VwGH: Erneute Gebührenpflicht bei Verlängerung eines Bestandsvertrages mit umfassenden Kündigungsrechten
Tax News 4/2024
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Der VwGH urteilte, dass die Verlängerung eines Bestandsvertrages erneut der Rechtsgeschäftsgebühr unterliegt, auch wenn sowohl der ursprüngliche als auch der verlängerte Vertrag aufgrund von umfassenden Kündigungsrechten für gebührenrechtliche Zwecke als unbefristet qualifiziert wurden.
Für die Bemessung der Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandsverträge wird auf die Dauer des zugrundeliegenden Vertrages abgestellt. Bei unbestimmter Vertragsdauer ist die Bemessungsgrundlage mit dem dreifachen Jahreswert der wiederkehrenden Leistungen zu bewerten; bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall wurde ein Bestandsvertrag über die Vermietung von Geschäftsflächen auf acht Jahre befristet abgeschlossen. Da ein umfassendes Kündigungsrecht vereinbart wurde, wurde der Vertrag jedoch für gebührenrechtliche Zwecke als für unbestimmte Zeit abgeschlossen qualifiziert, wodurch für die Bemessung der Gebühr der dreifache (statt achtfache) Jahreswert herangezogen wurde.
Der Endtermin des Vertrages wurde einige Jahre später mittels Nachtrag um vier Jahre nach hinten verschoben. Dieser Nachtrag wurde vom Finanzamt erneut der Rechtsgeschäftsgebühr unterworfen, wogegen Beschwerde erhoben wurde, worüber in weiterer Folge der VwGH zu urteilen hatte.
Erkenntnis VwGH
Der VwGH (VwGH 10.4.2024, Ro 2022/16/0017) verwies zunächst auf § 21 GebG, laut dem die Verlängerung der Geltungsdauer eines Rechtsgeschäfts im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig sei. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der Geltungsdauer bei allen Rechtsgeschäften, die nach Ablauf einer Zeit beendet sein sollen, eine neuerliche Gebührenschuld begründet.
Nach der Rechtsprechung des VwGH begründe die Verlängerung der vereinbarten Geltungsdauer selbst dann neuerlich eine Gebührenschuld, wenn die Dauer des Rechtsgeschäftes an sich kein für die Höhe der Gebührenschuld maßgebliches Tatbestandsmerkmal ist.
Die im vorliegenden Fall mit dem Nachtrag getroffene Vereinbarung war demnach gebührenrechtlich selbständig – so, als ob das Rechtsgeschäft erstmals abgeschlossen worden wäre – zu beurteilen. Die für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erfolgte gebührenrechtliche Einordnung der Vertragsdauer des Bestandvertrages auf unbestimmte Zeit sei nach Ansicht des VwGH von der Frage, ob ein von den Parteien vereinbarter Nachtrag selbständig gebührenpflichtig ist, zu unterscheiden. § 21 GebG stelle bei dem Tatbestand der Verlängerung allein auf die vereinbarte Vertragsdauer ab. Eine zivilrechtlich auf bestimmte Zeit geschlossene Vereinbarung ende aber auch dann zum vereinbarten Termin, wenn das Vertragsverhältnis gebührenrechtlich als auf unbestimmte Zeit geschlossen eingeordnet wird.
Ergebnis
Da der Bestandsvertrag ohne Vereinbarung des Nachtrages nach acht Jahren geendet hätte, erfolgte mit dem Nachtrag eine gebührenrechtlich relevante Verlängerung der Vertragsdauer um weitere vier Jahre. Diese Verlängerung war gebührenrechtlich selbstständig zu beurteilen und führte gemäß § 21 GebG zu einer Rechtsgeschäftsgebühr unter Zugrundelegung der vereinbarten Verlängerung.
Da unstrittig war, dass auch nach Abschluss des Nachtrages für Zwecke der Berechnung der Bemessungsgrundlage ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag vorlag, war der Nachtrag im Ergebnis mit dem dreifachen Jahreswert zu vergebühren. Dabei waren sämtliche von den Parteien ab der Geltung des Nachtrages vereinbarten Bestandzinskomponenten in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen.
Für die Praxis gilt unverändert, dass beim Abschluss von Bestandverträgen nicht zuletzt hinsichtlich der für gebührenrechtliche Zwecke relevanten Vertragsdauer höchste Sorgfalt erforderlich ist, um nicht mit unerwarteten Gebührenpflichten konfrontiert zu werden. Gerne kann Sie Ihr KPMG-Berater hierbei unterstützen.