Einbringung einer Bescheidbeschwerde anstelle eines erforderlichen Vorlageantrages geht ins Leere
Tax News 04/2022
Verfahrensrecht
Der steuerliche Vertreter eines Unternehmens bringt anstelle eines Vorlageantrages eine so bezeichnete Bescheidbeschwerde gegen eine Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes ein. Da laut BFG im Schriftsatz nichts darauf hindeutet, dass die Bescheidbeschwerde inhaltlich ein Vorlageantrag sein sollte, kann die Beschwerde auch nicht auf Basis des wahren Parteiwillens in einen Vorlageantrag umgedeutet werden. Daher ist die eingebrachte Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Umdeutung einer Bescheidbeschwerde in einen Vorlageantrag möglich?
Das BFG entschied am 23.12.2021 in RV/7106440/2019 zu den Konsequenzen der Wahl des falschen ordentlichen Rechtsmittels. Der Steuerpflichtige wollte gegen eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) ein ordentliches Rechtsmittel einbringen und textierte dieses als Bescheidbeschwerde und nicht als Vorlageantrag. Das BFG hatte daher zu beurteilen, ob tatsächlich eine Bescheidbeschwerde oder vielmehr ein Vorlageantrag vorlag. Denn gegen eine BVE kann keine Beschwerde, wohl aber ein Vorlageantrag eingebracht werden (§ 264 Abs 1 BAO).
Entscheidend ist der objektive Erklärungswert des Schriftsatzes:
- Der Steuerpflichtige hat sein Anbringen als „Beschwerde gem § 243 BAO“ tituliert und zweimal so bezeichnet.
- „Im Falle der Vorlage an das BFG“ wurde zudem eine mündliche Verhandlung sowie Senatszuständigkeit beantragt.
- Es fehlt dagegen zumindest sinngemäß der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das BFG.
- Dass der Steuerpflichtige seine Anträge nur „im Falle der Vorlage“ gestellt hat, spricht ebenso dafür, dass kein Vorlageantrag intendiert war.
Insgesamt deutet für das BFG nichts darauf hin, dass es sich um einen Vorlageantrag handelt. Daher ist die eingebrachte Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Das Verfahren ist damit grundsätzlich beendet. Eine ordentliche Revision an den VwGH wurde allerdings für zulässig erklärt, da höchstgerichtlich zu klären ist, ob diese „Beschwerde gem § 243 BAO“ als „Vorlageantrag gem § 264 BAO“ gedeutet werden kann.
Anmerkungen
Aufgrund der Maßgeblichkeit des objektiven Erklärungswertes einer Eingabe ist eine falsche Bezeichnung eines ordentlichen Rechtsmittels beispielsweise als Berufung, Einspruch oder Rekurs für sich unbeachtlich. Allerdings müssen die jeweiligen Inhaltserfordernisse zumindest sinngemäß erfüllt werden. Da dies bei der so bezeichneten Bescheidbeschwerde laut Sachverhalt nicht der Fall war, liegt kein innerhalb einer gesetzten Nachfrist sanierbarer inhaltlicher Mangel vor. Es existiert schlicht kein Vorlageantrag, sondern ausschließlich eine Beschwerde, die gegen eine BVE jedoch nicht erhoben werden kann. Eine ordentliche Revision wurde nicht erhoben.
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