Ökosoziale Steuerreform: Nationaler Emissionszertifikatehandel und Klimabonus – Gesetzesentwürfe

Tax News 10-11/2021

Ökosoziale Steuerreform 2022

Kletterer

Zweck des NEHG ist die CO2-Bepreisung. Ab 1. Juli 2022 sollen durch Nutzung von Kohle, Erdgas und Erdölprodukten entstehende CO2-Emissionen auch in vom EU- Emissionshandelssystem nicht erfassten Bereichen (Verkehr, Industrie, Gebäude, etc) an die Abgabe von Zertifikaten geknüpft werden. Der Kauf von Zertifikaten berechtigt, die fossilen Brennstoffe in Verkehr zu bringen, die Verpflichtung zur Abgabe von Zertifikaten entsteht, wenn Energieabgaben entstehen. Zur pauschalen Kompensation der mit der CO2-Bepreisung verbundenen finanziellen Mehrbelastung natürlicher Personen wird ein Klimabonus eingeführt. 

Ökosoziale Steuerreform

Neben der Entlastung der Bürger sind Klimaschutzmaßnahmen wesentliches Ziel der Steuerreform. Zur Herstellung von Kostenwahrheit in Bezug auf CO2- Emissionen wird ein Nationaler Emissionszertifikatehandel eingeführt, Folgewirkungen werden mittels eines Klimabonus abgefedert.

1. Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022)

Ein nationales Emissionszertifikat verbrieft das Recht, eine Tonne Treibhausgasemissionen in Verkehr zu bringen. Der Zertifikatshandel soll mit 1. Juli 2022 starten. Zuständige Behörde für die Durchführung soll ein beim BMF einzurichtendes Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel sein. Die Umsetzung des nationalen Emissionszertifikatehandels umfasst drei Phasen: Einführung (2022 - 2023), Übergang (2024 - 2025) und Marktphase (ab 1. Jänner 2026). 

Erfasste Energieträger

Die Definition der vom NEHG erfassten Energieträger erfolgt auf Basis der Kombinierten Nomenklatur und umfasst zunächst Benzin, Gasöl, Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin. Für jeden Energieträger wird ein Emissionsfaktor festgelegt. Der Katalog der erfassten Energieträger kann durch Verordnung ausgeweitet werden. 

Während der Einführung knüpft das NEHG an die Energieabgaben an, da die Energieträger der Mineralölsteuer, Erdgasabgabe oder Kohleabgabe unterliegen. Nationale Emissionszertifikate können bei der zuständigen Behörde jeweils für ein Kalenderjahr erworben und bei Nichtverwendung zurückgegeben werden (Erstattung des Ausgabepreises). Mit dem Inverkehrbringen einer Tonne eines der genannten Energieträger entsteht die Verpflichtung zur Zertifikatsabgabe. Diese hat zeitgleich mit der Entstehung der Steuerschuld der Energieabgaben zu erfolgen. 

Befreiungen

Ausgenommen vom nationalen Zertifikatshandel sollen Handelsteilnehmer sein, die pro Jahr weniger als eine Tonne Emissionen in Verkehr bringen. Auch bestehende Energieabgaben-Befreiungen führen zur Abgabe-Befreiung. Verwenden Unternehmen, die dem EU-Zertifikatshandel unterliegen, vom NEHG erfasste Energieträger, sollen auch diese befreit werden. 

Zertifikatspreise

Bis 2025 wird für jedes Kalenderjahr ein Ausgabewert des Emissionszertifikats festgelegt: Der Einstiegspreis beträgt EUR 30, steigt 2023 auf EUR 35, 2024 auf EUR 45 und 2025 auf EUR 55). Der Betrag der Preiserhöhung unterliegt auf Basis der Entwicklung eines speziellen fossilen Energiepreisindex für Privathaushalte einer Anpassung. Steigen die Energiepreise im Vergleich zum vorangegangenen Kalenderjahr um mehr als 12,5 %, wird der Erhöhungsbetrag im Folgejahr halbiert, sinkt er um mehr als 12,5 %, steigt der Erhöhungsbetrag um 50 %. Ab 1. Jänner 2026 soll die Preisbildung am Markt erfolgen. 

