Umsetzung des öffentlichen Country by Country Reporting schreitet voran

Tax News 11-12/2022

Internationales Steuerrecht

Kletterer

Am 21. Dezember 2021 trat die EU-Richtlinie 2021/2101 zur Umsetzung des sog. Public Country-by-Country-Reporting (CbCR) in Kraft (in der Folge kurz „Richtlinie“) in Kraft. Die Richtlinie sieht eine verpflichtende Veröffentlichung der Country-by-Country Reports vor. Das Public CbCR zielt darauf ab, Ertragsteuerinformationen multinationaler umsatzstarker Unternehmen und Konzerne, die in der Europäischen Union entweder ansässig sind oder aber Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen einer bestimmten Größe haben, transparent zu machen und eine verstärkte öffentliche Kontrolle zu ermöglichen.

Die EU-Richtlinie ist bis zum 22. Juni 2023 von den EU-Mitgliedstaaten in lokales Recht umzusetzen. Die Regelung wird dann spätestens ab dem Beginn des ersten Geschäftsjahres, das am oder nach dem 22. Juni 2024 beginnt, gelten. Die Mitgliedstaaten können sich jedoch für eine vorzeitige Umsetzung der Regeln entscheiden, was auch tatsächlich von einzelnen Mitgliedsstaaten bereits in Anspruch genommen wurde. Der nachfolgende Beitrag gibt einen ersten Überblick über den Stand der Umsetzung der neuen Vorschriften in einzelnen Mitgliedstaaten (insb. die Umsetzung der gem Richtlinie optionalen Regelungen) sowie den Status quo in Österreich. Wir werden künftig im Rahmen periodischer Updates über die wesentlichen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten informieren.

1. Wesentliche Eckpunkte des EU Pulic CbCR gem Richtlinie

Betroffen von der Veröffentlichungspflicht sind Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Umsatz von mehr als EUR 750 Mio in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren.

Die Pflicht zur Veröffentlichung trifft sowohl Unternehmensgruppen, deren oberste Muttergesellschaft in einem Mitgliedsstaat der EU ansässig ist, als auch Drittstaats-Unternehmensgruppen die ein mittelgroßes oder großes Tochterunternehmen oder eine Zweigniederlassung mit vergleichbarer Größe in der EU haben. Darüber hinaus sind auch unverbundene Unternehmen, die den Schwellenwert übersteigen und in mehreren Steuerjurisdiktionen tätig sind, zur Veröffentlichung eines Public-CbCR verpflichtet.

Ausgenommen sind Kreditinstitute i. S. d. Capital Requirements Regulation, wenn sie nach den einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben einen länderbezogenen Bericht veröffentlichen.

Die zu veröffentlichenden Inhalte entsprechen Großteils jenen des Country-by-Country Reports, gem OECD BEPS Action 13 weichen aber in einigen Punkten davon auch ab. Konkret sind u.a. folgende Angaben zu melden bzw zu veröffentlichen:

a) eine kurze Beschreibung der Art der Tätigkeiten;

b) die Zahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten;

c) den Betrag der im Berichtsjahr erzielten Erträge,

d) den Betrag des Gewinns oder Verlusts vor Ertragsteuern;

e) den Betrag der noch zu zahlenden Ertragsteuer (für das laufende Jahr),

f) den Betrag der gezahlten Ertragsteuer; und

g) den Betrag der einbehaltenen Gewinne

Für EU-Staaten sind die Daten – gleich wie bei den Country-by-Country Reports laut OECD-Action 13 („CbCR-Pflicht gegenüber den Finanzbehörden) getrennt zu veröffentlichen. Für Drittstaaten dürften die Daten unter gewissen Voraussetzungen auch in aggregierter Form veröffentlicht werden. Den Mitgliedsstaaten steht es frei auch eine Meldung der an die Finanzbehörden gemeldeten CbCR-Daten zuzulassen.

Grundsätzlich sind die Daten spätestens 12 Monate nach dem Bilanzstichtag des betreffenden Geschäftsjahres auf der Website des Unternehmens zu veröffentlichen und müssen dort für einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren bereitgestellt werden. Alternativ können die Daten in einem frei zugänglichen Unternehmensregister veröffentlicht werden. In diesem Fall muss die Website des betreffenden Unternehmens einen Hinweis auf die Webseite des Unternehmensregisters enthalten.

Eine weitere optionale Regelung sieht die Richtlinie für sensible Daten vor. Sofern die Veröffentlichung der Daten die Marktstellung des Unternehmens gefährden oder beeinträchtigen würde, können die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung eine „Schutzklausel“ vorsehen, sodass das Unternehmen diese Daten maximal fünf Jahre verzögert veröffentlichen darf.

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des obersten Mutterunternehmens die kollektive Verantwortung dafür tragen, sicherzustellen, dass der Ertragssteuerinformationsbericht erstellt, veröffentlicht und zugänglich gemacht wird und Verstöße gegen diese Verpflichtung sanktioniert werden.

