Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer: Wegzug des Steuerpflichtigen nach Spanien ist für die Beurteilung des Antrags irrelevant

Tax News 11-12/2022

Verfahrensrecht

Kletterer

Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz nach Spanien, ist dies kein Hindernis für die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung. Aufgrund der Amtshilfe innerhalb der EU ist die Einbringlichkeit nicht gefährdet.

1. Sacherhalt und Rechtslage

Strittig ist im BFG-Erkenntnis 27.07.2022, RV/7101769/2022, ob der Wegzug des Steuerpflichtigen nach Spanien ein Hindernis für die Gewährung der Aussetzung der Einhebung von KESt, Anspruchszinsen und eines Säumniszuschlages iHv insgesamt EUR 93.095,72 ist. Gemäß § 212a Abs 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen auszusetzen. Die Aussetzung ist mit jenem Betrag begrenzt, auf den sich die Abgabenschuld bei einer positiven Beschwerdeerledigung reduzieren würde.

Die Aussetzung ist nicht zu bewilligen, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist. Dem Fiskus sollen Vermögenswerte nicht entzogen werden. Eine Gefährdung der Einbringlichkeit liegt nach der Rsp des VwGH beispielsweise dann vor, wenn der Abgabenpflichtige Vermögen ins Ausland schafft und dadurch dem Zugriff des Fiskus ausweicht (vgl VwGH 15.09.1999, 94/1/0063).

2. Entscheidung des BFG

Laut BFG berührt der konkrete Fall die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union: Der Abgabepflichtige verlagerte seinen Wohnsitz nach Spanien, weshalb ihm mit der Versagung der Aussetzung der Einhebung eine steuerliche Begünstigung verwehrt wurde, die ihm bei einem Umzug innerhalb Österreichs sehr wohl gewährt worden wäre. Daraus resultiert zwar keine zusätzliche Steuerlast – im Falle des Obsiegens würde der Beschwerdeführer die einbezahlten Beträge inklusive Beschwerdezinsen zurück erhalten –, aber ein Liquiditätsnachteil. Die Versagung der Aussetzung beschränkt daher die unionsrechtliche Grundfreiheit (vgl EuGH 12.07.2012, C-269/09, Kommission/Königreich Spanien zu einem ähnlichen Fall).

Nach Ansicht des BFG ist aufgrund der hoch entwickelten Amtshilfe im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten in seinem solchen Fall grundsätzlich nicht von einer Gefährdung der Einbringlichkeit auszugehen. Eine bloße Erschwerung der Einbringlichkeit steht der Aussetzung nicht entgegen. Im konkreten Fall wurde diese vom BFG bewilligt. Da die strittige Rechtsfrage auf Basis einer Entscheidung des EuGH gelöst werden konnte, ist keine ordentliche Revision an den VwGH zulässig.

3. Ergebnis, Praxishinweis

In der Praxis mag die Zusammenarbeit nationaler Behörden im zwischenstaatlichen Steuerrecht nicht immer reibungslos funktionieren. Dies ändert laut EuGH und BFG nichts daran, dass sich ein Steuerpflichtiger auch im Hinblick auf die Gewährung der Aussetzung der Einhebung auf die Grundfreiheiten berufen kann, was die Freizügigkeit inkludiert. Der bloße Wegzug in einen anderen EU-Mitgliedstaat ist kein Grund, eine beantragte Aussetzung der Einhebung zu verwehren.

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