Umsatzsteuerrechtliche Kleinunternehmerbefreiung neu – Ausdehnung auf EU-Umsätze

Tax News – KMU November 2024

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Bergsteiger beim Fotografieren

Ein Überblick für die Praxis

1. Anhebung der Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer:innen

Noch bis Ende 2024 ist die Kleinunternehmerbefreiung nur dann anwendbar, wenn die entsprechenden Umsätze im Veranlagungszeitraum EUR 35.000 (netto) nicht übersteigen. Zur Ermittlung der Grenze ist auf eine unterstellte Umsatzsteuerpflicht abzustellen. Kommt der Normalsteuersatz von 20 % zur Anwendung, ist die Befreiung somit anwendbar, wenn die Umsätze insgesamt max. EUR 42.000 brutto betragen. Ab 1.1.2025 kommt es zu einer Erhöhung dieser Grenze. Zukünftig ist die Befreiung anwendbar, wenn der Wert von EUR 55.000 brutto nicht überschritten wird. Aber Achtung: Neu ist, dass die Umsatzgrenzen im laufenden und vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten werden dürfen.

2. Neuregelung der Folgen einer Überschreitung der Umsatzgrenze

Im Rahmen der ab 1.1.2025 gültigen Neufassung der Befreiung bewirkt ein Überschreiten der Umsatzgrenze grundsätzlich, dass die Befreiung für den Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, und für alle nachfolgenden Umsätze nicht mehr anwendbar ist. Im Gegensatz zu bisher bleibt aber der in diesem Jahr zuvor (vor Überschreiten der Umsatzgrenze) realisierte Umsatz steuerbefreit.

Wird die Grenze im laufenden Kalenderjahr um nicht mehr als 10 % überschritten (daher um nicht mehr als EUR 5.500), kommt die Befreiung für Umsätze, die bis zum Ende des Kalenderjahres ansonsten umsatzsteuerpflichtig wären, noch zur Anwendung. Die bisherigen lediglich in den Umsatzsteuerrichtlinien erwähnte Toleranzregel (15 % innerhalb von 5 Jahren) kommt nicht mehr zur Anwendung.

3. Neu – EU-Kleinunternehmerbefreiung

Derzeit kann die Befreiung nur für Umsätze in Anspruch genommen werden, die im Mitgliedstaat des Unternehmenssitzes umsatzsteuerbar sind. Vermietet daher bspw. ein österreichischer Unternehmer eine Wohnung in München, können die Mietumsätze nicht aufgrund der derzeitigen Kleinunternehmerbefreiung von der Umsatzsteuer befreit werden.

Mit 1.1.2025 sind unter gewissen Bedingungen jedoch die in anderen EU-Mitgliedstaaten erzielten Umsätze von der EU-Kleinunternehmerbefreiung umfasst. Vereinfacht gesagt kommt die EU-Kleinunternehmerbefreiung zur Anwendung, wenn

  • der EU-weite Jahresumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr und im laufenden Kalenderjahr den Schwellenwert von EUR 100.000 nicht übersteigt
    und
  • die im jeweiligen Mitgliedstaat geltende Kleinunternehmergrenze im jeweils maßgeblichen Zeitraum nicht überschritten wird
    und
  • ein Antrag auf Anwendung der EU-Kleinunternehmerbefreiung im gewünschten Mitgliedstaat über das von der österreichischen Finanzverwaltung hierzu eingerichtete Portal eingereicht wird und der Antrag zustimmend erledigt wird.

Hinsichtlich der Höhe der lokalen Kleinunternehmergrenze und der Folgen einer Überschreitung dieser Grenze stehen den Mitgliedstaaten einige Wahlmöglichkeiten offen. Es ist daher stets die lokale Umsetzung zu prüfen.

Wird ein Antrag auf Anwendung der EU-Kleinunternehmerbefreiung in einem Mitgliedstaat gestellt, so ist die Befreiung ab dem Tag der Mitteilung einer neuen Kleinunternehmer-Identifikationsnummer bzw. falls eine solche schon vorliegt, ab dem Tag der Bestätigung der Anwendung der Befreiung durch den jeweiligen Mitgliedstaat anwendbar. Der jeweilige Mitgliedstaat hat hierfür grundsätzlich 35 Werktage Zeit. Sofern daher die EU-Kleinunternehmerbefreiung bereits mit Inkrafttreten der Regelung am 1.1.2025 angewandt werden soll, empfiehlt es sich, den entsprechenden Antrag möglichst zeitnah zu stellen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.

4. Erklärungs- und Meldepflichten i. Z. m. der EU-Kleinunternehmerbefreiung

Wird die EU-Kleinunternehmerbefreiung in zumindest einem Mitgliedstaat in Anspruch genommen, so sind je Kalendervierteljahr bis zum Ende des Monats, das auf das Kalendervierteljahr folgt, die befreiten Umsätze über das entsprechende Portal der österreichischen Finanzverwaltung zu melden.

Daneben bestehen weitere Meldeverpflichtungen, beispielsweise falls ein Schwellenwert überschritten wird.

5. Option zur Steuerpflicht

Unverändert bleibt in Österreich die Möglichkeit, bis zur Rechtskraft des Bescheides, wirksam mit Beginn eines Jahres, auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung zu verzichten (Regelbesteuerungsantrag). An diese ist der:die Unternehmer:in dann aber (zumindest national) 5 Jahre gebunden. In Zusammenhang mit der EU-Kleinunternehmerbefreiung sind Sonderregeln zu beachten.

Fazit

Durch die Neuregelung wird die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung einerseits national erweitert und andererseits auf sämtliche EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt.

Insbesondere der Wegfall der rückwirkenden Umsatzsteuerpflicht bei unterjährigem Überschreiten der innerstaatlichen Kleinunternehmergrenze sollte künftig eine Erleichterung in der praktischen Anwendung mit sich bringen.

Eine eingehende Prüfung vor Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung ist aufgrund des damit einhergehenden Verlustes des Vorsteuerabzugs und der administrativen Anforderungen weiterhin allgemein unerlässlich.

Soll die Befreiung in anderen Mitgliedstaaten bereits ab 1.1.2025 genutzt werden, ist unverzügliches Handeln notwendig.