Neuer Kollektivvertrag im Hotel- und Gastgewerbe – die wesentlichsten Änderungen

Tax News – KMU Oktober 2024

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Bergsteiger beim Klettern

Der Kollektivvertrag gilt sowohl für Arbeiter:innen als auch Angestellte und wurde – mit grundsätzlichem Inkrafttreten ab 1.11.2024 – stark überarbeitet

Mit 1.11.2024 tritt für alle Arbeitnehmer:innen im Hotel- und Gastgewerbe ein neuer Kollektivvertrag in Kraft. Er gilt sowohl für Arbeiter:innen als auch für Angestellte sowie Lehrlinge und Praktikant:innen im Hotel- und Gastgewerbe.

Hinweis: Erst ab 1.5.2025 gilt die Neuregelung der Lohn-/Gehaltsgruppe 4 (siehe unten l), die Anrechnung von Vordienstzeiten bei Fachkräften bzw. Branchenerfahrung bei Hilfskräften (siehe unten m) und die Vereinheitlichung der Dienstzeitzulage (5 Jahre – siehe unten n).

Ab 1.11.2024 gelten auch die neuen bundesländerspezifischen Lohnordnungen (für Arbeiter:innen) bzw. die – ebenfalls nicht für alle Bundesländer einheitlichen – Gehaltstabellen für die Angestellten. Für Wien gibt es auch unterschiedliche Gehaltstabellen für die Hotellerie einerseits und Kaffeehäuser und Gastronomie andererseits.

Im Folgenden haben wir aus den umfangreichen Informationen der WKO-Serviceplattform „Gastronomie-Hotellerie“ die wichtigsten Änderungspunkte im Rahmenkollektivvertrag zusammengestellt. Sie betreffen folgende Themenbereiche:

  • Arbeitszeit und Freizeit (a–g)
  • Entgelt und Einstufung (h–o)
  • Jugendliche (p–s)
  • Beendigung des Arbeitsvertrages (t–v)

a) Erweiterte Durchrechnung der Arbeitszeit:

Die Durchrechnungsregelung für Teilzeitbeschäftigte wurde an die Regelungen der Vollzeitbeschäftigten angeglichen. Der Durchrechnungszeitraum beträgt dabei 26 Wochen bei Jahresbeschäftigten bzw. bis zu neun Monate bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen (z. B. Saisonarbeitskräfte). Die Durchrechenbare Normalarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte beträgt 48 Std./Woche und 9 Std./Tag; hinsichtlich Teilzeitbeschäftigten gilt die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit plus 8 Std./Woche und 9 Std./Tag. Arbeitsstunden außerhalb der Grenzen der Durchrechnung gelten bei Teil- und Vollzeitbeschäftigten als Überstunden und sind mit einem Zuschlag von 50 Prozent zu bewerten. Der Kollektivvertrag differenziert hier somit nicht mehr zwischen Saison- und Jahresbetrieb, sondern knüpft an die Dauer der Arbeitsverhältnisse an: Dauert ein Arbeitsverhältnis bis zu neun Monate, kann eine Durchrechnung in diesem Ausmaß erfolgen.

b) Erweiterter Betrachtungszeitraum für die Grenzen der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden:

Der Betrachtungszeitraum für die durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden wird von 17 Wochen auf 26 Wochen ausgedehnt. In einem rollierenden Betrachtungszeitraum von 26 Wochen dürfen im Durchschnitt 48 Stunden/Woche nicht überschritten werden. Das hilft insbesondere Saisonbetrieben mit längeren Saisonen, die durch den längeren Betrachtungszeitraum Phasen mit ausgedehnten Arbeitszeiten der Beschäftigten besser ausgleichen können.

c) Klarstellungen bei der Durchrechnung des 6. Wochentages:

In einzelnen Wochen des Durchrechnungszeitraumes kann unter Einhaltung der Wochenruhe (36 Stunden) an sechs Wochentagen gearbeitet werden. Am Ende des Durchrechnungszeitraumes müssen im Durchschnitt zwei freie Tage pro Woche gegeben sein (z. B. müssen bei einem Durchrechnungszeitraum von 26 Wochen 52 Tage frei sein). Ist dies nicht der Fall, ist für jeden fehlenden freien Tag ein Zuschlag fällig. Der Zuschlag beträgt 50 Prozenz eines Fünftels der vereinbarten wöchentlichen Normalarbeitszeit.

d) Zusammenhängende Freizeit i. V. m. dem Sonntag / freien Tag:

Im Durchschnitt eines Kalenderjahres ist die Arbeitszeit so einzuteilen, dass Arbeitnehmer:innen 12 Sonntage jeweils in Verbindung mit einem davorliegenden Samstag oder einem darauffolgenden Montag frei haben. Alternativ dazu muss bei Betrieben mit nur einem Schließtag oder bei Arbeitnehmer:innen mit einem fix vereinbarten freien Tag 12 Mal pro Jahr der Schließtag / freie Tag mit einem anderen freien Tag kombiniert werden. Angerechnet auf die freien Sonntage / freien Tage werden maximal drei Sonntage / freie Tage, die in einen Urlaub fallen bzw. Sonntage / freie Tage im Rahmen eines Kuraufenthaltes.

