Folge der fehlerhaften Zustellung einer Beschwerdevorentscheidung
Tax News 4/2024
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Das Finanzamt stellt die Beschwerdevorentscheidung irrtümlich nicht der Beschwerdeführerin (Bf), sondern deren steuerlicher Vertretung zu. Die steuerliche Vertretung hat keine Zustellvollmacht und leitet das Dokument per E-Mail an ihre Mandantin weiter. Der anschließend eingebrachte Vorlageantrag ist laut Bundesfinanzgericht (BFG) als unzulässig zurückzuweisen, da die Beschwerdeführerin das Original der Beschwerdevorentscheidung nie erhielt und damit ein nicht sanierter Zustellmangel vorliegt. Mangels gültiger Zustellung entfaltet die Beschwerdevorentscheidung keine Rechtswirksamkeit.
1. Überblick
Das BFG beschloss am 16.7.2024 mit GZ RV/7102413/2023, dass der Vorlageantrag an das BFG als nicht zulässig zurückgewiesen wird, weil die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes dem steuerlichen Vertreter und nicht der Bf zugestellt wurde und die Bf das Original auch nie erhielt. Der Vertreter mailte der Bf die Beschwerdevorentscheidung, wodurch der Zustellmangel unsaniert blieb.
2. Verfahrensablauf
Inhaltlich strittig ist die Frage, ob die Verhängung einer Zwangsstrafe iHv € 1.000 für eine verspätete WiEReG-Meldung (Register der wirtschaftlichen Eigentümer) zu stornieren ist. Der Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom 14.2.2023 wurde am 16.2.2023 zugestellt und die WiEReG-Meldung am 17.2.2023 vorgenommen. Nach einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 20.2.2023 brachte die Bf am 23.3.2023 zeitgerecht einen Vorlageantrag ein und bemängelte, dass die Abgabenbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung das bisherige Verhalten der Partei, den Grad des Verschuldens, die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die abgabenrechtliche Bedeutung nicht ausreichend gewürdigt habe. Unter Berücksichtigung des zuverlässigen Verhaltens und einer Namensverwechslung durch die Parteienvertretung wurde die Aufhebung der Zwangsstrafe beantragt.
Laut BFG ist im Hinblick auf die Angaben im Vorlagebericht der Finanzverwaltung die Rechtswirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung zu überprüfen. Das Finanzamt hat die Beschwerdevorentscheidung der steuerlichen Vertretung zugestellt, obwohl diese keine Zustellvollmacht hatte. Die steuerliche Vertretung leitete die Beschwerdevorentscheidung nicht im Original an die Bf weiter, sondern per E-Mail.
Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz kann eine Partei eine Zustellungsvollmacht erteilen. Passiert bei der Zustellung ein Fehler, gilt die Zustellung nach § 7 Zustellgesetz als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument der Empfängerin tatsächlich zugekommen ist. Dies setzt voraus, dass die Empfängerin in den Besitz des Schriftstückes kommt. Eine bloße Kenntnisnahme z. B. durch Übermittlung einer Ablichtung oder per Fax ist laut Judikatur und Fachschrifttum ebenso unzureichend wie eine Weiterleitung per Mail.
Die Bf hat die Beschwerdevorentscheidung nicht im Original erhalten, der Zustellmangel wurde daher nicht saniert. Mangels rechtswirksamer Zustellung entfaltet die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes keine Rechtswirkung. Da der Vorlageantrag voraussetzt, dass zuvor eine rechtswirksame Beschwerdevorentscheidung ergeht, ist er mit Beschluss als nicht zulässig zurückzuweisen.
3. Anmerkungen
Eine Heilung eines Zustellmangels erfordert nach § 7 Zustellgesetz, dass die korrekt bezeichnete Empfängerin das Dokument im Original erhält. Von wem, auf welche Weise und an welchem Ort die Empfängerin in den Besitz des Schriftstückes gelangt, ist irrelevant. Die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes ist ebenfalls unbeachtlich, weshalb beispielsweise das Ausüben des Rechtes zur Akteneinsicht keine Zustellung bewirkt. Auch das Einbringen eines Rechtsmittels saniert keinen Zustellmangel. Mangels gültiger Zustellung war die Beschwerdevorentscheidung rechtsunwirksam und daher nie existent geworden. Daher war der in weiterer Folge eingebrachte Vorlageantrag der Steuerpflichtigen zurückzuweisen. Erlässt das Finanzamt keine Beschwerdevorentscheidung, könnte der Steuerpflichtige dagegen mit Säumnisbeschwerde an das BFG vorgehen.