Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2023

Tax News 05-06/2023

Neue Gesetze

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Am 14. Juni 2023 hat der Ministerrat die Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2023 („AbgÄG 2023“) beschlossen. Wie schon der Begutachtungsentwurf enthält die Regierungsvorlage einige positive steuerliche Änderungen und zahlreiche Klarstellungen. Darüber hinaus wurde die Quotenregelung für Steuerberater erstmals gesetzlich verankert.

Die Regierungsvorlage zum AbgÄG 2023 enthält neben den steuerlichen Begleitmaßnahmen, die sich aufgrund des EU-UmgrG für grenzüberschreitende Umgründungen ergeben (siehe dazu auch unsere Tax News 01-02/2023), insbesondere folgende steuerliche Änderungen:

1) Einkommensteuer

Ausweitung der Einkommensteuerbefreiung von Photovoltaikanlagen

Zur Förderung von Photovoltaikanlagen sieht die Regierungsvorlage eine Ausweitung der Einkommensteuerbefreiung von Photovoltaikanlagen vor. Um sicherzustellen, dass die Verbauung eines leistungsfähigeren Moduls (als 25 kWp) zur Eigenversorgung im privaten Bereich nicht zum vollständigen Entfall der Steuerbefreiung für die Überschusseinspeisung führt, soll der schon bisher bestehende, aber nun erhöhte Grenzwert für die Engpassleistung künftig mit einem Grenzwert für die Anschlussleistung kombiniert werden. Damit soll die Steuerbefreiung in Zukunft auch greifen, wenn die Engpassleistung bis zu 35 kWp beträgt, wenn gleichzeitig die Anschlussleistung den Wert von 25 kWp nicht übersteigt.

Entnahme von Gebäuden

Nach § 6 Z 4 EStG sind Entnahmen aus dem Betriebsvermögen mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme anzusetzen. Davon abweichend ist bei der Entnahme von Grund und Boden der Buchwert maßgeblich, sofern nicht eine Ausnahme vom besonderen Steuersatz gem. § 30a Abs. 3 EStG vorliegt. Um die außerbetriebliche Nutzung von leerstehenden Betriebsgebäuden ertragsteuerlich zu erleichtern, sollen künftig auch Gebäude und Baurechte zum Buchwert entnommen werden.

Im Falle einer Betriebsaufgabe kann abweichend von § 6 Z 4 EStG auf Antrag der gemeine Wert angesetzt werden, wenn einer der in § 37 Abs. 5 Z 1 bis 3 EStG genannten Fälle vorliegt (Tod, Erwerbsunfähigkeit, Einstellung der Erwerbstätigkeit bei Vollendung des 60. Lebensjahres).

Die Neuregelung soll erstmalig für Entnahmen und Betriebsaufgaben gelten, die nach dem 30. Juni 2023 erfolgen.

Die im Begutachtungsentwurf in § 30 Abs. 2 Z 2 EStG enthaltene Präzisierung, wonach die Herstellerbefreiung nur für im Privatvermögen selbst hergestellte Gebäude gelten soll, damit es zu keiner „Entsteuerung“ von betrieblich genutzten, selbst hergestellten Gebäuden kommt, wurde nicht in die Regierungsvorlage übernommen.

Einlagen in Personengesellschaften

Im Sinne der bisherigen Verwaltungspraxis wird klarstellend aufgenommen, dass im Falle der Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen oder dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft die Übertragung in einen Einlage- und einen Anschaffungsvorgang aufzuspalten ist. Hinsichtlich der Eigenquote liegt ein Einlagevorgang vor, hinsichtlich der Fremdquote ein Anschaffungsvorgang, wodurch es im Ergebnis zu einer anteiligen Veräußerung in Höhe der Fremdquote kommt.

Daher soll es auch bei einem verunglückten Zusammenschluss (d.h. außerhalb des Art IV UmgrStG) künftig nur mehr zu einer anteiligen Realisierung stiller Reserven kommen: Insoweit das Vermögen weiterhin dem Übertragenden zuzurechnen ist, sind nach § 24 Abs. 7 EStG die Buchwerte fortzuführen.

