Begutachtungsentwurf Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022
Tax News 10-11/2021
Ökosoziale Steuerreform 2022
Am 8. November 2021 wurde der Begutachtungsentwurf für das Ökosoziale Steuerreformgesetz 2022 versendet, mit dem die bereits kürzlich von der Bundesregierung vorgestellten Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Der Begutachtungsentwurf enthält im Einzelnen die folgenden Maßnahmen, die weitgehend bereits aufgrund den Ankündigungen der Bundesregierung grundsätzlich bekannt waren.
1) Senkung des Körperschaftsteuersatzes
Wie angekündigt wird der Körperschaftsteuersatz ab 2023 auf 24 % bzw ab 2024 auf 23 % gesenkt. Darüber hinaus wird auch die KESt bei Kapitalerträgen und die Immobilienertragsteuer von Kapitalgesellschaften entsprechend von 25 % auf 24 % bzw 23 % reduziert.
Zur Berücksichtigung von abweichenden Wirtschaftsjahren sollen in sinngemäßer Anwendung der Übergangsvorschrift zur Tarifsenkung durch das Steuerreformgesetz 2005 Einkommen(-steile) aus Kalenderjahren vor 2023 insoweit mit 25 % und Einkommen(-steile) aus dem Kalenderjahr 2023 mit 24 % besteuert werden.
Schließlich soll auch die Abzugssteuer für die Einräumung von Leitungsrechten von 8,25 % auf 7,50 % reduziert werden.
Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes wird bei den latenten Steuern in den Einzel- und Konzernabschlüssen zu berücksichtigen sein, wenn ein Beschluss des Nationalrates in 3. Lesung zum Bilanzstichtag vorhanden ist (vgl. AFRAC-Stellungnahme 30 Latente Steuern im Jahresabschluss).
Ebenso werden Steuerumlageverträge anzupassen sein bzw. verfügen bereits über entsprechende Anpassungsmechanismen.
2) Einführung eines Investitionsfreibetrages
In § 11 EStG wird ein Investitionsfreibetrag neu normiert. Der Investitionsfreibetrag reduziert als Betriebsausgabe das steuerliche Ergebnis im Jahr der Anschaffung oder Herstellung. Diesbezüglich sind folgende Eckpunkte relevant:
- Die Geltendmachung ist nur für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens möglich.
- Der Investitionsfreibetrag beträgt 10 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Bemessungsgrundlage), jedoch 15 % wenn es sich um Investitionen in den Bereich Ökologisierung handelt. Für eine Definition von „Ökologisierung“ beinhaltet das Gesetz eine Verordnungsermächtigung.
- Die Bemessungsgrundlage ist mit EUR 1 Mio gedeckelt (dh der maximale Investitionsfreibetrag beträgt somit EUR 100.000 bzw EUR 150.000), wobei bei Rumpf-Wirtschaftsjahren entsprechend zu aliqotieren ist. Es besteht aber keine Konzernregel, sodass für jede Konzerngesellschaft die Deckelung eigenständig gilt.
- Der Investitionsfreibetrag mindert nicht die Bemessungsgrundlage und hat daher keine Auswirkung auf die steuerliche Absetzung für Abnutzung.
- Begünstigte Wirtschaftsgüter sind Wirtschaftsgüter mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens 4 Jahren, die inländischen Betrieben oder inländischen Betriebsstätten zuzurechnen sind.
- Nicht begünstige Wirtschaftsgüter sind
- Wirtschaftsgüter, die überwiegend zur entgeltlichen Überlassung in Drittländer bestimmt sind.
- Wirtschaftsgüter, die zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden,
- Wirtschaftsgüter, für die in § 8 ausdrücklich eine Sonderform der Absetzung für Abnutzung vorgesehen ist, ausgenommen Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer
- Geringwertige Wirtschaftsgüter
- Unkörperliche Wirtschaftsgüter, die nicht den Bereichen Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life-Science zuzuordnen sind
- Unkörperlichen Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind oder von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben werden.
