Fristenwahrung bei Eingaben: Unterschiedliche Behandlung von Österreichische Post AG und anderen Paket- und Postdiensteanbietern

Tax News 01-02/2023

Verfahrensrecht

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Die Steuerpflichtige versendet ihre Beschwerde mittels einer Spedition an die Behörde. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BFG greift für diese Versandart § 108 Abs 4 BAO nicht: Danach werden Tage des Postenlaufes in die Beschwerdefrist nicht eingerechnet. Nach Ansicht des BFG hat nur die Österreichische Post AG als derzeit einziger Universaldienstbetreiber iSd § 12 PMG diese Sonderstellung bei der Berechnung des Fristenlaufes. Transportiert den Brief ein anderer Paket- oder Postdienstleister, muss die Behörde die Beschwerde spätestens am letzten Tag der (Monats-)Frist tatsächlich erhalten haben, um die Beschwerdefrist zu wahren. Wird diese Frist aufgrund eines unerwartet längeren Postlaufes verpasst, ist die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen (BFG 06.11.2022, RV/7200062/2021).

1. BAO zu den Tagen des Postenlaufs

Die BAO regelt in § 108 den Fristenlauf. Nach Abs 4 werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet, wenn beispielsweise eine Bescheidbeschwerde nicht per FinanzOnline, sondern als eingeschriebener Brief an das Finanzamt versendet wird.

2. BFG: Unterscheidung zwischen Österreichische Post AG und anderen Postdiensteanbietern

Im BFG-Verfahren war strittig, ob das „Postprivileg“ des § 108 Abs 4 BAO nur für die Österreichische Post AG gilt oder auch für alle von der Regulierungsbehörde RTR-GmbH veröffentlichten Postdiensteanbieter. Laut Sachverhalt übermittelte die Beschwerdeführerin (Bf) ihre Beschwerde unter Einschaltung einer Spedition an das Zollamt:

  • Am 19.04.2021 übergab die Bf ihre Beschwerde an die Spedition.
  • Am 22.04.2021 endete die Beschwerdefrist.
  • Am 27.04.2021 langte die Beschwerde beim Zollamt ein.

Das Zollamt bearbeitete diese Beschwerde inhaltlich. Allerdings stellte die Bf einen Vorlageantrag an das BFG, das die Rechtzeitigkeit der Beschwerde untersuchte.

Laut BFG gilt das Postprivileg ausschließlich für die Österreichische Post AG als aktuell einzigem Universaldienstbetreiber und Zustelldienst iSd § 2 Z 7 Zustellgesetz und damit nicht für alle anderen Dienstleister in diesem Bereich. Da die mittels Spedition versendete Beschwerde außerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist beim Zollamt einlangte, war diese als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen. Die Revision an den VwGH ist zulässig.

3. Praxishinweise zum Einbringen von Schriftstücken

In der Praxis ist ein fristgerechtes Einbringen von Anbringen essenziell, da Fristversäumnisse nur in engem Rahmen – zB im Falle der Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem § 308 BAO – saniert werden können. Die Übermittlung regeln verschiedene Rechtsquellen wie die FinanzOnline-Verordnung 2006, die Verordnung über den Einsatz von Telekopierern, das Zustellgesetz etc.

In der Praxis immer noch häufig gewählte Formen der Übermittlung von Anbringen sind das Abgeben von Schriftstücken direkt beim Finanzamt und der Postversand. Tage des physischen Postenlaufes gelten für die Fristberechnung nicht, sodass ein Steuerpflichtiger die Zeit des Transportes bis zum Empfänger grundsätzlich nicht einzurechnen braucht. Jedoch gilt diese Sonderregelung nach der jüngsten Rechtsprechung des BFG nur, wenn die Österreichische Post AG als Universaldienstbetreiber mit dem Versand beauftragt wird.

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