Kapitalvermögen

  • Digitale KESt-Befreiungserklärung
    Die bisherige Verpflichtung zur Übermittlung einer schriftlichen Kopie der Befreiungserklärung an das Finanzamt wird ab 2025 durch eine vollelektronische Datenübermittlung zwischen den abzugsverpflichteten Kreditinstituten und der Finanzverwaltung ersetzt.
  • Zurechnung von Dividenden, Anrechnung und Rückerstattung von KESt
    Abweichung von den allgemeinen Zurechnungsgrundsätzen bei Ausschüttungen (vgl. VwGH 28.06.2022, Ro 2022/13/0002) und der bisherigen Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Information vom 18.09.2014, BMF-010203/0314-VI/1/2014) soll für die Zurechnung von Dividenden künftig auf das wirtschaftliche Eigentum am „Record Day“ abgestellt werden. Das ist jener Tag, an dem der Zentralverwahrer die Anspruchsberechtigung feststellt. Dabei handelt es sich um den ersten Handelstag nach dem Tag, an dem die Anteile erstmals ohne Auszahlungsanspruch gehandelt werden (cum-Tag+2 bzw. ex-Tag+1).
    Zusätzlich sollen in Anlehnung an die deutsche Rechtslage ausdrückliche Bestimmungen für die Erstattung und Anrechnung der KESt bei Handel rund um den Record Day geschaffen werden (insb. angemessenes wirtschaftliches Risiko, Mindestbehaltedauer von 45 Tagen rund um den Record Day).
  • Als KESt-Abzugsverpflichtete sollen künftig nach § 95 Abs. 2 Z 1 lit b EStG (Einkünfte aus der Überlassung von Kapital) und § 95 Abs. 2 Z 2 EStG (realisierte Wertsteigerungen) auch Wertpapierfirmen iSd § 3 WAG 2018 in Frage kommen.

Abzugsteuersatz bei Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger

Für zugeflossene Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger, die einen Betrag von EUR 20.000 im Kalenderjahr nicht übersteigen, soll der pauschale Netto-Abzugsteuersatz nach § 70 Abs. 2 Z 2 EStG (Lohnsteuer) und § 100 Abs. 1 EStG künftig 20 % betragen. Für den übersteigenden Teil der Einkünfte soll weiterhin der höhere Netto-Abzugsteuersatz bzw. Lohnsteuersatz von 25 % gelten.

Einheitliche Regelung für Besteuerungswahlrecht

Mit dem AbgÄG 2023 wird im EStG erstmals eine Generalnorm für die Ausübung von Besteuerungswahlrechten eingeführt, die auch für das KStG maßgeblich sein soll.  § 39 Abs. 4 EStG soll klarstellen, dass Besteuerungswahlrechte und Anträge in der Steuererklärung auszuüben sind, wenn dies auf dem amtlichen Vordruck oder im Rahmen der automationsunterstützten Datenübertragung vorgesehen ist. Soweit nichts anderes bestimmt ist, können die Wahlrechte auch nach erstmaligem Eintritt der Rechtskraft nachträglich ausgeübt oder geändert bzw. zurückgezogen werden.

2) Körperschaftsteuer

Typenvergleich im Rahmen der unbeschränkten KÖSt-Pflicht

Im Sinne der Rechtssicherheit sollen vergleichbare ausländische Rechtsgebilde (Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen) ausdrücklich in § 1 Abs. 2 Z 1 KStG genannt und damit die Rechtsgrundlage für den Typenvergleich verankert werden.

Übertragung stiller Reserven bei Privatstiftungen

Dazu verweisen wir auf unseren Tax News 05-06/2023

3) Umgründungssteuergesetz

Neben der Aufnahme von steuerlichen Begleitregelungen zum EU-UmgrG (siehe dazu auch unsere Tax News 01-02/2023) sollen im  AbgÄG 2023 im Bereich das Umgründungssteuerrechts einige Vereinfachungen umgesetzt werden.

Digitalisierung der Meldung von Umgründungen

Zur Sicherstellung einer standardisierten, einheitlichen und elektronischen Erfassung von sämtlichen Umgründungsvorgängen sollen Umgründungen künftig nur noch elektronisch über FinanzOnline mittels standardisierten Formulars („Umgründungs-Formular“) dem Finanzamt angezeigt werden können. Von einer Anzeige in elektronischer Form kann abgesehen werden, wenn der übertragende oder der übernehmende Rechtsträger im Zeitpunkt des Beschlusses oder der Vertragsunterzeichnung nicht über eine inländische Steuernummer verfügt. 

Erweiterung der Entstrickungsregelungen auf Anteilsinhaberebene

Um einer etwaigen Einschränkung des Besteuerungsrechts auf Anteilsinhaberebene anlässlich von side-stream-Vorgängen Rechnung zu tragen, sieht die Regierungsvorlage (wie auch schon der Begutachtungsentwurf) eine Erweiterung der bestehenden Entstrickungsregelungen vor, wenn das Besteuerungsrecht an den Anteilen der übertragenden Gesellschaft eingeschränkt wird (z.B. Verschmelzung einer inländischen Gesellschaft mit 100 % inländischen Anteilsinhaber auf eine Gesellschaft mit ausländischem Anteilsinhaber und dadurch Wegfall des österreichischen Besteuerungsrechtes): Im Falle der Weiterveräußerung oder eines sonstigen Ausscheidens der Anteile an der übernehmenden Körperschaft durch den ausländischen Anteilsinhaber soll es zu einer Besteuerung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert und dem nach § 6 Z 6 lit a EStG maßgeblichen Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft kommen.