Gänzlich ausgenommen sind Betriebe mit zwei oder mehr fixen Schließtagen, Arbeitnehmer:innen mit denen zwei oder mehr freie Tage pro Kalenderwoche vereinbart wurden, Arbeitnehmer:innen, die Arbeitsleistungen ausschließlich am Wochenende oder in Verbindung mit einem Wochenende vereinbart haben und Arbeitnehmer:innen mit bis zu 9 Monaten befristeten Verträgen.

e) Feiertagsarbeit:

Fällt ein Feiertag auf einen Sonntag, besteht bei Arbeit an diesem Tag Anspruch auf Feiertagsarbeitsentgelt. Diese Regelung besteht bereits bei den Arbeiter:innen. Der Bereich der Angestellten wird hier angepasst. Werden vom Arbeitgeber die dienstfreien Tage so eingeteilt, dass sie mehr als sechs Mal pro Kalenderjahr auf einen Feiertag fallen, hat der:die Beschäftigte ab dem siebenten Mal jeweils Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag.

Ausnahmen dazu betreffen Betriebe mit zwei oder mehr fixen Schließtagen, Arbeitnehmer:innen mit denen zwei oder mehr freie Tage pro Kalenderwoche vereinbart wurden, Arbeitnehmer:innen, die Arbeitsleistungen ausschließlich am Wochenende oder in Verbindung mit einem Wochenende vereinbart haben und Arbeitnehmer:innen mit bis zu 9 Monaten befristeten Verträgen.

f) Umkleidezeit als Arbeitszeit:

Im Hinblick auf die bestehende höchstgerichtliche Judikatur gelten Umkleidezeiten als Arbeitszeit, wenn sie im Betrieb angeordnet werden bzw. hygienisch notwendig sind. Die Umkleidezeit entfällt, wenn die Unterkunft im Betrieb oder in unmittelbarer Nähe zum Betrieb ist.

g) Beschäftigung von Teilzeitkräften:

Aufgrund der Schaffung einer Durchrechnungsregelung für Teilzeitbeschäftigte gibt es künftig zwei Möglichkeiten Teilzeitbeschäftigte zu beschäftigen (siehe oben a): Die Beschäftigung von Teilzeitbeschäftigten ohne Durchrechnungsvereinbarung führt zur Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung (§ 19d AZG). In diesem Fall gebührt für Mehrarbeitsstunden ein Zuschlag von 25 Prozent, sofern kein 1:1 Ausgleich innerhalb eines Kalendervierteljahres bzw. eines anderen festgelegten 3-Monatszeitraums erfolgt. Bei Beschäftigung von Teilzeitbeschäftigten mit Durchrechnungsvereinbarung kann ein Durchrechnungszeitraum von bis zu 26 Wochen (6 Monaten) bzw. bei befristeten Verträgen bis zu 9 Monaten vereinbart werden. Nicht ausgeglichene Mehrarbeit ist als Überstunde mit 50 Prozent Zuschlag abzugelten.

Teilzeitbeschäftigte haben nunmehr ein Recht auf Anhebung des Arbeitszeitausmaßes, wenn dieses im Durchrechnungszeitraum bzw. eines Beobachtungszeitraumes von sechs Monaten um mindestens 20 Prozent überschritten wird. Der Arbeitgeber erspart sich damit Zuschläge, kann dieses Verlangen aber andererseits aus betrieblichen Gründen auch ablehnen.

h) Nachtarbeitszuschlag:

Für Arbeitsleistungen zwischen 0:00 und 6:00 Uhr ist ein Nachtarbeitszuschlag zu bezahlen. Bisher bestand ein Anspruch auf Nachtarbeitszuschlag nur bei Überwiegen der Arbeitsleistung zwischen 22:00 und 6:00 Uhr. Im Bereich der Gastronomie musste der:die Arbeitnehmer:in darüber hinaus in einem Nachtbetrieb tätig sein.

