BFH: Verlustnutzung nach Beendigung einer zweigliedrigen KG durch Anwachsung auf eine GmbH
Der BFH hat mit Urteil vom 19.03.2025 entschieden, dass nach der Anwachsung einer KG auf den einzig verbleibenden Kommanditisten in der Rechtsform einer GmbH, der zum Beendigungszeitpunkt festgestellte verrechenbare Verlust des Kommanditisten (gem. § 15a Abs. 4 EStG) mit künftigen Gewinnen der GmbH verrechenbar ist.
Die Klägerin war eine GmbH und alleinige Kommanditistin einer GmbH & Co. KG (KG). Zum 30.12.2011 trat die kapitalmäßig nicht beteiligte Komplementär-GmbH aus der KG aus. Dadurch kam es zur Anwachsung der KG auf die Klägerin.
Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung von Verlusten bei sich, die dem bisher von ihr nicht geltend gemachten Verlust nach § 15a EStG im Zeitpunkt der Anwachsung der KG entsprechen sollten. Das Finanzamt lehnte dies ab und erließ einen Körperschaftsteuerbescheid für 2011 ohne Berücksichtigung dieses Verlusts. Die Klägerin machte außerdem in ihrer Gewerbesteuererklärung 2011 einen durch die Anwachsung übernommenen Gewerbeverlust geltend. Dieser wurde vom Finanzamt im Gewerbesteuermessbescheid 2011 zunächst anerkannt, im Rahmen einer Betriebsprüfung aber versagt. Begründet wurde dies damit, dass der gewerbliche Organismus, bei dem der Verlust entstanden sei, weitgehend eingestellt wurde und es danach an der für die Verlustnutzung notwendigen Unternehmensidentität fehlte.
Für Zwecke der Körperschaftsteuer entschied der BFH, dass im Fall der Anwachsung der zum Beendigungszeitpunkt der KG festgestellte verrechenbare Verlust der Klägerin (Kommanditistin) im Sinne des § 15a Abs. 4 EStG mit ihren künftigen Gewinnen verrechenbar ist. Allerdings wirken sich die für die Klägerin auf den 31.12.2011 festgestellten verrechenbaren Verluste (§ 15a Abs. 4 EStG), die auf sie übergegangenen sind, bei dieser körperschaftsteuerrechtlich nach den Umständen des Streitfalls nicht bereits im Jahr 2011, sondern erst im Jahr 2012 aus. Gleiches gelte für den für die KG auf den 31.12.2011 festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust (§ 10a GewStG).
Die § 15a EStG-Verluste seien nach den Verhältnissen des Streitfalls in Folge der liquidationslosen Vollbeendigung der KG zum 30.12.2011 aufgrund der Anwachsung auf die GmbH nicht untergegangen. Sie minderten sämtliche Gewinne der Klägerin bei der Körperschaftsteuer des Streitjahrs 2012. Wenn in einem solchen Fall der Anwachsung der "gewerbliche Organismus" der KG noch nicht vollständig eingestellt war, sei der verrechenbare Verlust dem verbleibenden Unternehmer zuzurechnen. Es komme auch nicht darauf an, dass sich der Betrieb der vormaligen KG noch bei der GmbH identifizieren lässt. Aus dem einheitlichen Gewerbebetrieb einer Körperschaft (§ 8 Abs. 2 KStG), folge, dass eine Fortführung des konkret verlustverursachenden Betriebs der KG nicht notwendig sei.
Der übergegangene Verlust ist aber nicht wegen der Gesamtrechtsnachfolge von einem verrechenbaren in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren.
Eine Saldierung mit den Gewinnen der Klägerin kann laut BFH erst für das Streitjahr 2012 erfolgen. Zwar erfolgte die Anwachsung bereits zum 30.12.2011 und damit wäre nach dem Stichtagsprinzip § 15a EStG bei der KG für das gesamte Jahr 2011 nicht mehr anzuwenden gewesen. Demnach hätte auf den 31.12.2011 für die KG keine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a Abs. 4 EStG mehr erfolgen dürfen. Im Streitfall ist eine solche Feststellung jedoch erfolgt sowie bestandskräftig geworden und entfalte damit Bindungswirkung für die weitere Berücksichtigung der Verluste bei der Klägerin. Aus Zweck und Systematik des § 15a EStG folge, dass eine Verlustnutzung oder Saldierung der nicht ausgeglichenen Verluste nur mit Gewinnen nach dem Zeitpunkt der Anwachsung erfolgen könne. Ausgehend von der fehlerhaften, aber bestandskräftig gewordenen letzten Verlustfeststellung bei der KG auf den 31.12.2011 seien zukünftige Gewinne bei der Klägerin erst solche nach dem 31.12.2011. Ein Abzug des für die KG festgestellten Verlusts könne deshalb erst im Rahmen der Körperschaftsteuer für das Streitjahr 2012 erfolgen.
Für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag gilt Ähnliches. Zwar hätten für den Erhebungszeitraum 2011 zwei getrennte Bescheide ergehen müssen, nämlich jeweils für die Zeit vor und nach der Anwachsung. Allerdings sei der tatsächlich ergangene Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts der KG auf den 31.12.2011, der ebenfalls bestandskräftig geworden ist, Grundlagenbescheid für den streitigen Gewerbesteuermessbescheid der Klägerin im Streitjahr 2012 und entfalte Bindungswirkung insbesondere bezüglich der Höhe der Verluste, aber auch hinsichtlich deren Abzugsfähigkeit.
Dieser Gewerbeverlust sei bei der Klägerin auch nutzbar. Es fehle nicht an der erforderlichen Unternehmensidentität, nachdem das Vermögen der KG im Wege der Anwachsung auf die Klägerin als Kapitalgesellschaft übergegangen war. Eine Fortführung der Tätigkeit der bisherigen KG durch die GmbH sei für die Verlustnutzung jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der konkrete Betrieb, bei dem der Verlust entstanden war, im Zeitpunkt der Anwachsung nicht vollständig eingestellt war. Die Grundsätze der fortbestehenden Unternehmensidentität bei einer Kapitalgesellschaft gelten nach der Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft im Wege der Anwachsung einen für eine Personengesellschaft festgestellten Gewerbeverlust übernommen hat. Bei der GmbH komme es infolge der Anwachsung zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG). Die Verlustnutzung sei nicht abhängig von der identitätswahrenden Fortführung des verlustverursachenden Betriebs der Personengesellschaft.
Fundstelle: BFH-Urteil XI R 2/23
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 29.08.2025
Weiterführende Informationen