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      Damit ein Abgabepflichtiger eine Wiederaufnahme von Amts wegen vermeiden kann, muss er dem Finanzamt sämtliche entscheidungsrelevante Sachverhaltsparameter offenlegen. Daher ist die Übermittlung einer vollständigen Aufstellung von gezahlten Entgelten für eine vollständige Offenlegung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes gegenüber dem Finanzamt nicht ausreichend, wenn die Fremdüblichkeit der offengelegten Entgelte erst bei Kenntnis zusätzlicher Sachverhaltsparameter beurteilt werden kann (VwGH 7.6.2021, Ra 2019/13/0096-3).

      1. Sachverhalt: Dienstvertrag statt Werkvertrag

      Der Revisionswerber betrieb eine Privatordination und entlohnte seine Ehefrau für ihre Mitwirkung auf Basis eines Werkvertrages. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde jedoch festgestellt, dass die Ehefrau ihre Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt hatte. Das Finanzamt verfügte die Wiederaufnahme des Verfahrens und kürzte die geltend gemachten Betriebsausgaben. Die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid wurde vom BFG zurückgewiesen.

      2. VwGH: Keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung

      Gegen die Zulässigkeit der Wiederaufnahme brachte der Revisionswerber vor, das Finanzamt habe bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Erlassung des Einkommensteuerbescheides eine vollständige Kenntnis des Sachverhaltes gehabt. Es seien nämlich die Einkommensteuererklärung ergänzende Unterlagen gesondert an das Finanzamt übermittelt worden, in denen eine gesonderte Aufstellung über gezahlte Honorare enthalten war.

      Der Revisionswerber bestritt jedoch nicht, dass die Tatsache, welche Entgelthöhe für die Tätigkeit seiner Ehefrau fremdüblich war, dem Finanzamt erst im Rahmen der Außenprüfung auf Basis der Berechnungsgrundlage des steuerlichen Vertreters bekannt wurde. Ob ein konkretes Entgelt fremdüblich oder fremdunüblich hoch ist, stellt nach der Rsp des VwGH eine Tatsachenfrage dar (Verweis auf VwGH 24.2.2000, 97/15/0213). Da der Abgabenbehörde somit nach Bescheiderlassung neue entscheidungsrelevante Tatsachen bekannt wurden, warf die Revision keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf und war zurückzuweisen. Die Wiederaufnahme war zulässig.

      3. Conclusio

      Eine Wiederaufnahme von Amts wegen kann nur vermieden werden, indem der Abgabenbehörde sämtliche entscheidungsrelevante Sachverhaltselemente offengelegt werden. Sofern die Fremdüblichkeit von Entgelten beurteilt werden muss, reicht die vollständige Offenlegung der Entgelte der Höhe nach nicht aus, um eine Wiederaufnahme von Amts verhindern zu können. Vielmehr müssten gegenüber dem Finanzamt alle Sachverhaltsparameter offengelegt werden, die eine Auswirkung auf die Ermittlung der Fremdüblichkeit der betroffenen Entgelte haben.

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