BFG zu Ablösezahlungen für Getränkeautomatenstandortrechte: Qualifikation als Kundenstock & Firmenwertfaktor
Tax News 01/2022
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
Das BFG 10.12.2021, RV/1100208/2019 qualifizierte Ablösezahlungen für Standortrechte, die im Zuge der Übernahme von gebrauchten Getränkeautomaten an Vorbetreiber bezahlt wurden, als Kundenstock und damit als Firmenwertfaktor, der steuerlich über 15 Jahre abzuschreiben ist.
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin betreibt gebraucht übernommene Getränke- und Speiseautomaten an unterschiedlichen Standorten. Im Zuge der Übernahme wurde eine Ablöse an die Vorbetreiber bezahlt, die sich zum einen aus einer Abgeltung für die gebrauchten Automaten samt Zubehör, zum anderen aus einer Ablöse für die Überlassung des Standorts („Standortrechte“) zusammensetzt. Letztere wurden von der Beschwerdeführerin aktiviert und über sieben Jahre abgeschrieben (mit der Argumentation, es handle sich sonstige immaterielle Wirtschaftsgüter – konkret um Mietrechte).
Im Rahmen einer Außenprüfung vertraten die Prüfer die Ansicht, dass es sich bei den aktivierten Ablösen für die Standortrechte um Firmenwerte handelt, die gem § 8 Abs 2 EStG zwingend über 15 Jahre abzuschreiben seien.
2. BFG-Entscheidung (10.12.2021, RV/1100208/2019)
Das BFG qualifizierte die Ablösezahlungen für die Standortrechte als einen Kundenstock und damit ebenso als einen Firmenwertfaktor, auf den die steuerlichen Vorschriften über den Firmenwert anzuwenden sind (Abschreibung über 15 Jahre).
- In seiner Begründung verweist das BFG zunächst auf die VwGH Rechtsprechung, wonach einzelne Firmenwertfaktoren – wie insbesondere der Kundenstock – Gegenstand eines Verkaufs ohne Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebes sein können. Wird ein Kundenstock übernommen, sind die Vorschriften über den Firmenwert anzuwenden.
- Dann klärte das Gericht, was im vorliegenden Fall unter den abgelösten „Standortrechten“ zu verstehen ist. Nach Ansicht des BFG ist damit nichts anderes als die Übertragung von Kundenstöcken gemeint. Im vorliegenden Fall sind mit „Kunden“ nicht die Getränkekonsumenten, sondern die Eigentümer (oder Mieter) der Grundstücke zu verstehen, auf denen die Automaten aufgestellt werden. Diese Kunden werden etwa in ihren Betrieben mit den Getränkeautomatenleistungen für ihre Belegschaft versorgt. Der Sachverhalt war daher nicht anders zu beurteilen als etwa der Verkauf einer Kundenkartei, die als gesondert veräußerbarer Firmenwertfaktor gilt.
Das BFG hat ordentliche Revision an den VwGH zugelassen, sodass die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten bleibt.
3. Conclusio
Das Erkenntnis zeigt, dass nicht nur im Standardfall – zB bei Erwerb eines Betriebes im Asset Deal – ein Firmenwert erworben werden bzw beim Erwerber zu aktivieren ist. Auch beim Erwerb einzelner Firmenwertfaktoren – wie etwa einem Standortrecht als Kundenstock – sind die steuerlichen Vorschriften für Firmenwerte zu beachten. In der Praxis ist daher insbesondere bei Erwerb bestimmter Rechte wesentlich, ob es sich dabei um einen Firmenwertfaktor handelt oder „nur“ um firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter, die nach den allgemeinen Bewertungsregeln steuerlich zu behandeln sind (vgl EStR 2000 Rz 2292).
Ihr KPMG-Berater unterstützt Sie dabei gerne.
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