Finale Verrechnungspreisrichtlinien 2021 endlich veröffentlicht

Tax Flash 12/2021

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Tax Flash

Die lange erwartete Endfassung der österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 (VPR 2021) ist am 7. Oktober 2021 von der Finanzverwaltung veröffentlicht worden und unter folgendem Link verfügbar: VPR 2021. Die finale Fassung der VPR 2021 enthält keine grundlegenden Änderungen gegenüber dem am 4. Dezember 2020 veröffentlichten Begutachtungsentwurf, beinhaltet jedoch etliche kleinere Überarbeitungen, welche teilweise auch den von der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer geäußerten Anregungen, aber auch sonst geäußerter Kritik Rechnung tragen. Einen detaillierten Überblick über die wesentlichen Inhalte der VPR 2021 und Änderungen gegenüber den VPR 2010 können Sie in unserem Tax Flash 12/2020 unter dem folgenden LINK finden.

Übersicht über die Änderungen

Im Folgenden finden Sie einen Überblick über beachtenswerte Änderungen seit dem Begutachtungsentwurf:

Schrifterfordernis Rz 16

Die VPR 2021 verlangen mehrfach den Abschluss schriftlicher Vereinbarungen zwischen verbundenen Unternehmen. Dies gilt insbesondere für Konzernumlageverträge und Kostenverteilungsverträge. Laut dem Begutachtungsentwurf waren Verträge zwischen verbundenen Unternehmen nur anzuerkennen, wenn diese nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter gleichen Bedingungen abgeschlossen werden. In der finalen Version der VPR 2021 wird nun ergänzend angeführt, dass wenn es an der Schriftlichkeit von Verträgen mangelt, der Geschäftsvorfall und die Geschäftsbedingungen aus dem tatsächlichen Verhalten der Beteiligten abgeleitet werden müssen. Im Ergebnis kann daher im Zuge von Außenprüfungen eine fehlende Schriftlichkeit für sich betrachtet keine ausreichende Begründung für die steuerliche Nichtanerkennung von Intercompany-Vereinbarungen mehr sein.

Zeitfragen bei der Vergleichbarkeit Rz 72

Die Aussagen im Begutachtungsentwurf, dass bei Fehlen zeitnah erstellter Unterlagen der Steuerpflichtige auch rückwirkende Sachverhaltsbeurteilungen auf Grund nachträglich gewonnener Erkenntnisse in Kauf nehmen muss, wurden gestrichen.

Year-End-Adjustments („YEA“) Rz 73

Auch wenn die generelle Aufnahme der Möglichkeit von YEA jedenfalls begrüßenswert ist, wurden die relativ strengen Voraussetzungen für deren Anwendung im Begutachtungsverfahren kritisiert. In den finalen VPR 2021 wurde das Wording zwar leicht angepasst, die Voraussetzungen für die Anerkennung der Anwendung von YEA wurden jedoch nicht signifikant herabgesetzt. Dementsprechend sind YEA nur möglich, wenn die ex ante-Preisfestsetzung „mit wesentlichen Unsicherheiten behaftet“ ist und vom Abgabepflichtigen „unterjährig angemessene Anstrengungen“ unternommen worden sind, einen fremdüblichen Verrechnungspreis zu erzielen.

Korrektur auf den Median Rz 78

Entgegen dem Begutachtungsentwurf ist in den finalen VPR 2021 die Anpassung auf den Median nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Stattdessen wurde die Mediankorrektur in eine Kann-Bestimmung umformuliert, welche allerdings mit einer „Beweislastumkehr“ für den Steuerpflichtigen verknüpft wurde. Dementsprechend muss der Steuerpflichtige den Nachweis erbringen, dass ein bestimmter Vergleichswert innerhalb der Bandbreite verlässlicher ist als der Median, wenn er die Anpassung auf den Median vermeiden will.

