BFH: AfA nach Wegfall der gewerblichen Prägung einer Personengesellschaft; Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses
Mit Urteil vom 03.06.2025 (IX R 18/24) hat der BFH entschieden, dass bei der Überführung von Wirtschaftsgütern einer gewerblich geprägten Personengesellschaft in das Privatvermögen infolge des Wegfalls der gewerblichen Prägung die bei der Betriebsaufgabe steuerlich erfassten gemeinen Werte die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) in den Folgejahren sind – selbst wenn diese Werte unzutreffend sind.
Zudem kann lt. BFH eine finanzgerichtliche Entscheidung, die einen Bescheid aufhebt, als rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO betrachtet werden, die eine Änderung der Steuerbescheide rechtfertigt. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt rückwirkend verändert.
Die Klägerin erzielte zunächst gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung von Immobilien gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und gab ihren Gewerbebetrieb durch Wegfall der gewerblichen Prägung Anfang 2007 auf. Im Jahr 2007 erklärte die Klägerin neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Betriebsaufgabeverlust. Nach einer Außenprüfung setzte das Finanzamt für 2007 höhere gemeine Werte für die in das Privatvermögen überführten Immobilien an, was zu einem Betriebsaufgabegewinn führte.
In den Jahren 2008 bis 2011 wurde daran anknüpfend eine erhöhte AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, die Bescheide wurden geändert und in der Folge bestandskräftig. Im Einspruchsverfahren wurde der Betriebsaufgabegewinn für 2007 auf 0 Euro reduziert, was zu einer Minderung der AfA und einer Erhöhung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung führte.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass bereits die Anordnung der BP fehlerhaft war und hob sowohl den geänderten Bescheid für 2007 auf als auch die nachfolgende Einspruchsentscheidung. Bereits vor der Entscheidung des FG hatte das Finanzamt mit Bescheiden vom 20.04.2022 unter Hinweis auf § 174 AO (widerstreitende Steuerfestsetzungen) die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre geändert und dabei die AfA nach Maßgabe der in der Einspruchsentscheidung für die die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2007 zugrunde gelegten geringeren gemeinen Werte gemindert. Die Klägerin hielt diese Änderungen für rechtswidrig und rügte eine fehlerhafte Anwendung des § 174 Abs. 4 AO, während das Finanzamt die Voraussetzungen für eine Änderung der Bescheide als erfüllt ansah.
Der BFH entschied zugunsten des Finanzamts und wies die Revision der Klägerin zurück. Die Änderung der Feststellungsbescheide für die Jahre 2008 bis 2011 sei nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rechtmäßig, da die Aufhebung des Feststellungsbescheids für 2007 ein rückwirkendes Ereignis darstelle. Dadurch wurden die für die AfA maßgeblichen gemeinen Werte rückwirkend gemindert, was auch die AfA-Bemessungsgrundlage in den Folgejahren beeinflusste. Der BFH stellte klar, dass die Bindungswirkung der im Jahr 2007 steuerlich erfassten Werte auch für die Folgejahre gilt und die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung nach § 175 AO erfüllt sind. Ob daneben eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO möglich gewesen wäre, ließ der BFH offen, da bereits § 175 AO die Bescheidänderung ermöglichte.
Fundstelle: BFH-Urteil IX R 18/24
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 14.08.2025
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