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BFH: Zuständiges Hauptzollamt nach Verschmelzung

Mit Urteil vom 19. Dezember 2025 (Az. VII R 23/22) entschied der BFH, das zuständige Hauptzollamt für Entlastungsanträge nach den §§ 9a, 9b und 10 StromStG sowie nach den §§ 54 und 55 des EnergieStG richte sich grundsätzlich nach dem satzungsmäßigen Sitz des Unternehmens. Dabei sei auf die kleinste rechtlich selbständige Einheit abzustellen.

Streitig war der fristgerechte Eingang von strom- und energiesteuerlichen Entlastungsanträgen der Klägerin für das Kalenderjahr 2018 (Streitjahr) beim örtlich zuständigen Hauptzollamt.

Die Klägerin stellte regelmäßig Steuerentlastungsanträge nach den §§ 9a, 9b und 10 StromStG sowie nach den §§ 54 und 55 des EnergieStG. Für die bisherigen, in drei Städten (C, B und D) belegenen Betriebsstätten der Klägerin, die ihren Sitz in einer der Städte (C) hat, reichte die Klägerin die Entlastungsanträge stets beim Beklagten Hauptzollamt (HZA A) ein.

Seit 2019 ist die Klägerin infolge einer Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der E-GmbH. In dieser Funktion reichte die Klägerin im Dezember 2019 die fünf streitgegenständlichen Entlastungsanträge für ihre neue Betriebsstätte F für das Jahr 2018 beim Hauptzollamt G (HZA G) ein. Für die Tätigkeiten der drei weiteren Betriebsstätten in C, B und D reichte die Klägerin die Entlastungsanträge für das Streitjahr - wie bisher auch ‑ beim HZA ein. Das HZA G hielt sich nach der Vorprüfung der Anträge für den Standort F aufgrund der Verschmelzung für unzuständig und übermittelte die Anträge dem HZA A, welchem die Anträge im Januar 2020 zugingen.

Das HZA A lehnte die Anträge ab, da diese verspätet bei ihm als zuständigem Hauptzollamt eingetroffen seien. Das HZA G sei aufgrund der Verschmelzung wegen § 45 AO unzuständig gewesen. Die Übermittlung der Anträge an das HZA G habe die Festsetzungsverjährung zum 01.01.2020 nicht hemmen können. Die Anträge hätten für eine rechtzeitige Antragstellung zum 31.12.2019 beim HZA A, eingehen müssen. Es könne die Anträge auch nicht als Korrekturanträge werten, da die Anträge erstmalig für die Betriebsstätte F gestellt worden seien. Ein Neuantrag sei wegen der am 01.01.2020 eingetretenen Festsetzungsverjährung verspätet.

Der BFH bestätigt die Auffassung des HZA A. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragten Entlastungen von der Strom- und Energiesteuer. Die Entlastungsanträge seien nicht innerhalb der Antragsfristen beim zuständigen HZA eingegangen und etwaige Entlastungsansprüche infolge des Ablaufs der Festsetzungsfrist erloschen. Das örtlich zuständige Hauptzollamt für die Entlastungsanträge betreffend die Betriebsstätte F sei das HZA A gewesen.

Das zuständige Hauptzollamt für die betreffenden Entlastungsanträge richte sich grundsätzlich nach dem satzungsmäßigen Sitz des Unternehmens (örtliche Zuständigkeit nach § 17 AO). Dabei sei auf die kleinste rechtlich selbständige Einheit abzustellen. Fraglich war, ob § 17 AO ggf. subsidiär zu § 26 AO (Zuständigkeitswechsel) ist. Der BFH kommt allerdings zum Schluss, dass § 26 AO voraussetzt, dass die bisher zuständige Finanzbehörde mit der Bearbeitung des konkreten Verwaltungsverfahrens bereits begonnen hat. Die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit stelle kein solches Tätigwerden dar. Schließlich verletze die Versagung einer Steuerentlastung nicht den unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn mit dem Ablauf der Antragsfrist zugleich Festsetzungsverjährung eintritt.

Fundstelle: BFH-Urteil VII R 23/22

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