Datenbankstudien Rz 79 Begutachtungsentwurf VPR 2020

Die im Begutachtungsentwurf getroffenen Aussagen, wonach bei mangelhaften Datenbankstudien eine Verwertbarkeit der Studie für die Finanzverwaltung in „Kombination mit anderen Beweismitteln (z.B. einer Wertschöpfungsanalyse)“ in Aussicht gestellt worden war, wurde erfreulicher Weise nicht übernommen. Da Wertschöpfungsanalysen in den VPR 2021 nicht näher definiert werden und diese in der Regel höchst subjektiv sind, war zu befürchten, dass damit der Annahme einer Schätzungsbefugnis unter Anwendung griffweise gewichteter Wertschöpfungsbeiträge (iSe vereinfachten „Profit Split“-Ansatzes) Tür und Tor geöffnet werden könnte. Dementsprechend ist diese Anpassung aus Sicht der Steuerpflichtigen sicherlich begrüßenswert.

Konzerninterne Dienstleistungen Rz 90 und 91

In den finalen VPR 2021 wird nun die Anwendung der angeführten Gewinnaufschläge für Dienstleistungen klarer abgegrenzt. In diesem Sinne wird angeführt, dass – abseits des LVAIGS-Ansatzes unter Anwendung eines 5%igen Gewinnaufschlags – auch ohne Vorliegen einer Datenbankstudie bei Dienstleistungen mit Routinecharakter ein Nettogewinnaufschlag zwischen 3% und 10% (häufig 5%) herangezogen werden kann.

Weiters wird klargestellt, dass für vor dem 1.1.2022 erbrachte Dienstleistungen mit Routinecharakter weiterhin ein Bruttogewinnaufschlag zwischen 5% und 15% herangezogen werden kann. Darüber hinaus wird in Rz 91 auch erläutert, unter welchen Umständen keine Routineleistungen vorliegen. Hier werden etwa pauschal Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten angeführt. Dies erscheint auch insoweit problematisch, als bei Dienstleistungen ohne Routinefunktion stets zu untersuchen sei, ob die Kostenaufschlagsmethode überhaupt noch eine anwendbare Methode darstellt, oder ob eher bereits die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode („Profit Split“) zur Anwendung kommen muss. Daraus könnte die Anwendung der angeführten Gewinnaufschläge zB für Auftragsforschungstätigkeiten problematisch erscheinen, sodass für diese Tätigkeiten grundsätzlich Datenbankstudien zum Nachweis der Fremdüblichkeit erstellt werden sollten.

LVAIGS-Ansatz Rz 98

Im Zusammenhang mit der Anwendung des LVAIGS-Ansatz wurde erfreulicher Weise die Aussage gestrichen, dass bei der Anwendung und Dokumentation darauf Bedacht zu nehmen sei, dass die Einschätzung des genauen Marktwerts der Dienstleistungen möglich ist und festgestellt werden kann, ob auch ein fremder Dritter jene Gegenleistung zu erbringen bereit gewesen wäre, welche vom verbundenen Unternehmen geleistet wurde. Dementsprechend ist für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung – entsprechend den OECD-VPL – kein umfassender, einzelleistungsbezogener „Benefits Test“ erforderlich.

Weiters wurde der Satz „Österreich folgt der Empfehlung der OECD und wendet den LVAIGS-Ansatz für ab 1.1.2021 erbrachte Dienstleistungen an“, ersatzlos gestrichen. Österreichische Steuerpflichtige, die diesem Ansatz bereits seit Veröffentlichung der OECD-Empfehlung folgen, sollten dadurch entsprechend bestätigt werden.

Kreditangebot einer Bank Rz 118

Laut finalen VPR 2021 kann ein konkretes Kreditangebot einer Bank, welchem eine ausführliche Bonitätsprüfung zugrunde liegt, einen angemessenen Preisvergleich darstellen.

Cash Pooling Rz 124

In den finalen VPR 2021 wurde nun auf Anregung der KSW auch das Beispiel 2 Tz 10.138 der OECD-VPL zur Vergütung des Cash Pool-Führers eingefügt, aus dem sich ergibt, dass bei entsprechendem Funktions- und Risikoprofil des Cash Pool-Masters dieser die Zinsmarge vollständig vereinnahmen kann und in diesem Fall die Synergien aus dem Cash Pool nicht auf die anderen Cash Pool-Teilnehmer aufgeteilt werden müssen. Für alle Unternehmen, die ein entsprechendes Cash Pooling-System implementiert haben, sind diese Ergänzungen jedenfalls begrüßenswert und hilfreich.