Laut der Richtlinie sollen Abschlussprüfer künftig verpflichtend prüfen, ob eine Veröffentlichungspflicht bestand und wenn ja, ob dieser Verpflichtung nachgekommen wurde.

Weitere Details zu Richtlinie finden Sie in unserem Tax Flash 9/2021

2. Umsetzung International

Wenngleich die EU-Mitgliedstaaten bis zum 22. Juni 2023 Zeit haben, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, haben mehrere Länder bereits Gesetzesentwürfe veröffentlicht, oder die Regeln für das EU Public CbCR bereits eingeführt:

Deutschland:

Am 30. September 2022 wurde von der deutschen Regierung ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie über die länderbezogene Berichterstattung in nationales Recht veröffentlicht. Die Umsetzung erfolgt durch eine Ergänzung des deutschen HGB, insbesondere durch die neuen §§ 342-342p.

Deutschland beabsichtigt, die "Schutzklausel" anzuwenden, sodass Informationen, „die einen erheblichen Nachteil zufügen würden“ verzögert (maximal 5 Jahre) veröffentlicht werden dürfen (§342k HGB). Die Inanspruchnahme dieser Regelung ist „gebührend zu begründen“.

Weiters ist vorgesehen multinationalen Unternehmen eine Befreiung von der Veröffentlichung auf der Website zu gewähren (§ 342h HGB), sofern die Verantwortlichen „auf der Internetseite der Gesellschaft für mindestens fünf Jahre den Hinweis veröffentlichen, dass

a) der Ertragsteuerinformationsbericht über die Internetseite des Unternehmensregisters kostenlos zugänglich ist und

b) die Pflicht zur Veröffentlichung des Ertragsteuerinformationsberichts auf der Internetseite der Gesellschaft deshalb entfällt.“

Durch eine Änderung des AktG soll der Aufsichtsrat verpflichtet werden, den Ertragsteuerinformationsbericht inhaltlich zu prüfen.

Bei Verstößen gegen die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Erstellung und der Offenlegung des Ertragsteuerinformationsberichts drohen Ordnungsgelder und Bußgelder.

Ungarn:

Am 18. Oktober 2022 wurde dem ungarischen Parlament ein Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht vorgelegt.

Dem Entwurf zufolge wird Ungarn die "Schutzklausel" nicht anwenden. Den in den Geltungsbereich fallenden Konzernen wird daher nicht gestattet, die Offenlegung wirtschaftlich sensibler Informationen aufzuschieben. Der Text sieht auch keine Ausnahme für die Veröffentlichung auf der Website vor.

Ungarn beabsichtigt eine verpflichtenden Erläuterung der Gründe für erhebliche Unterschiede zwischen der gezahlten und der noch zu zahlenden Ertragsteuer (sofern vorhanden) von betroffenen Unternehmen einzuführen. Eine solche Begründung ist in der Richtlinie nicht zwingend vorgesehen, es steht Ungarn jedoch frei diese Verpflichtung einzuführen.

Niederlande:

Die niederländische Regierung hat bereits am 5. Juli 2022 einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie veröffentlicht. Bislang ist nicht klar, ob die Niederlande beabsichtigen von der "Schutzklausel" Gebrauch zu machen.

Die optionale Befreiung von der Veröffentlichung der Daten auf der Unternehmenswebsite bei kostenloser Verfügbarkeit auf der Website des Unternehmensregisters dürfte nicht eingeführt werden.

Rumänien:

Am 7. September 2022 wurde im rumänischen Amtsblatt ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie veröffentlicht, das für Geschäftsjahre gilt, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen. Im Falle des Kalenderjahres als Geschäftsjahr ist daher bereits das Jahr 2023 meldepflichtig!

Wichtig zu beachten ist, dass die Regelung auch rumänische Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen von EU-Konzernen trifft. Eine Befreiung für Fälle, in denen im Ansässigkeitsstaat der obersten Muttergesellschaft noch keine Verpflichtung zum EU Public CbC Reporting besteht, ist in der rumänischen Umsetzung der Richtlinie nicht vorgesehen.

Für österreichische Unternehmensgruppen mit Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in Rumänien bedeutet dies, dass bereits im Jahr 2023 und daher deutlich vor Inkrafttreten der österreichischen Regelung eine Verpflichtung zum EU Public CbCR in Rumänien besteht!

Rumänien hat von der "Schutzklausel" Gebrauch gemacht, so dass Konzerne die Möglichkeit haben die Offenlegung wirtschaftlich sensibler Informationen um bis zu fünf Jahre aufschieben. Weiters hat Rumänien sich dafür entschieden, die Unternehmen von der Pflicht zur Veröffentlichung der CbC-Berichte auf ihrer Website zu befreien, vorausgesetzt, sie werden kostenlos im Unternehmensregister zur Verfügung gestellt.

Die Verpflichtung gilt in Rumänien für Konzerne mit einem konsolidierten Umsatz von mehr als 3,7 Mrd. RON (dies entspricht 747,5 Mio. EUR, berechnet auf der Grundlage des am 21. Dezember 2021 geltenden Wechselkurses) in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren.