Vereinfachung des UmgrStG

  • Verzicht auf Gewährung neuer Anteile
    Künftig soll nach § 19 Abs. 2 Z 6 UmgrStG ein Verzicht auf die Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Körperschaft auch dann möglich sein, wenn alle an der übernehmenden Körperschaft unmittelbar oder mittelbar Beteiligten begünstigtes Vermögen iSd § 12 Abs. 2 Z 2 oder 3 UmgrStG einbringen, an dem sie insgesamt im Verhältnis zueinander im selben Ausmaß wie an der übernehmenden Körperschaft substanzbeteiligt sind (zB Einbringung eines 50:50 Joint Ventures in eine gemeinsame 50:50 Holdinggesellschaft)
  • Rechtsbeziehungen im Rückwirkungszeitraum
    Sämtliche Rechtsbeziehungen des Einbringenden zur übernehmenden Körperschaft bezogen auf das eingebrachte Vermögen sollen nach § 18 Abs. 3 UmgrStG mit steuerlicher Wirkung auf den dem Einbringungsstichtag folgenden Tag rückbezogen werden können. Voraussetzung ist, dass spätestens am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages nachweislich eine Entgeltvereinbarung getroffen wird. Davon abweichend sollen Rechtsbeziehungen einer einbringenden natürlichen Person zur übernehmenden Körperschaft im Zusammenhang mit der eigenen Beschäftigung ab Vertragsabschluss, frühestens jedoch für Zeiträume steuerwirksam sein, die nach dem Abschluss des Einbringungsvertrages beginnen. Ergänzend zum Begutachtungsentwurf wurde in die Regierungsvorlage klarstellend aufgenommen, dass dies auch für Mitunternehmer gilt. 

4) Umsatzsteuer

Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung an Endverbraucher

Wird Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, die nach dem UStG nicht geschuldet wird, so entsteht die Steuerschuld kraft Rechnungslegung, es sei denn, die Rechnung wird berichtigt. Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom 08.12.2022, Rs C-378/21, P-GmbH soll es auch dann nicht zu einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung kommen, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Lieferung/Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (in der Praxis wohl selten der Fall).

5) Verfahrensrecht

Gesetzliche Verankerung der Quotenregelung für Steuerberater

Die Quotenregelung für Steuerberater wird erstmals gesetzlich verankert: Nach § 134a BAO sollen Abgabenerklärungen durch Steuerberater bis längstens 31. März des auf den Veranlagungszeitraum zweifolgenden Kalenderjahres eingereicht werden können. Eine Fristverlängerung bis 30. Juni des zweitfolgenden Kalenderjahres soll durch das Finanzamt möglich sein, allerding nur einheitlich für alle noch im Rahmen der Quotenregelung einzureichenden Abgabenerklärungen.

Die im Begutachtungsentwurf vorgesehene Einschränkung auf betriebliche Einkünfte hat keinen Eingang in die Regierungsvoralge gefunden. Ausgenommen von der Quotenreglung bleiben somit nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die die Einkommensteuer durch Lohnsteuerabzug erhoben wurde oder zu erheben gewesen wäre.

Konkretisierungen finden sich in der Quotenregelungsverordnung, die ebenfalls im Entwurf vorliegt.

Auf eine zeitnahe Bereitstellung der Unterlagen sowie Erstellung der Abgabenerklärungen wird verstärkt zu achten sein.

Im Detail verweisen wir auf den ausführlichen separaten Beitrag im Tax News 05-06/2023.

Auskunftsbescheid nach § 118 BAO

Anträge auf Ausstellung eines Auskunftsbescheides gem. § 118 BAO sollen künftig nur mehr elektronisch über FinanzOnline eingebracht werden können, sofern der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung eine österreichische Steuernummer hat.

Elektronische Übermittlung von behördlichen Schriftsätzen an das BFG

Durch das AbgÄG 2023 wird die Möglichkeit geschaffen, behördliche Schriftsätze samt Beilagen elektronisch an das BFG zu übermitteln.

6) Ausblick

Das AbgÄG 2023 bringt einige begrüßenswerte Änderungen mit sich. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Regierungsvorlage in vorliegender Fassung vom Nationalrat angenommen wird; die finale Gesetzwerdung wird für Mitte Juli 2023 erwartet.

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