Konzerninterne Arbeitskräfteüberlassung Rz 194

Die finalen VPR 2021 enthalten nun auch Aussagen bezüglich der Behandlung konzerninterner Arbeitskräfteüberlassung. Diesbezüglich wird angeführt, dass bei einer konzerninternen Entsendung von Arbeitskräften zu prüfen ist, ob es sich um die Erbringung einer Aktiv- oder Passivleistung durch das entsendende Unternehmen handelt. Liegt eine Passivleistung, also eine echte Arbeitskräfteüberlassung vor, ist die fremdübliche Vergütung in der Regel auf Basis eines (internen oder externen) Preisvergleichs oder der Kostenaufschlagsmethode zu ermitteln. Bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode sind alle mit der Entsendung zusammenhängenden Kosten (Vollkosten) sowie gegebenenfalls ein fremdüblicher Gewinnaufschlag zu berücksichtigen mit Verweis auf Rz 105 der VPR 2021. Aus der Sicht des aufnehmenden Unternehmens wird dabei auch zu beachten sein, ob entsprechendes Personal mit vergleichbaren Fähigkeiten und Kenntnissen auf dem lokalen Arbeitsmarkt verfügbar ist und welcher Aufwand dafür zu leisten wäre.

Homeoffice-Betriebsstätte Rz 262

In den finalen VPR 2021 wurden nun auch die bereits bekannten restriktiven EAS Aussagen (EAS 3323, 3392 und 3415) iZm der Begründung einer Betriebsstätte durch die Homeoffice-Tätigkeit eines Arbeitnehmers aufgenommen.

In der Praxis kann gerade hinsichtlich der Homeoffice-Betriebsstätte die Frage, wann die Schwelle für die Begründung einer Betriebsstätte überschritten wurde, sehr schwierig zu beantworten sein. Insofern kann man die nun angeführten Abgrenzungskriterien für die Anwendungspraxis als auch für die Verwaltungspraxis als sinnvoll ansehen.

Mitteilungspflicht iZm dem länderbezogenen Bericht Rz 447

Für berichtspflichtige Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen, ist eine Mitteilung nur noch dann erforderlich, wenn sich im Vergleich zu der im Vorjahr abgegebenen Mitteilung Änderungen ergeben (zB, wenn sich die oberste Muttergesellschaft ändert oder die Berichtspflicht nicht mehr übernommen wird). Das Ende der Zugehörigkeit zu einer multinationalen Unternehmensgruppe ist durch eine Leermeldung mitzuteilen.

Verdeckte Ausschüttungen Rz 514

Die Aussagen zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung wurden leider um die pauschale Aussage ergänzt, dass wenn ein inländisches Unternehmen im Zeitpunkt einer Verrechnungspreisberichtigung auf die Verrechnungspreisforderung gegenüber der Muttergesellschaft verzichtet, dies die Tatbestandsmerkmale einer verdeckten Ausschüttung erfüllen wird. Es ist zu befürchten, dass dies im Zuge von Außenprüfungen zum Anlass genommen werden könnte, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung nicht im Detail zu prüfen, sondern dies lediglich anhand des Kriteriums der Anerkennung und Einstellung einer Forderung zu entscheiden.

Implikationen und Handlungsempfehlungen

Die finalen VPR 2021 entsprechen in weiten Teilen dem am 4.12.2020 veröffentlichen Begutachtungsentwurf, enthalten im Vergleich zum Begutachtungsentwurf jedoch auch – wie dargestellt – die eine oder andere erwähnenswerte Änderung. Durch die VPR 2021 ergeben sich – nicht zuletzt auch aufgrund der Einarbeitung zwischenzeitiger Änderungen der OECD-VPL – zum Teil deutlich höhere Anforderungen an die Ermittlung, Dokumentation und Überwachung von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen. Vor diesem Hintergrund sind Steuerpflichtige durch die Veröffentlichung der VPR 2021 in jedem Fall gut beraten, spätestens jetzt zu analysieren, ob und gegebenenfalls welcher Handlungsbedarf sich dadurch für Sie ergibt, um „VPR 2021-fit“ zu sein. Die Verrechnungspreisspezialisten von KPMG unterstützen Sie dabei gerne.