regulierungs- und Umsetzungsstandards, die von der neuen Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (kurz: „AMLA“) noch zu erarbeiten sind. Diese Standards sollen die geldwäscherechtlichen Pflichten weitergehend spezifizieren. Inwieweit den nationalen Gesetzgebern eine weitergehende Regelungskompetenz zukommt bzw. von diesen genutzt werden wird, ist derzeit noch unklar. Eine umfassende Überarbeitung der Verwaltungspraxis der örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden ist zu erwarten.
Immobilienmakler sollten sich frühzeitig mit den neuen Vorschriften beschäftigen und deren Auswirkung auf ihr bestehendes Risikomanagementsystem im Rahmen einer Gap-Analyse ausloten.
Die Expertinnen und Experten von KPMG stehen Ihnen bei allen Fragen rund um die Geldwäscheprävention gern zur Verfügung.
Fußnoten
1Seit Inkrafttreten des Geldwäschebekämpfungsgesetzes am 15. August 2002.
2Vgl. § 6 Abs. 3 Geldwäschegesetz
3Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz der Regierungspräsidien in Hessen
4Vgl. Art. 19 Abs. 6 lit. c Geldwäscheverordnung
5Vgl. § 11 Abs. 2 Geldwäschegesetz
6FIU-Typologiepapier mit besonderen Anhaltspunkten für den Immobiliensektor
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