Nunmehr gilt ein zeitlich gestaffelter pauschaler Zuschlag, der in den Lohnübereinkommen festgelegt wird. Für jedes begonnene 2-Stundenfenster ab 1.11.2024 wird 1/3 des pauschalen Nachtarbeitszuschlages fällig, und zwar 0:01–2:00 Uhr EUR 9, 2:01–4:00 Uhr EUR 9, 4:01–6:00 Uhr EUR 9. Für Arbeitsleistungen, die frühestens um 5:00 Uhr beginnen, fällt der Nachtarbeitszuschlag in Höhe eines Sechstels an (ab 1.11.2024: EUR 4,50). Für Arbeitsleistungen, die frühestens um 5:30 Uhr beginnen, entfällt der Nachtarbeitszuschlag.

i) Weihnachts- und Urlaubsgeld (Jahresremuneration):

Die Wartezeit für den Anspruch auf Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld beträgt für Arbeiter:innen ein Monat (= Probemonat). Entfällt das Probemonat, entfällt auch die Wartezeit. Angestellte haben wie bisher keine Wartezeit. Als Bemessungsgrundlage ist das zustehende Ist-Gehalt bzw. der Ist-Lohn inklusive Überzahlungen für die vereinbarte Normalarbeitszeit heranzuziehen. Bei einer All-in-Vereinbarung bildet das im jeweiligen Fälligkeitsmonat zustehende All-in-Entgelt die Bemessungsgrundlage.

Überstunden außerhalb von All-in-Entgelten sind nicht Teil der Bemessungsgrundlage, das sind: echte Überstundenpauschalen bis zu acht Überstunden/Woche zuzüglich 50 Prozent Zuschlag sowie tatsächlich abgerechnete Überstunden.

Nachtarbeitszuschlag und Fremdsprachenzulage sind mit dem Durchschnitt ab Eintritt bzw. in der Folge ab Beginn des Fälligkeitsmonats des letzten Weihnachts- bzw. Urlaubsgeldes zu berücksichtigen, sofern es sich um Arbeitsleistungen innerhalb der vereinbarten Normalarbeitszeit handelt.

Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind grundsätzlich am 30.6. und 30.11. fällig. Eine quartalsweise Auszahlung kann einzelvertraglich vereinbart werden.

j) Jubiläumsgeld nun mit „Freizeitoption“:

Im Einvernehmen kann die Umwandlung des Jubiläumsgeldes in eine bezahlte Jubiläumsfreizeit vereinbart werden.

k) Lohn-/Zulagenauszahlung und Überstundenabrechnung:

Die Lohnabrechnung und Lohnauszahlung für den laufenden Lohn haben spätestens mit dem Monatsletzten des Kalendermonats zu erfolgen. Die Fremdsprachenzulage ist mit dem laufenden Lohn auszubezahlen und der Nachtarbeitszuschlag mit dem, dem Anspruch begründenden folgenden Monat auszubezahlen. Die Abrechnung und Auszahlung von im Monat geleisteten Überstunden erfolgt mit der Lohnabrechnung des nächsten Kalendermonats. Die Auszahlung von Überstunden am Ende einer Durchrechnungsperiode hat spätestens mit der übernächsten Lohnabrechnung zu erfolgen.

l) Neuverwendung der Lohn-/Beschäftigungsgruppe 4 (ab 1.5.2025):

Künftig sind Fachkräfte mit positiver Lehrabschlussprüfung bzw. positivem Abschluss einer facheinschlägigen berufsbildenden Schule unmittelbar danach als Fachkraft in die LG 3/BG 3 einzustufen. Die bisherige Zwischenstufe der Lohn-/Gehaltsgruppe 4 entfällt und die Gruppe 4 wird einer neuen Verwendung zugeführt. Ziel der Neuregelung ist es, Branchenerfahrung bzw. eine absolvierte, aber formal nicht abgeschlossene, Ausbildung anzuerkennen.