- Gebrauchte Wirtschaftsgüter
- Anlagen, die der Förderung, dem Transport oder der Speicherung fossiler Energieträger dienen, sowie Anlagen, die fossile Energieträger direkt nutzen. Der Bundesminister für Finanzen wird im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt, die für diese Beurteilung maßgebenden Kriterien in einer Verordnung näher festzulegen.
- Wartetastenregelung für Verluste: Entsteht oder erhöht sich durch die Geltendmachung des Investitionsfreibetrages ein Verlust, soll dieser insoweit weder ausgleichs- noch vortragsfähig sein. Ein solcher Verlust soll nur mit späteren Gewinnen aus diesem Betrieb zu verrechnen sein.
- Abschließend ist auch eine Nachversteuerungsregelung vorgesehen, wenn Wirtschaftsgüter für die ein Investitionsfreibetrag geltend gemacht wurde, vor Ablauf von 4 Jahren aus dem Betriebsvermögen ausscheiden oder ins Drittland verbracht werden.
- Aus Compliance-Sicht ist der Investitionsfreibetrag in der Steuererklärung und im Anlageverzeichnis entsprechend auszuweisen.
3) Steuerfreie Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung
Bis zu EUR 3.000 im Kalenderjahr sollen künftig Gewinnbeteiligungen an aktive Arbeitnehmer steuerfrei sein. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Gewinnbeteiligung allen oder zumindest bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird und nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs Z 1 bis 6 EStG (insbesondere Schmutz- und Erschwerniszulagen) erfolgt.
Darüber hinaus ist die steuerfreie Gewinnbeteiligung nur bis zur Höhe des steuerlichen Vorjahresgewinnes möglich und darf nicht anstellte des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung geleistet werden.
4) Besteuerung von Kryptowährungen
Kryptowährungen sollen künftig analog zu sonstigem Kapitalvermögen besteuert werden. Daraus ergeben sich die folgenden Konsequenzen bzw sind folgende Eckpunkte zu beachten:
- Kryptowährungen werden in das KESt-System integriert, wobei die Vorschriften (erst) mit 01.03.2022 in Kraft treten.
- Zusätzlich gelten die neuen Regelungen nur für Kryptowährungen, die nach dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden, dh für davor angeschaffte Kryptowährungen bleibt es bei der 1jährigen Steuerhängigkeit (Spekulationsfrist).
- Grundsätzlich sind sowohl laufende Einkünfte als auch realisierte Wertsteigerungen zum besonderen Steuersatz von 27,5% steuerpflichtig. Entgelte aus der Überlassung von Kryptowährungen unterliegen aber dann nicht dem besonderen Steuersatz, wenn die zugrundeliegenden Verträge in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht öffentlich angeboten werden.
- Bei Anwendung des Sondersteuersatzes soll der Werbungskostenabzug ausgeschlossen sein. Im Falle der Anwendung des Regelsteuersatzes können aber Werbungskosten abgezogen werden.
- Die Behandlung eines Verlustüberhanges aus Kryptowährungen im Betriebsvermögen soll analog zu anderen betrieblich gehaltenen Kapitalanlagen erfolgen.
- Einkünfte aus Kryptowährungen sollen – sofern der besondere Steuersatz zur Anwendung gelangt – auch ab 2023 der KESt-Abzugspflicht (mit Abgeltungswirkung) unterliegen, dh wenn ein inländischer Dienstleister vorliegt, der die Kryptowährungen oder sonstigen Entgelte gutschreibt bzw die Realisierung abwickelt.
- Die Abfuhr der Kapitalertragsteuer auf Kryptowährungen soll dann aber nur einmal jährlich erfolgen, und zwar am 15. Februar des Folgejahres.
- Im KStG soll die beschränkte Steuerpflicht auch auf Kryptowährungen ausgedehnt werden.
Zu weiteren Details dürfen wir auf unseren Tax Flash 13/2021 verweisen.
5) Anhebung Gewinnfreibetrag
Für die ersten EUR 30.000 wird der Gewinnfreibetrag von 13 % auf 15 % angehoben und bleibt ansonsten unverändert, dh der maximal mögliche Gewinnfreibetrag erhöht sich von EUR 45.350 auf EUR 45.950.
6) Geringwertige Wirtschaftsgüter
Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter wird von EUR 800 auf EUR 1.000 angehoben.
