Begutachtungsentwurf zur Ökosozialen Steuerreform: Eingliederung von Kryptowährungen ins Kapitalvermögen inkl KESt-Abzug im Inland

Tax Flash 13/2021

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Tax Flash

Wie bereits anhand der Unterlagen1 zum Ministerratsvortrag vom 6. Oktober 2021 antizipiert, ist eine Eingliederung von Einkünften iZm Kryptowährungen in die Einkünfte aus Kapitalvermögen iRd ökosozialen Steuerreform geplant. Nunmehr liegt der entsprechende Gesetzesentwurf vor, auf den bis 06.12.2021 Stellung genommen werden kann.

Dieser Entwurf, sowie die korrespondierenden erläuternden Bemerkungen (EB) geben nun ein detailliertes Bild darüber, wie dies genau ausfallen soll: sämtliche nach dem 28. Februar 2021 angeschaffte Kryptowährungen stellen keine Spekulationseinkünfte mehr dar, sondern Kapitalvermögen und werden in einem neuen § 27b EStG behandelt. Dabei soll – analog zu den bestehenden Regelungen für Kapitalvermögen gem § 27 EStG – zwischen laufenden Erträgen (§ 27b Abs 2 EStG) und realisierten Wertsteigerungen (§ 27b Abs 3 EStG) unterschieden werden. Neben der grundsätzlich vorgesehenen Anwendung des besonderen Steuersatzes iHv 27,5 % soll die Steuer darüber hinaus als KESt vom inländischen Schuldner bzw dem inländischen Dienstleister einbehalten und abgeführt werden.

Eingliederung in die Einkünfte aus Kapitalvermögen mittels eigener gesetzlicher Normierung

Ab dem 1. März 2022 sollen die Einkünfte aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus Kryptowährungen erweitert werden. Der Gesetzgeber möchte damit dem wirtschaftlichen Charakter von Kryptowährungen im Rahmen einer verwaltungsökonomischen Novelle Rechnung tragen. In § 27 Abs 1 iVm dem neu einzuziehenden Abs 4a EStG soll der Grundtatbestand der Einkünfte aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus Kryptowährungen erweitert werden. Zudem wird mit § 27b eine eigenständige Regelung geschaffen, die den Umfang der Steuerpflicht genauer festlegt. Die Einkünfte aus Kryptowährungen sollen gemäß § 27 Abs 4a EStG folgende Tatbestände erfassen:

  • Laufende Einkünfte aus Kryptowährungen
  • Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen

Derivate, die sich auf Kryptowährungen beziehen, sind schon aufgrund der geltenden Rechtslage von § 27
Abs 4 EStG miterfasst und sollen daher von den Einkünften gemäß Abs 4a leg cit nicht mitumfasst werden.

Zu den laufenden Einkünften iSd § 27b Abs 2 EStG sollen zählen:

  • Entgelte für die Überlassung von Kryptowährungen
  • Der Erwerb von Kryptowährungen durch einen technischen Prozess, bei dem Leistungen zur Transaktionsverarbeitung zur Verfügung gestellt werden (dh insb „Mining“). Der Gesetzgeber sieht Mining offenbar explizit als Anschaffungsvorgang

Ausgenommen von den laufenden Erträgen sind Einkünfte, bei denen die Leistung zur Transaktionsverarbeitung lediglich im Einsatz von vorhandenen Kryptowährungen (Staking) liegt, oder wenn Kryptowährungen unentgeltlich (Airdrops) oder für lediglich unwesentliche sonstige Leistungen (Bounties) übertragen werden. Letzte sind unter die realisierten Wertsteigerungen zu subsumieren.

Zu den realisierten Wertsteigerungen iSd § 27b Abs 3 EStG sollen demnach zählen:

  • Veräußerungen von Kryptowährungen
  • dem Tausch gegen andere Wirtschaftsgüter und Leistungen, einschließlich gesetzlich anerkannter Zahlungsmittel
  • Airdrops, Staking und Bounties; diesfalls sollen die Anschaffungskosten mit Null festgesetzt werden

Als Veräußerungserlös soll wie gewohnt der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Veräußerungsgewinn angesetzt werden. Einen wahren Paradigmenwechsel stellt die angestrebte Tatsache dar, dass der Tausch einer Kryptowährung in eine andere keinen Realisationstatbestand darstellen soll. Vielmehr sollen gem EB die Anschaffungskosten der hingegeben Kryptowährungen übertragen werden.

In § 27b Abs 4 EStG wird sodann der Begriff der Kryptowährungen definiert: die digitale Darstellung eines Werts, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht zwangsläufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden ist und die nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann. Damit wird auf die im Zuge der Umsetzung der 5. GeldwäscheRL2 der EU in § 2 Z 21 FM-GwG3 verankerte unionseinheitliche Definition zurückgegriffen. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, dass Tokens (Currency, Utility, Security bzw Investment Token sowie Non Fungible Tokens (NFTs)) nicht vom Anwendungsbereich erfasst sind und weiterhin Spekulationseinkünfte (§ 29 Z 2 iVm § 31 EStG) darstellen sollen.

