VwGH zur mehrfachen Verlängerung der Beschwerdefrist

Tax News 10-11/2021

Verfahrensrecht

Kletterer

Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde/eines Vorlageantrags beträgt einen Monat und kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe über Antrag verlängert werden. Mit Einbringung des Antrags wird der Lauf der Frist gestoppt, nach Zustellung der (abweisenden) Entscheidung läuft die verbleibende „Restfrist“ weiter. In seiner Entscheidung vom 30.06.2021, Ra 2021/15/0019-6, klärt der VwGH die Frage, wie die Restfrist bei wiederholter Fristverlängerung zu berechnen ist.

1. Sachverhalt: Mehrmalige Fristverlängerung beantragt

Der Steuerpflichtige erhob gegen den ESt-Bescheid 2010 fristgerecht Beschwerde. Weiterer Verfahrensgang:

  • 13./16.11.2017: Zustellung Beschwerdevorentscheidung/Begründung
  • 14.12.2017: Antrag auf Fristverlängerung bis 31.01.2018
  • 18.12.2017: Stattgabe Fristverlängerung
  • 31.01.2018: Antrag auf erneute Fristverlängerung bis 16.02.2018
  • 12.02.2018: Abweisung Fristverlängerung
  • 14.02.2018: Einbringung Vorlageantrag

2. BFG 10.12.2020, RV/4100566/2018: Vorlageantrag fristgerecht

Aus dem positiv erledigten (ersten) Fristverlängerungsantrag vom 14.12.2017 resultierte (wochenendbedingt) eine Restfrist von 5 Tagen. Nach Ansicht des BFG stand dem Abgabenpflichtigen diese Restfrist ab Zustellung der abweisenden Entscheidung betr des zweiten Fristverlängerungsantrages zu. Der Vorlageantrag vom 14.02.2018 erwies sich nach dieser Ansicht als fristgerecht.

3. VwGH: Restfrist nicht „übertragbar“ – Vorlageantrag NICHT rechtzeitig

Zweck der Fristhemmung iZm Fristverlängerungsanträgen ist es dem Abgabepflichtigen bei Abweisung des Antrages noch die Einbringung von Beschwerde/Vorlageantrag innerhalb der Restfrist zu ermöglichen. Bei Stattgabe einer Fristverlängerung bedarf es eines derartigen Schutzes gerade nicht (Rz 16-17).

Wird in der Folge ein weiterer Fristverlängerungsantrag gestellt, ist für diesen die Restfrist gesondert zu beurteilen (Rz 18): Da im vorliegenden Fall erst am letzten Tag der verlängerten Frist (31.01.2018) der zweite Antrag auf Verlängerung gestellt wurde, betrug die Restfrist nur 1 Tag. Die Einbringung des Vorlageantrags war daher fristwahrend nur am Tag nach Zustellung der abweisenden Entscheidung (13.02.2021) möglich. Der am 14.02.2018 eingebrachte Vorlageantrag war als verspätet zurückzuweisen.

4. Ergebnis und Anmerkungen

In der Praxis kommt dem Management von Fristen eine herausragende Bedeutung zu. Die besten inhaltlichen Argumente sind nutzlos, wenn die Beschwerde/der Vorlageantrag verspätet eingebracht wird. Mit der vorliegenden Entscheidung trägt der VwGH maßgeblich zur Rechtssicherheit iZm der Fristberechnung bei. Demnach hat die Beurteilung des Fristenlaufs für jeden Fristverlängerungsantrag gesondert zu erfolgen. Restfristen aus in der Vergangenheit gestellten Anträgen können nicht auf spätere Anträge „übertragen“ werden.

Zu dieser Entscheidung im Detail: Papst/Gurtner/Rettenbacher, ZSS 2021/4 (in Druck).

Zum Thema Fristverlängerung siehe auch

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