ATAD 3 ab 2024: Richtlinientext unterliegt intensivem Diskussionsprozess

Tax News 01-02/2023

Bilanz- und Konzernsteuerrecht

  • 1000
Kletterer

Während das Europäische Parlament kürzlich einen Änderungsantrag zur geplanten „Unshell“-Richtlinie (ATAD 3) veröffentlicht hat, finden dem Vernehmen nach intensive Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission statt. Wesentliche Änderungen zum Richtlinienentwurf sind daher weiter möglich. Nach dem ursprünglichen Entwurf ist die Umsetzungsfrist 01.01.2024.

Wie berichtet (siehe ausführlich Tax News 01/2022) soll mit der sogenannten „Unshell Directive“ oder „ATAD 3) als Teil des Maßnahmenpakets der Europäischen Kommission über die Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert der Missbrauch von substanzschwachen Gesellschaften bekämpft werden.

Bei Erfüllung bestimmter Kriterien sollen dem Richtlinienentwurf zufolge Unternehmen einer Berichtspflicht iZm substanzschwachen Gesellschaften unterliegen. Gelingt die Widerlegung des Fehlens mangelnder Substanz nicht im Rahmen dieser Berichtspflicht, soll es in letzter Konsequenz zur Versagung der Anwendung der Vorteile von Doppelbesteuerungsabkommen sowie der Anwendung der Mutter-Tochter-RL und der Zinsen- und Lizenzgebühren-RL in allen anderen EU-Mitgliedstaaten kommen. Zusätzlich ist möglicherweise eine Art Hinzurechnungsbesteuerung (auch für natürliche Personen) geplant.

Kürzlich hat das EU-Parlament einen Abänderungsantrag veröffentlicht, der u.a. Verschärfungen beim Kreis der meldepflichtigen Unternehmen vorsieht. Das EU-Parlament schlägt beispielsweise eine Senkung der Kriterien zur Identifikation vor (zB Umsatzgrenze der relevanten Passiveinkünfte 65% statt 75% etc) und möchte die Ausnahme für Gesellschaften mit 5 FTEs streichen. Es ist allerdings nicht unbedingt zu erwarten, dass der Abänderungsantrag in dieser Form seinen Niederschlag in der finalen Richtlinie findet. Das Europäische Parlament ist nämlich im anzuwendenden besonderen Gesetzgebungsverfahren nur anzuhören, sodass es sich aus praktischer Sicht nur um Vorschläge handelt, die vom Europäischen Rat aber nicht übernommen werden müssen.

Dem Vernehmen nach finden derzeit intensive Beratungen und Gespräche zwischen den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission statt, die in unterschiedliche Richtungen gehen und verschiedene Teile des Richtlinienentwurfs betreffen. Es könnte daher noch zu praktisch relevanten Änderungen des Richtlinienentwurfs kommen, wobei unklar ist, ob sich daraus eine Verschärfung oder Abmilderung des Kommissionsvorschlags ergeben wird. Die vorgeschlagene Richtlinie muss zudem vom Europäischen Rat einstimmig beschlossen werden.

Im Richtlinienentwurf ist eine Anwendung ab 2024 vorgesehen. Trotz der bestehenden Ungewissheiten sollte bereits jetzt begonnen werden, allfällige Anwendungsfälle substanzschwacher Konzerngesellschaften zu identifizieren, um bei Verabschiedung der Richtlinie entsprechend vorbereitet zu sein. Finale Einschätzungen sind derzeit aber noch nicht möglich, sodass die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten bleibt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Weitere Inhalte