OECD-Kommentar 2025: Klarstellung zu Betriebsstätte bei Home Office und Remote Work

Tax Personnel News 9/2025

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Am 19. November 2025 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die lang erwarteten Aktualisierungen des Kommentars zum Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen veröffentlicht („Musterkommentar 2025“). Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Frage, wann die Arbeit aus dem Home Office oder einem anderen Ort im Ausland eine Betriebsstätte (BS) begründet.


Warum ist das wichtig?

Mit der Zunahme von dienstnehmerseitigen ‚Work from Anywhere‘-Anfragen – sei es vom eigenen Home Office oder von einem anderen Ort aus – standen Unternehmen vor erheblicher Unsicherheit: Führt die Tätigkeit von Mitarbeitenden im Ausland zu steuerlichen Risiken für das Unternehmen selbst?

Die neuen OECD-Leitlinien bringen nunmehr mehr Klarheit und Flexibilität:

  • Grundsatz 1: Arbeiten Mitarbeitende weniger als 50 % ihrer gesamten Arbeitszeit innerhalb von 12 Monaten von einem Ort außerhalb des Unternehmens, entsteht in der Regel keine feste Geschäftseinrichtung.
  • Grundsatz 2: Selbst bei Überschreiten der 50 %-Schwelle ist eine Betriebsstätte nicht automatisch gegeben. Es muss zusätzlich ein kommerzieller Grund für die Tätigkeit an diesem Ort vorliegen.

Damit können Unternehmen ihre Richtlinien für grenzüberschreitendes Arbeiten überprüfen und moderne, ausgewogene Arbeitsmodelle fördern.

Wesentliche Klarstellungen

Die OECD betont: Die Beurteilung erfolgt einzelfallbezogen für den relevanten Zeitraum, nicht für vergangene oder zukünftige Zeiträume.

Charakteristik des Arbeitsortes

  • Home Office oder andere Orte (z. B. Zweitwohnung, Ferienunterkunft, Wohnung von Freund:innen) stehen in der Regel nicht in der Verfügungsmacht des Unternehmens, sondern des jeweiligen Individuums.
  • Diese Verfügungsmacht des Mitarbeitenden erschwert die Annahme einer „festen, örtlichen Geschäftseinrichtung“ für das Unternehmen.

Wann liegt eine feste Geschäftseinrichtung vor?

  • Örtlichkeit: Der Ort wird regelmäßig und dauerhaft für produktive Geschäftstätigkeiten genutzt.
  • Art der Tätigkeit: Die Tätigkeit muss über vorbereitende oder unterstützende Funktionen hinausgehen.
  • Individuelle Prüfung: Jeder Fall ist gesondert zu bewerten.

Praktische Schwellenwerte

  • < 50 % Arbeitszeit pro Jahr: In der Regel keine Betriebsstätte.
  • ≥ 50 % Arbeitszeit: Weitere Prüfung erforderlich, insbesondere ob ein kommerzieller Grund vorliegt (z. B. Kundenbetreuung vor Ort).

Kommerzielle Gründe – Beispiele

  • Aufbau von Beziehungen zu neuen Kund:innen oder Lieferant:innenkontakte.
  • Durchführung von Kund:innenschulungen oder Reparaturen vor Ort.
  • Echtzeit-Interaktionen mit Kund:innen oder Partner:innen (z. B. IT-Support, medizinische Dienstleistungen).
  • Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen.

Nicht alleine ausreichend

  • Kostensenkung (z. B. Einsparung von Büroräumlichkeiten)
  • Mitarbeitendenbindung (Attraction und Retention)

Praxisbeispiele

Zum besseren Verständnis werden diese Regelungen durch 5 Beispiele erläutert:

Auswirkung auf die Praxis

Ob bei der Auslegung des jeweils anzuwendenden DBA die damals gültige (statische) oder die aktuelle (dynamische) Fassung des OECD-Musterkommentars heranzuziehen ist, ist nach wie vor umstritten. In der österreichischen Rechtsprechung wird meist der statischen Sicht der Vorrang eingeräumt. Dennoch ist zu erwarten, dass die aktuellen OECD-Änderungen auch die österreichische Praxis künftig beeinflussen werden.

Fazit

Die OECD-Updates schaffen dringend benötigte Klarstellung: Remote Work führt nicht automatisch zu steuerlichen Risiken.

Gerade jetzt ist der ideale Zeitpunkt für Unternehmen, ihre Richtlinien für grenzüberschreitendes Arbeiten zu überprüfen und klare, zukunftsorientierte Vorgaben für Homeoffice im Ausland zu definieren. Laut der aktuellen KPMG Global Mobility Benchmarking Studie 2025 gelten moderne, flexible Policies nicht mehr nur als organisatorische Notwendigkeit, sondern werden gezielt als strategisches Werkzeug im War for Talents eingesetzt. Unternehmen, die ihre Mobilitätsrichtlinien proaktiv anpassen, verschaffen sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung und Bindung von Top-Talenten.

Stay Tuned

Demnächst laden wir zum virtuellen Tax Talk zu den Auswirkungen auf Home Office und Remote Work ein. Die Einladung mit allen Details folgt in Kürze.