Entscheidung des BFG zur KESt-Erstattung unter Berücksichtigung der zu Cum/Ex Geschäften ergangenen BMF Information

Tax News 09/2021

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Kletterer

Das BFG hat mit seiner Entscheidung vom 20. Juli 2021 (RV/7102008/2017) eine Beschwerde betreffend die Abweisung eines Antrags zur Rückerstattung österreichischer Kapitalertragsteuer aus dem Jahr 2013 durch das Finanzamt abgewiesen. Die von der Finanzverwaltung vertretenen Grundsätze zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums unter Berücksichtigung der Information zu cum/ex Geschäften wurden bestätigt. Mangels höchstgerichtlicher Judikatur wurde die ordentliche Revision zugelassen.

Im vorliegenden Fall beantragte eine ausländische Kapitalgesellschaft die Rückerstattung österreichischer Kapitalertragsteuer (KESt), die auf Dividenden inländischer Gesellschaften in der Höhe von 25 % einbehalten worden war.

1. Sachverhalt

Laut eigenen Aussagen verfolgte die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Kapitalgesellschaft die Handelsstrategie, Beteiligungen jeweils kurz vor der erwarteten Dividendenausschüttung zu erwerben und nach Zufluss der Dividende wieder zu veräußern. Die Kaufentscheidung für den Kauf der Aktien nach Beschlussfassung der Gesellschaft zur Dividendenausschüttung aber vor dem Ex-Tag würde unter Berücksichtigung von Marktentwicklung, Liquiditätsbedarf und weiteren Parametern getroffen. Der anschließende Verkauf der Aktien erfolge generell am Markt. Die Vertragspartner seien in keinem Fall der Transaktionen bekannt gewesen. Die Geschäfte wurden über Broker abgewickelt, wobei laut Bestätigungen der Depotbank sowohl Käufe als auch Verkäufe nicht über die Börse, sondern OTC (Over The Counter) und folglich mit Settlement durch die OeKB CSD und nicht CCP.Austria erfolgten. Das hat Auswirkungen auf die Vornahme der Buchungen der Zu- und Abgänge auf den Depotkonten, weil im Bereich OTC andere Fristen als bei Transaktionen über die Börse vorgesehen sind. Gemäß dem Vorbringen der Antragstellerin wurden die Aktien jeweils einige Tage vor dem Ex-Tag erworben und einige Tage nach erfolgter Ausschüttung bzw in einem Fall bereits vor tatsächlicher Ausschüttung wieder verkauft. Die Chronologie stellte sich also wie folgt dar:

Beschluss der Gewinnausschüttung – Kaufvertrag – Dividenden Ex-Tag – Settlement Kauf – Zahlung der Dividende/Ausgleichszahlung netto - Verkauf

Die in VAE ansässige Kapitalgesellschaft beantragte auf Basis des Doppelbesteuerungsabkommens die gänzliche Rückerstattung der KESt. Das Finanzamt ist dem Vorbringen nicht gefolgt und hat die Anträge abgewiesen mit der Begründung, dass die Lieferung der Aktien auf das Depot der Antragstellerin in sämtlichen Fällen erst nach dem Ex-Tag erfolgt sei. Demnach wären die Dividenden noch dem Verkäufer als wirtschaftlichem Eigentümer der Aktien zum Zuflusszeitpunkt zuzurechnen. Damit folgt das Finanzamt der Rechtsansicht des BMF, die in der Information des BMF vom 18. September 2014 (BMF-010203/0314-VI/1/2014) veröffentlicht wurde.

In dieser Information des BMF ist die behördliche Rechtsansicht zur Rückerstattung der KESt auf Dividenden an beschränkt Steuerpflichtige festgehalten. Grundsätzlich enthält diese Information nur die Vermutung, dass der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums mit Depoteinbuchung bewirkt wird, in Einzelfällen wird die Möglichkeit zum Beweis, dass das wirtschaftliche Eigentum zu einem anderen Zeitpunkt übergeht, eingeräumt. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht verlangt diese Information vom Antragsteller den Nachweis des Zeitpunkts der Erlangung der Verfügungsmacht.