In die LG/BG 4 einzustufen sind: Beschäftigte mit vollständig absolvierter facheinschlägiger Lehrzeit ohne LAP bzw. vollständig absolvierter berufsbildender mittlerer/höherer Schule, ohne positivem Abschluss sowie Hilfskräfte mit zumindest zehn Jahren Branchenerfahrung.

m) Anrechnung von Vordienstzeiten im In- und Ausland für Fachkräfte und von Branchenerfahrung im In- und Ausland bei Hilfskräften (ab 1.5.2025):

Facheinschlägige Vordienstzeiten beim selben Arbeitgeber sind unabhängig von einer Unterbrechung in vollem Umfang anzurechnen; facheinschlägige Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern sind bis zu drei Jahren anzurechnen. Der Nachweis durch den/die Arbeitnehmer:in erfolgt mittels Sozialversicherungsauszug, Dienstzeugnis oder sonstiger Arbeitspapiere. Nachweise sind innerhalb von vier Monaten ab Aufforderung durch den Arbeitgeber zu erbringen. Bei Säumnis entfällt der Anspruch. Dies gilt auch für bestehende Arbeitsverhältnisse → Nachweiserbringung bis zum 30.9.2025, ansonsten Verfall (Achtung: Hinweispflicht des Arbeitgebers).

Bei Hilfskräften erfolgt die Anrechnung von Branchenerfahrung durch die Vorlage entsprechender Nachweise (Dienstzettel, Arbeitszeugnis u. ä.). Liegen zehn Branchenjahre vor, ist der:die Beschäftigte in die LG/BG 4 einzustufen.

n) Vereinheitlichung der Dienstzeitzulagen (ab 1.5.2025):

Die Gehaltssprünge werden ab 1.5.2025 auf 5 Jahre vereinheitlicht, wobei eine Übergangsregelung für bestehende Dienstverhältnisse mit mindestens 20 Jahren besteht.

o) Sonstige Dienstverhinderungsgründe:

Hier erfolgt eine Anpassung aus Gründen des Gleichstellungsrechts (z. B. Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft bzw. Präsenz-/Zivildienst) und wird ein freier Tag bei erfolgreicher (erstmaliger) Ablegung der Führerschein-B-Prüfung gewährt.

p) Durchrechnung der Normalarbeitszeit:

Die Vereinbarung einer 14-tägigen Durchrechnung mit Jugendlichen war bislang in betriebsratspflichtigen Betrieben an das Vorhandensein und die Zustimmung des Betriebsrates gebunden. Künftig kann einzelvertraglich – auch in betriebsratspflichtigen Betrieben ohne Betriebsrat – die Durchrechnung mit Jugendlichen vereinbart werden. Dies ermöglicht/erleichtert Betrieben mit mehreren wöchentlichen Schließtagen die Ausbildung von Lehrlingen.

q) Flexibilisierung der Sonntagsbeschäftigung:

Flexibler als bisher kann die Beschäftigung von Jugendlichen an Sonntagen künftig an jedem zweiten Sonntag oder an frei einteilbaren 18 Sonntagen pro Jahr erfolgen, wobei höchstens an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen beschäftigt werden darf.

r) Keine Sonntagsbeschäftigung in den ersten acht Wochen des Lehrverhältnisses:

Während der ersten acht Wochen des Lehrverhältnisses im ersten Lehrjahr erfolgt keine Sonntagsbeschäftigung. Das gilt nicht im Falle der Anrechnung von Lehrzeiten, beim Wechsel des Lehrverhältnisses bzw. in Betrieben mit mindestens zwei zusammenhängenden Schließtagen.

s) Lehrabschlussbonus:

Absolviert der Lehrling beim ersten Antritt die LAP mit gutem oder ausgezeichnetem Erfolg, erhält er:sie eine Prämie, und zwar für ausgezeichneten Erfolg EUR 250 und für guten Erfolg EUR 200. Dies gilt nur, wenn und solange der Arbeitgeber eine Förderung gemäß der RL zu § 19c BAG erhält.

t) Probemonat:

Der erste Monat des Arbeitsverhältnisses gilt für alle Arbeitnehmer:innen als Probemonat. Das Probemonat und damit auch die Wartezeit auf die Sonderzahlungen entfällt, wenn der:die Arbeitnehmer:in innerhalb von 12 Monaten in denselben Betrieb wieder eintritt und im Wesentlichen denselben Aufgabenbereich übernimmt.

u) Verlängerungsmöglichkeit für befristete Arbeitsverträge:

Befristete Arbeitsverträge können im Einvernehmen einmalig um bis zu vier Wochen verlängert werden, wobei aber zu beachten ist, dass eine Durchrechnung jedenfalls nach 9 Monaten endet.

v) Kündigungsfristen und -termine:

Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen, was im Bereich von Arbeiter:innen, deren Fristen auf gesetzlicher Ebene ab 1.10.2021 an jene im Angestelltenbereich angepasst worden waren, bislang für die Hotellerie und das Gastgewerbe (Stichwort: „Saisonbranche: ja oder nein?“) nicht unumstritten war. Als Kündigungstermine legt der Kollektivvertrag den 15. und den Monatsletzten fest.