7) Neue Sonderausgaben für Gebäudesanierung
Künftig sollen Ausgaben für die thermische Sanierung von Gebäuden bzw den Ersatz eines fossilen Heizungssystems durch ein klimafreundliches Heizungssystem als Sonderausgaben zu berücksichtigen sein, wobei folgende Voraussetzungen bzw Einschränkungen gelten:
- Die Ausgaben sind im Jahr der Auszahlung der Förderung und in den folgenden 4 Kalenderjahren durch einen jährlichen Pauschbetrag zu berücksichtigen:
- EUR 800 p.a. (bei thermischer Sanierung von Gebäuden)
- EUR 400 p.a. (bei Ersatz eines fossilen Heizungssystems durch ein klimafreundliches Heizungssystem)
- Für die Ausgaben wurde Förderung nach dem Umweltförderungsgesetz ausbezahlt und eine Datenübermittlung in die Transparenzdatenbank vorgenommen.
- Die Ausgaben abzüglich ausbezahlter Förderungen aus öffentlichen Mitteln übersteigen den Betrag von
- EUR 4.000 (bei thermischer Sanierung von Gebäuden)
- EUR 2.000 (bei Ersatz eines fossilen Heizungssystems durch ein klimafreundliches Heizungssystem)
- Wird innerhalb des 5-Jahres-Zeitraumes eine weitere Förderung ausbezahlt, die eine begünstigte Ausgabe darstellt, verlängert sich der Zeitraum für die Berücksichtigung des Pauschbetrages auf 10 Jahre (wobei in den ersten 5 Jahren der höhere und dann der niedrigere Pauschbetrag zu berücksichtigen ist).
8) Tarifreform im Einkommensteuergesetz
Im Rahmen des ESt-Tarifs wird die zweite Tarifstufe von 35 % auf 30 % und die dritte von 42 % auf 40 % reduziert. Da der Einkommensteuertarif kalenderjahrbezogen ist, soll die unterjährige Absenkung des Steuersatzes durch einen sich daraus ergebenen Mischsteuersatz berücksichtigt werden. Im Lohnsteuerbereich ist der Mischsteuersatz jeweils ab 1. Juli anzuwenden und für das erste halbe Kalenderjahr eine Aufrollung im Juli oder August, jedoch spätestens im September durchzuführen.
Außerdem wird der Familienbonus für Kinder bis 18. Jahren von EUR 1.500 p.a. auf EUR 2.000 p.a., für Kinder ab 18 Jahren von EUR 500 p.a. auf EUR 650 p.a. und der Kindermehrbetrag von EUR 250 auf EUR 450 und erhöht.
9) Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes bei Mietkaufmodellen
Ab 2023 soll der Vorsteuerberichtigungszeitraum für den Erwerb von Mietwohnungen mit Kaufoption von gemeinnützigen Bauträgern von 20 auf 10 Jahre verkürzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass es zu einer nachträglichen Übertragung einer Wohnung in das Wohnungseigentum aufgrund eines Anspruches gemäß § 15c WGG kommt.
10) Elektrizitätsabgabe
Die bereits bestehenden steuerlichen Begünstigungen für „Eigenstrom“ sollen auf alle erneuerbaren Energieträger ausgeweitet und die bestehende Beschränkung auf 25.000 kWh pro Jahr aufgegeben werden.
11) Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 und Klimabonusgesetz
Diesbezüglich dürfen wir auf unseren separaten Beitrag (Nationaler Emissionszertifikatehandel und Klimabonus – Gesetzesentwürfe) verweisen.
12) Änderungen im Sozialversicherungsgesetz
Ein Teil der von der Bundesregierung in Aussicht genommenen Steuerreform ist die Absenkung des von den Versicherten zu tragenden Krankenversicherungsbeitrages für niedrige und mittlere Einkommen, welche in den Sozialversicherungsgesetzen umgesetzt werden soll.
Die Gesetzwerdung bleibt abzuwarten. Wir werden über weitere Entwicklungen zeitnah berichten. Bitte wenden Sie sich hinsichtlich Detailfragen gerne an Ihren KPMG-Berater.
Weitere Inhalte