VwGH: Kein zwingendes Gruppenausscheiden durch Umgründung auf am Umgründungsstichtag gruppenfremde Körperschaft
Tax News 01-02/2023
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
Durch die Verschmelzung eines Gruppenmitglieds auf eine gruppenfremde Körperschaft kommt es grundsätzlich zum Ausscheiden des übertragenden Gruppenmitglieds aus der Unternehmensgruppe. Der VwGH hat in seinem aktuellen Erkenntnis nun die Ansicht des BFG bestätigt, wonach es zu keinem Ausscheiden (und somit auch zu keiner etwaigen Rückabwicklung) kommt, wenn die übernehmende Körperschaft am Tag nach dem Verschmelzungsstichtag Gruppenmitglied ist. Ausschlaggebend hierfür ist, dass bereits vor der Verschmelzung eine ausreichende finanzielle Verbindung an der übernehmenden Körperschaft vorliegt.
1. Vorverfahren
In unseren Tax News 05-06/2022 haben wir bereits über das BFG Erkenntnis vom 03.05.2022 berichtet. Darin hat sich das BFG mit der Frage beschäftigt, ob es bei einer Verschmelzung auf eine am Verschmelzungsstichtag nicht gruppenzugehörige Körperschaft zum Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe kommt, wenn diese Körperschaft mit Wirkung ab dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag Gruppenmitglied ist.
Konkret ging es darum, dass eine Holding GmbH bereits längere Zeit jeweils zu 100 % an der Überträger GmbH und der Übernehmer GmbH beteiligt war. Die Holding GmbH als Gruppenträger bildete ab der Veranlagung 2017 mit der Überträger GmbH als Gruppenmitglied eine Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG. Die Übernehmer GmbH war ab dem Veranlagungsjahr 2018 (somit mit Wirkung ab 01.01.2018) Mitglied dieser Unternehmensgruppe. Mit Verschmelzungsvertrag vom 26.09.2018 wurde die Überträger GmbH (als übertragende Gesellschaft) rückwirkend zum Stichtag 31.12.2017 auf die Übernehmer GmbH (als übernehmende Gesellschaft) verschmolzen (Art I UmgrStG).
Somit war die Übernehmer GmbH zwar zum Verschmelzungsstichtag nicht Mitglied der Unternehmensgruppe, jedoch mit Wirkung ab dem Tag nach dem Verschmelzungsstichtag sowie zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags. Das Finanzamt war der Ansicht, dass eine Verschmelzung auf eine gruppenfremde Körperschaft vorliegt und es dadurch zum Ausscheiden der Überträger GmbH aus der Unternehmensgruppe kam.
Entgegen der Ansicht des Finanzamts befand das BFG, dass es zu keinem Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe kommt, da sich das Vermögen durchgehend in der Unternehmensgruppe befand. Gegen dieses Erkenntnis wurde Amtsrevision beim VwGH eingebracht.
2. VwGH vom 19.10.2022, Ro 2022/15/0032
Strittig war im gegenständliche Fall, ob es sich um eine Vermögensübertragung innerhalb der Unternehmensgruppe handelt. Der VwGH hielt fest, dass im Rahmen einer Verschmelzung der Vermögensübergang mit Ablauf des Verschmelzungsstichtages erfolgt und somit das Vermögen ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag dem Rechtsnachfolger zugerechnet wird. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass das Vermögen der Überträger GmbH mit Beginn des 01.01.2018 auf die Übernehmer GmbH überging. Zu diesem Zeitpunkt war die Übernehmer GmbH bereits Mitglied der Unternehmensgruppe. Dies hat zur Folge, dass das Vermögen die Unternehmensgruppe nie verlassen hat. Entscheidend dafür ist, dass die Holding GmbH von vornherein hinreichend finanziell an der Übernehmer GmbH beteiligt war. Dadurch wurde die Übernehmer GmbH unabhängig von der Verschmelzung mit Wirkung ab dem 01.01.2018 Mitglied der Unternehmensgruppe und war dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages.
Kommt es jedoch erst infolge der Verschmelzung zu einer ausreichenden finanziellen Verbindung an der übernehmenden Körperschaft, könnten nach Ansicht des VwGH von keinem nahtlosen Übergang ausgegangen werden (so auch UmgrStR 2002 Rz 354). Dies hätte zur Folge, dass es zum Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe kommt (und somit auch zu einer etwaigen Rückabwicklung, insofern die Mindestbestandsdauer von drei Jahren nicht erfüllt ist).
3. Fazit
Durch das gegenständliche Erkenntnis hat sich der VwGH gegen die Ansicht der Finanzverwaltung ausgesprochen und klargestellt, dass es durch eine Umgründung auf eine zum Umgründungsstichtag gruppenfremde Körperschaft nicht zwingend zum Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe kommt. Vielmehr ist für ein Fortbestehen der Unternehmensgruppe darauf zu achten, dass die übernehmende Körperschaft mit Wirkung ab dem Tag nach dem Umgründungsstichtag der Unternehmensgruppe angehört. Wichtig hierfür ist jedoch, dass die ausreichende finanzielle Verbindung bereits zuvor bestand und nicht erst durch die Umgründung herbeigeführt wird. Dementsprechend kann in solch einem Fall die rechtzeitige Stellung eines Erweiterungsantrages das Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe verhindern. Darüber hinaus könnte in der Praxis nach Möglichkeit und zur Vermeidung weiterer Zweifelsfragen darauf geachtet werden, dass der Gruppenfeststellungsbescheid, mit dem die übernehmende Körperschaft in die Unternehmensgruppe aufgenommen wird, vor Unterzeichnung des Umgründungsvertrages vorliegt.
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