Anwendung des besonderen Steuersatzes und KESt-Abzug bei Inlandsbezug

Mit der Eingliederung in die Besteuerungssystematik von Kapitalvermögen soll ebenfalls die Anwendung des besonderen Steuersatzes auf Einkünfte iZm Kryptowährungen normiert werden. Einerseits soll in § 27a Abs 1 EStG der Begriff „Forderungen“ durch „Geldforderungen“ ersetzt werden, um der Differenzierung zwischen Krypto- und Fiatwährung Rechnung zu tragen. Andererseits sollen in Abs 2 Z 2 leg cit zur Ausnahme von der Anwendung des besonderen Steuersatzes ebenfalls Kryptowährungen aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass Entgelte aus der Überlassung von Kryptowährungen dann nicht dem besonderen Steuersatz unterliegen, wenn die zugrundeliegenden Verträge in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht öffentlich angeboten werden. Dadurch soll bei privaten Sachdarlehen die Möglichkeit zur Gestaltung von Steuerarbitragen vermieden werden. Dies stellt ebenfalls einen klaren Paradigmenwechsel zur bisherigen „zinstragenden Veranlagung“ lt BMF-Info zu Krypto-Assets4  dar.

Die Steuererhebung soll lt vorliegenden Unterlagen sodann durch Besteuerung an der Quelle (KESt) erfolgen, was primär durch den inländischen Schuldner (bei laufenden Erträgen) oder inländischen Dienstleister (bei laufenden Erträgen und realisierten Wertsteigerungen) erfolgen soll. Für die Definition des inländischen Dienstleisters wird wiederum auf bestehende Rechtsbegriffe zurückgegriffen, wonach darunter entweder Dienstleister, die Dienste zur Sicherung privater kryptografischer Schlüssel anbieten, um Kryptowährungen im Namen eines Kunden zu halten, zu speichern und zu übertragen, zu verstehen sind, bzw solche, die den Tausch von Kryptowährungen in gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel und umgekehrt anbieten (§ 2 Z 22 lit a und b FM-GwG).

Sollten die Anschaffungskosten unbekannt sein, sind Anschaffungskosten sowie -zeitpunkt nach Maßgabe der Angaben des Steuerpflichtigen festzusetzen, soweit diese nicht offensichtlich unrichtig sind. Ist der Anschaffungszeitpunkt nicht bekannt oder wurde dieser vom Steuerpflichtigen nicht bzw nicht richtig angegeben, ist von einer Anschaffung nach dem 28. Februar 2021 auszugehen. Damit soll dem Abzugsverpflichteten eine weitreichende Möglichkeit eingeräumt werden, vom Steuerpflichtigen bekanntgegebene Informationen zu übernehmen, sofern diese nicht offensichtlich unrichtig sind.

Key-Takeaways und Ausblick für die Praxis

Der nationale Gesetzgeber wagt mit der ökosozialen Steuerreform einen Paradigmenwechsel bei der Besteuerung von Transaktionen mit Kryptowährungen. Einerseits bedient er sich dem Kapitalvermögen, um dem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt von Kryptowährungen Rechnung zu tragen, andererseits auch bereits vorhandenen aufsichtsrechtlichen Definitionen, um diesen Wechsel verwaltungsökonomisch vollziehen und Einheitlichkeit sicherstellen zu können. Für die Praxis hat dies weitreichende Folgen: den Wegfall der Spekulationsfrist und die Anwendung des besonderen Steuersatzes, in vielen Fällen mittels KESt-Abzug – und zwar bereits für sämtliche nach dem 28. Februar 2021 angeschaffte Kryptowährungen (zuvor angeschaffte Kryptowährungen bleiben hingegen im bisherigen System). Übergangsfristen sieht der Gesetzgeber nicht vor. Wie die tatsächliche Umsetzung ins nationale Recht erfolgen wird, bleibt selbstverständlich abzuwarten; bis 6. Dezember 2021 kann zu oben angeführten Ausführungen Stellung genommen werden.

1 MRV 73/14 v 6.10.2021, abrufbar unter https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:e0a8bf73-a171-4d34-b596-8460aae84637/73_14_mrv.pdf

2 Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates v 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl L 156/43.

3 Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, BGBl I 118/2016 idF BGBl I 98/2021.

4 BMF, Steuerliche Behandlung von Krypto-Assets, abrufbar unter https://www.bmf.gv.at/themen/steuern/sparen-veranlagen/steuerliche-behandlung-von-kryptowaehrungen.html