3. Umsetzung in Österreich

In Österreich liegt bislang kein öffentlich verfügbarer Gesetzesentwurf für die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie vor. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass das für die Materie zuständige Justizministerium einen solchen Anfang 2023 vorlegen wird. Gleich wie in anderen Staaten (siehe zB Ausführungen zu Deutschland) dürfte es keine Integration der gesetzlichen Regelung in jene des Finanz-CbCR (dh VPDG), sondern eine davon losgelöste eigenständige gesetzliche Regelung geben.

Dem Vernehmen nach dürfte Österreich dazu tendieren, die vorhandenen optionalen Regelungen der Richtlinie weitgehend auszuschöpfen. Konkret dürfte zB eine Möglichkeit vorgesehen werden, anstatt eigener Public CbCR-Daten die Daten des VPDG-CbCR zu melden. Dies wäre uE jedenfalls zu befürworten, da es dazu geeignet ist den zusätzlichen Aufwand des Public CbCR zu reduzieren. Ob diese Möglichkeit dann letztlich in Anspruch genommen wird, ist von Fall zu Fall zu entscheiden, zumal das VPDG-CbCR umfangreichere bzw detailliertere Daten (zB in Hinblick auf Drittstaaten) vorsieht, welche gem Public CbCR zum Teil nicht veröffentlicht werden müssten.

Weiters wäre es zu begrüßen, wenn auch die Sicherungsklausel, welche einen Aufschub der Veröffentlichung sensibler Daten ermöglicht, sowie die Befreiung von der Veröffentlichungspflicht auf der Homepage vorgesehen wird. Hier bestehen unseres Erachtens berechtigte Hoffnungen, dass dies der Fall sein könnte.

Inhaltlich ist zu hoffen, dass die Regelung so gestaltet wird, dass diese ein möglichst getreues Bild der steuerlichen Situation des meldepflichtigen Konzerns bietet und mögliche Verzerrungen, vermieden werden. Eine solche Verzerrung des Bildes kann zB im Bereich von Dividenden entstehen, wenn diese bei der empfangenden Gesellschaft auch in der Position Ertrag vor Steuern anzuführen sind und damit den zu veröffentlichenden Gewinn erhöhen, die vom ausschüttenden Unternehmen gezahlten oder noch zu zahlenden Steuern hingegen keinen Eingang in die Kennzahl der gezahlten oder noch zu zahlenden Steuern findet. Dies würde uE zu einer unsachgerechten Darstellung der Konzernsteuerquote führen. Um dies zu vermeiden, wäre eine Umsetzung der OECD Empfehlung, wonach die Dividenden nicht in den Gewinn vor Steuern einzubeziehen sind, wünschenswert. Ein ähnliches Thema ergibt sich auch bei at-equity bilanzierten Beteiligungen.

Handlungsempfehlungen

Wie bereits im Tax News 9/2021 ausgeführt ist es für Unternehmensgruppen, welche von der Veröffentlichungspflicht betroffen sein werden, wichtig sich proaktiv darauf vorbereiten.

Da es durch die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht zu einer umfassenden Offenlegung von Unternehmens- und Ertragssteuerinformationen für Unternehmen kommt, lassen sich die nachfolgenden Handlungsempfehlungen zusammenfassen:

  • Aufsetzen und Testen eines effizienten Berichtsprozesses für eine Erhebung der notwendigen Informationen vor Einführung der tatsächlichen Berichtspflicht als ‚Trial Run‘. Dies ist insbesondere wichtig, da die EU-Richtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur vorzeitigen Umsetzung in nationales Recht einräumt und wie dargestellt zumindest Rumänien davon Gebrauch macht.
  • Durch die Verpflichtung zur Erstellung eines Ertragsteuerinformationsberichts werden einer breiten Öffentlichkeit Einblicke in relevante Unternehmensinformationen gewährt, und zwar in einem kompakten und aggregierten Berichtsformat. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich im Rahmen eines ‚Trial Run‘, die notwendigen Informationen in der vorgegebenen Darstellungsform zu analysieren, um mögliche Auffälligkeiten oder Interpretationsspielräume frühzeitig zu identifizieren und adressieren zu können.
  • Einbindung des Ertragssteuerinformationsberichts in die weitere ESG-Strategie und Nachhaltigkeitsberichtserstattung der Unternehmen. Auch eine gesamtheitliche Sicht des Umsetzungsprojekts auf die Anforderungen aus der globalen Mindestbesteuerung („Pillar 2“) bietet sich an.

Für Konzerne mit Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in Rumänien besteht auf Grund des bevorstehenden Inkrafttretens im Jahr 2023 bereits unmittelbarer Handlungsbedarf.

Gerne stehen Ihnen Ihre direkten Ansprechpartner bei KPMG diesbezüglich jederzeit für Fragen zur Verfügung.

Weitere Inhalte