2. Rechtliche Beurteilung durch das BFG

Das BFG folgt in seiner rechtlichen Beurteilung den Argumenten des Finanzamtes. Unstrittig ist, dass nach dem Konzept des wirtschaftlichen Eigentums der Eigentümer der Wertpapiere am Cum-Tag, also dem letzten Tag, der zivilrechtlich zum Empfang der beschlossenen Dividende berechtigt, auch als wirtschaftlicher Eigentümer der Dividende anzusehen ist. Dieses wirtschaftliche Eigentum berechtigt auch zur Geltendmachung eines Erstattungsanspruches in Bezug auf die KESt. Soweit das wirtschaftliche Eigentum erst danach, also frühestens mit dem Ex-Tag, übergeht, verbleibt das wirtschaftliche Eigentum für die Dividende beim Veräußerer. Das BFG sieht in der Depoteinbuchung und damit im Abschluss des Settlements durch die OeKB CSD das relevante sachenrechtliche Verfügungsgeschäft, das als Modus im Zusammenwirken mit dem vorangehenden Verpflichtungsgeschäft als Titel im Sinne des dem ABGB innewohnenden Kausalprinzips zum Eigentumsübergang gemäß §§ 426 f ABGB führt. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums folgt dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang, weil erst ab diesem Zeitpunkt sämtliche für das Eigentum als Vollrecht charakteristischen positiven und negativen Befugnisse ausgeübt werden können. Interessanterweise wird unterschieden, ob die Geschäfte über die Börse abgewickelt werden – hier lässt das BFG vermuten, dass ein früherer Eigentumsübergang auf Grund der unterschiedlichen Settlementregelungen möglich ist – oder OTC wie im vorliegenden Fall. Soweit die Depoteinbuchung erst am Ex-Tag oder später erfolgt, ist die „Dividendenzahlung“ als Ausgleichszahlung in Höhe der Nettodividende zu qualifizieren, die nicht zur Geltendmachung eines KESt-Erstattungsanspruchs berechtigt. Dem Datum des Gewinnverteilungsbeschlusses wird vom BFG (anders als in KStR Rz 1169) keine Bedeutung beigemessen. Ebensowenig wurde im Urteil auf die Frage eingegangen, wer das Kursänderungsrisiko in den Tagen zwischen Kauf und Settlement trägt bzw den Umstand, ob der Käufer auch vor dem Settlement die Aktien bereits verkaufen konnte.

3. Ergebnis

Das BFG hat die ordentliche Revision zugelassen, die soweit ersichtlich auch eingebracht wurde. Es bleibt abzuwarten, ob das Rechtsmittel erfolgreich ist. Grundsätzlich ist in Beachtung der vom BFG herausgearbeiteten Grundsätze darauf zu achten, dass ein Aktienkauf jedenfalls am Cum-Tag insoweit abgeschlossen ist, als die Wertpapiere tatsächlich auf dem Depot eingebucht wurden. Auf Basis der Settlement Regelungen der OeKB für OTC Geschäfte beträgt die Frist grundsätzlich drei Bankarbeitstage. Bei Geschäften über die Börse beträgt diese Frist nur zwei Tage.

Zur Vermeidung von Problemen bei KESt-Erstattungen sollte in Zukunft auf die Einhaltung dieser Frist geachtet werden. In Anlehnung an die Regelung in Deutschland mit einem Beobachtungszeitraum von 45 Tagen kommt es in der Praxis regelmäßig vor, dass das Finanzamt eine Bewegungsaufstellung über die letzten 30 Tage vor und nach dem Ex-Tag verlangt. Daher kann es bei Erwerben innerhalb dieses Zeitraums zu Nachfragen hinsichtlich des Eigentumserwerbs und der quellensteuermäßigen Behandlung beim Verkäufer kommen, um eine ungerechtfertigte Erstattung der KESt hintanzuhalten.