Verfahren

In der Einführungsphase gilt ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung, Überwachung, Bericht-erstattung und Abgabe von Zertifikaten. Aufgrund der Anknüpfung an die Energieabgaben werden Energieabgaben-Schuldner automatisiert als Handelsteilnehmer registriert (Initialbefüllung). Handelsteilnehmer haben Quartalsmeldungen einzureichen (15. des zweitfolgenden Monats) und die entsprechende Zertifikats-Anzahl abzugeben. Bis 30. Juni des Folgejahres ist ein Jahres-Emissionsbericht einzureichen (Korrektur unterjähriger Meldungen möglich). Der Ablauf (via FinOn) soll in einer Verordnung geregelt werden. 

Strafbestimmungen

Bei nicht fristgerechter Abgabe von Emissionszertifikaten ist verschuldensunabhängig ein erhöhter Zertifikatspreis zu zahlen (Verdopplung in der Fixpreisphase, EUR 125/Tonne Co2 in der Marktphase (wertgesichert). Dieser ist zusätzlich zum Preis für das fehlende Emissionszertifikat zu entrichten. Die Nicht-Einhaltung der im NEHG festgelegten Pflichten stellen Finanzvergehen dar (Geldstrafen).

Weiterentwicklung

Mit 1. Jänner 2024 soll ein nationales Emissionszertifikatehandelsregister eingeführt werden. Im Zuge der Registrierung haben Handelsteilnehmer Überwachungspläne vorzulegen, die zu prüfen sind. Die Übergangsphase soll flexibel gestaltet werden. Nach einer Evaluierung der Wirksamkeit soll bis zum 31. März 2025 ein Vorschlag zur Novellierung des NEHG unterbreitet werden (Überführung in ein bzw Abstimmung mit einem unionsweiten Emissionszertifikatehandelssystem).

2. Klimabonus - Entlastung

Zur Abdeckung finanzieller Mehrbelastungen für natürliche Personen aufgrund des NHEG (Anknüpfung an Hauptwohnsitz) erhalten diese ab 2022 einen regional differenzierten Klimabonus. Dieser umfasst einen Sockelbetrag (EUR 100; für Kinder unter 18 Jahre: EUR 50), plus einen Regionalausgleich. Der Ausgleich hängt von der Erreichbarkeit des Hauptwohnsitzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie der lokal vorhandenen technischen und sozialen Infrastruktur ab und umfasst 0 %, 33 %, 66 % oder 100 % des Sockelbetrages. Der Klimabonus ist steuerfrei. Das Verfahren (Antrag, Abwicklung) wird im Verordnungsweg präzisiert. Sockelbetrag und Regionalausgleich werden regelmäßig angepasst.

Auch für Unternehmen sind Entlastungsmaßnahmen vorgesehen: Zur Vermeidung von Härtefällen erhalten Unternehmen mit einem hohen Anteil an Brennstoffkosten eine Kompensation. Eine solche erhalten auch produzierende Unternehmen, für die ein Wechsel auf CO2-neutrale Alternativen aufgrund der Wettbewerbssituation noch nicht möglich ist, um die Verlagerung von Treibhausgasemissionen ins Ausland (Carbon Leakage) zu verhindern. Voraussetzung dafür ist die Einführung eines Energiemanagementsystems sowie die Durchführung von Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz und Dekarbonisierung. Die Kompensation ist antragsgebunden und beträgt in Abhängigkeit von der Emissionsintensität 65 – 95 %. Weiters ist eine Deckelung sowie eine Pauschalierung (Landwirte) vorgesehen. 

3. Ergebnis

Das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz trifft im ersten Schritt jene Unternehmen, die Erdgasabgabe, Kohleabgabe oder Mineralölsteuer abführen, da diese die erfassten Energieträger in Verkehr bringen. Diese haben die Zertifikate anzukaufen und abzugeben. Sie werden jedoch die damit verbundenen Kosten an ihre Abnehmer überwälzen, sodass die CO2-Bepreisung als Kostenfaktor in künftigen Kalkulationen mitzuberücksichtigen ist. Ob der Klimabonus für natürliche Personen hier eine tatsächliche finanzielle Kompensation bringt, bleibt abzuwarten.

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